1098 L. Neueste Zeitgeschichte in ihrem äußeren Verlaufe. seiner Gesetzgebung zu einem auch innerlich verbundenen Glicdc unseres großen Vaterlandes zu machen". "»Eund Auf den Schluß des ersten Reichstags folgte das großartige Sicgcsfest in Am-'dEn. Berlin, der Einzug des greisen Heldcnkaiscrs und seines Stabes an der Spitze der heimkehrenden Garden und anderer Hccrcstheile aus der herrlich geschmückten Triumphslraßc mit dem Sicgcsdenkmalc der Germania, ein Schauspiel, das auch in andern deutschen Residenzstädten nachgeahmt, den erhebenden Abschluß des denkwürdigen Jahres bildete. Waren auch viele edle Opfer gefallen, sie hatten mit ihrem Blute dem Vaterland und der deutschen Nation eine neue ruhmvolle Aera geschaffen. Der Händedruck des Königs von Baiern und dcS le.2uni87i. Kronprinzen des dentschcn Reichs bei dem Sieges- und Heinikehrfest in München war der symbolische Ausdruck, daß fortan der Süden und der Norde» in Freund schaft verbunden sein und die Regierungen in allen großen Anliegen der Nation, in den politischen wie in den religiösen Zeitfragen gleiche Wege wandeln, gleiche Ziele verfolgen wollten. Während in Berlin die seit dreißig Jahren getrennt gewesenen Abtheilungen für evangelische und katholische Kirchensachen im Kul tusministerium zu einer einzigen Section für „geistliche Angelegenheiten" vcr- g. Jun. einigt und damit der ultramontanen Partei in Preußen gleichsam ihr „Execu- tionsausschuß" genommen ward: wies in München das Ministerium Hegnen- berg-Lutz die maßlosen Ansprüche des baierischen Episcopats an den Staat 27. Aug. mit Entschiedenheit zurück und verhieß allen durch kirchlichen Zwang in ihren Gewissen oder in ihrer Lebensstellung Bedrohten den Schutz der Gesetze. Und es war ein bedeutsames Zeichen der Zeit, daß gerade in München die Versannn- ^24. j^g wissenschaftlich hervorragender Männer katholischer Confession statt fand, welche Protest erhoben gegen den „päpstlichen Staatsstreich" im vatikanische» Eoncil und gegen das Streben der Ultramontanen, das auf „Vernichtung der Nationalitäten und Herstellung einer mechanischen Einheit der Menschheit" ge richtet sei, und zu der Bildung „altkatholischer" Gemeinden aufforderten. Die Regierung enthielt sich jeder Parteinahme, sagte aber allen Staatsangehöri gen den gleichen Schutz der Gesetze zu und erklärte, daß sie Gemeinden, die sich aus Anhängern der alten katholischen Lehre bilden würden, als vollberechtigte Glieder der katholischen Kirche ansehe. Sie gab also zu erkennen, daß die durch das vaticanische Eoncil eigenmächtig und einseitig begründete Neuerung im Dogma die bisherige Stellung und das Verhalten des Staats gegenüber den Confessionen nicht ändern könne. Seitdem standen auch in Baiern zwei Par teien einander schlagfertig gegenüber: die liberale, aufgeklärtere Bevölkerung der Städte und der protestantischen Landestheile und die Hierarchie mit der Mehr heit des katholischen Landvolkes und eines aus demselben hervorgegangenen zc- lotischen Klerus, unterstützt von einer alle Gesetze der Sitte und des Anstandes verletzenden Presse. Der unerwartet rasche Tod des Ministerpräsidenten Graf Hegnenberg führte in München keinen Systemwechsel herbei. Um den ultranian-