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VI. Der deutsch-franz. Krieg u. das neue deutsche Reich. 1083 Socialdemokraten der Plan, eine „kommunistische Republik" zu errichten und die bewaffneten Kräfte in der Hauptstadt zu ihrer Behauptung und Vcrthcidigung zu benutzen! „Paris wird uns gehören oder Paris wird nicht mehr sein", hatte Cluseret schon vor Monaten an seine» Gesinnungsgenossen Barlin von der „In ternationale" geschrieben und so dachten alle Anhänger der rothen Republik. Sie betrachteten sich als die Erben des Communistcnbundes, der die Februarrevolution und dann die Junitage hatte vorbereiten helfen. Die schwankende Haltung und das unsichere Vorgehen der Versailler Nationalvertretung leistete ihnen Vorschub. Zuerst hatte ein Erlaß den 13. März als Verfalltag aller während des Krieges gestundeten Wechsel, Schuldfordcrungcn, Miethgelder festgesetzt, eine Maßregel, die viele kleine Geschäftsleute und Rcntenbcsitzcr in Verzweiflung brachte und unter die Fahne des Ccntral-Comites der Nationalgarde trieb, und als die Ver sammlung aus Furcht vor der wachsenden Bewegung die Verordnung zurück nahm , als Thiers den Admiral Saifset einen populären Mann zum Befehls haber der Nationalgardc aufstclltc, mit den Maires noch amtliche Verbindungen zu erhalten suchte und nicht nur Amnestie, sondern auch die vorläufige Fort setzung der Soldzahlung an die Nationalgarde verhieß, sahen die Aufständischen darin nur ein Zeichen der Schwäche und Verlegenheit, die Absicht sie zu täuschen und von einem aktiven Vorgehen abzuhalten. So trieb die demokratische Fluth immer mehr der Revolution zu. Die beiden Generale, der greise Clement Thomas ein thatkräftiger Veteran der Republik, wegen seiner strengen Mannszucht und als „Prolctarierschlächter" im Juniaufstand 1848 besonders verhaßt, und der junge talentvolle Lecomte, wurden, von ihren unbotmäßigen und treulosen Soldaten verlassen und verrathcn, von den Insurgenten fcstgcnommcn und in der von Barrikaden abgeschlossenen Straße des Rosiers, wo sich das Hauptquartier be- sand, unter Schmähungen und Martern durch einen rasenden Volkshaufen er mordet. Mit Waffen und Kricgsvorräthen reichlich versehen bemächtigten sich die Empörer, voran die Schützen von Belleville, aller dominirenden Stellungen und strategisch wichtigen Punkte, die sic mit Kanonen und Mitrailleusen um- gürteten, besetzten die südlichen Forts und ließen vom Stadthaus, dem Capitol der neuen Republik, wo das Central-Comite oder der „Republikanische Bund der Nationalgarde" nach Verdrängung der bisherigen Behörden den Sitz seiner Amts- thätigkeit aufschlug, Proklamationen ausgehen, um die radikalen Volkselemente der andern Städte zu gemeinsamem Handeln anzufeuern. Es schien als ob die rothe Fahne die Tricolore verdrängen sollte. Man fürchtete, daß die Insurgenten, die seit dem 19. März über die unerschöpflichen Machtmittel der großen reichen Weltstadt geboten, einen bewaffneten Zug nach Versailles unternehmen möchten, um die verhaßte Nationalversammlung zu sprengen und der Pariser Commune Zeit und Macht zu schaffen, in ganz Frankreich ihre socialdcmokratischcn Doc- irinen zur Geltung zu bringen. Zum Glück war im Mont Valerien die Besatzung vermehrt worden, ehe die Insurgenten, dank der Unfähigkeit Lullier's, des von dem