VI. Der dcutsch-franz. Krieg u. das neue deutsche Reich. 1079 auch durch eine äußerliche Handlung unzweifelhaft dargethan ward, daß Paris überwunden sei. So kam inan denn zu dem Ausweg, daß preußische und baicrische Truppen an dem Mont Valerien und dem Triumphbogen vorüber durch die elysäischcn Felder bis zum Eintrachtsplatzc vorrücken und in dem Stadtthcile nördlich der Seine lagern und Quartier beziehen sollten. Dem gemäß stellten sich die zum Einmarsch befohlenen Abtheilungen bei Longchamps im Boulogner Wäldchen vor den Thoren der Stadt auf, wo der neue deutsche Kaiser eine Revue abhielt, und vollsührten dann ihren Einmarsch nach den bc- stimmten Stadttheilen in strammer militärischer Haltung, ohne die einzelnen Wuthausbrüche der zahlreich hcrbeigeströniten Volksmassc einer Beachtung zu würdigen. Ain nächsten Tag, da mittlerweile die Ratification des Friedens vertrags von Bordeaux eingctroffen war, erfolgte der Rückzug, wenig gestört März, durch die feindseligen Demonstrationen, womit einzelne Volkshaufcn ihrem ohn mächtigen Grimme Luft machten. Das schönste Frühlingswettcr begünstigte das Schauspiel, welches mehrere Tage lang die Aufmerksamkeit von ganz Europa auf sich gelenkt hatte. Die französische Regierung und Nationalversammlung hatten bald Ursache, die schonende Rücksicht zu bereuen, die sie der Pariser Be völkerung erwiesen. Eine Besetzung der Hauptstadt durch deutsche Truppen hätte von der Nation viel Leid und Unglück abgewendet und dem niedcrgeworfcnen Lande die Schrecken eines Bürgerkrieges erspart. Das heuchlerische Trugspiel, als ob Paris, die „heilige Stadt", unbesiegt aus dem großen Kampfe hervorge gangen , trug dem französischen Volke und seiner selbstgeschaffenen Regierung bittere Früchte und vermochte doch das Urthcil der Welt über die wahre Lage nicht zu täuschen. An den nächsten Tagen wurden Anordnungen getroffen zur Räumung des Gebiets südlich und westlich der Seine und Truppenbesichtigungen von dem königlichen Kriegsherrn vorgenommen. Dann brach das große Haupt quartier von Versailles aus, wo es fünf Monate feinen Sitz gehabt hatte. Der?- März, glänzende Empfang, der dem neuen Kaiser auf seiner Rückreise allenthalben bereitet wurde, und die begeisterte Theilnahme, die dem in den Fürstenstand er hobenen Reichskanzler Bismarck und dem neuen „Grafen" Moltke von dem deut schen Volke erwiesen ward, gab Zeugniß, daß man die hohe Bedeutung der voll brachten Großthaten uud der errungenen Güter in ihrem ganzen Umfange be griffen und gewürdigt habe. Der Friedensschluß wurde in Frankreich und Deutschland mit sehr ber-AU^^ schiedenartigen Gefühlen ausgenommen. Die monarchisch gesinnten Vertreter,Tranimch. die gemäßigten Republikaner und die ländliche Bevölkerung Frankreichs begrüßten die Botschaft mit Dank und Zufriedenheit: mußten auch schwere Opfer gebracht werden, so hörte doch der gezwungene Kriegsdienst auf; so wurden doch die wehr haften Kräfte nicht länger durch das Massenaufgebot dem Tode in den Rachen geführt, oder namenlosem Elende überantwortet; so war doch die Aussicht er öffnet, daß mehrere hunderttausend Gefangene wieder der Heimath und ihren