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1082 1). Bon Errichtung des zweiten franz. KaiscrthumS :c. das furchtbare Geschütz von Neuem ertönte, daß die Landhäuser und Gartcn- anlagen, die Lustschlösser und Ortschaften in der Umgegend von Paris, welche schon während des Belagernngskrieges viele Beschädigungen erlitten, nun vollends im fürchterlichen Bruderkampf der Zerstörung und Verödung preiSgcgcben wurden, daß die Schöpfungen der Kunst, deö Luxus, des Geschmacks, die Sitze des Reichthums und der Lebensgenüsse sich in Wüsteneien verwandelten. Jetzt be reuten die Herren von der nationalen Vertheidigung, daß sie der Pariser Volks- mässe so große Rücksicht gezollt, und die von Bismarck geforderte Entwaffnung der Nationalgarden hintertrieben hatten. „Fünf Monate hatten sie die Belage rung von Paris ausgestandcn, zweimal der Pöbelrevolte ins Auge geschaut, am eigenen Leibe hatten sie erfahren, welch zweischneidiges Schwert sie durch Bewaff nung der brodloscn Arbeitcrmassen geschliffen, dennoch blieb ihres Unterhändlers wichtigstes Anliegen beim Waffenstillstand, eben diese Armee der Revolution im Besitze ihrer Kanonen und Gewehre zu lasse», und am 23. März erklärte der unglückliche Jules Favre vor der Nationalversammlung in Versailles : „Ein ganzes Programm von Verbrechen hat sich in Paris entfaltet. Die Provinz kann solche Schändlichkeiten nicht dulden. Lassen Sie mich mein Herz aus schütten. Als ich in Versailles über den Waffenstillstand unterhandelte, habe ich drei Tage mit dem Sieger gestritten, um der Nationalgarde die Waffen zu be lassen. Ich habe Unrecht gehabt. Ich bitte dafür Gott und die Menschen um Verzeihung". Und mit den Worten: „Bismarck hat uns richtiger beurtheilt, als wir selbst", sagte die Presse Ja und Amen zu diesem tief beschämende» Geständniß. Poris in der Wir wollen die schauderhaften Scenen dieser bürgerlichen Kämpfe, die unter C-mmun" den Augen der zurückgebliebenen deutschen Besatzungstruppen vor sich gingen, die wilden Ausbrüche eines sich immer toller und frevelhafter geberdendcn politischen Fanatismus bei der Commune und die Zerfahrenheit und Nathlosigkeit bei der Ver sailler Regierung nur in allgemeinen Zügen und in ihren hervorragendsten äußer» Kundgebungen in den Bereich dieser Blätter ziehen. Paris hat in den Frühlingstagen 1871 der Geschichte der Verbrechen und Gräuel, die so oft in den Straßen der Seine stadt ihren Schauplatz aufgeschlagen, ein neues dunkles Blatt hinzugefügt. Wie die militärischen Operationen nach kühnen umfassenden Ansätzen nnd Plänen mit dem fluchtähnlichen Einmarsch in die Schweiz kläglich endeten, so schloß auch die poli tische Staatsuniwälzung mit einem Nachspiele, fratzenhaft in seiner Entfaltung und gräßlich in seinem Ausgang. Den Pariser Socialdemokraten und Radicalc» war es ein verhaßter Gedanke, daß die Bourgeoisie und die Conservativen des Versailler „Bauernparlainents" von Neuem das Regiment führen sollten, und da in der Nationalgarde, die in früheren Jahren stets für Gesetz nnd Ordnung eingestanden, theils in Folge massenhafter Auswanderungen aus den besseren Ständen, theils durch den Eintritt bewaffneter Arbeiterbataillone die Bewegung^ Partei die Oberhand erhalten hatte, so reifte in den Reihen der Demagogen und