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VI. Der deutsch-franz. Krieg u. das neue deutsche Reich. 1069 Fontaine feste Stellung bezogen hatte, sich mit dein kleinen Hecrhaufen Kettler s herumschlug, in der Meinung, die ganze feindliche Armee vor sich zu haben, und in eine,» hochtönenden Tagesbefehl seine Soldaten, »die jungen Söhne der Freiheit", beglückwünschte, »daß sie eine ruhmreiche Seite in den Jahrbüchern der Republik beschrieben, die kriegerischsten Truppe» der Welt besiegt hätten", wurde Bourbaki non Werder, Zastrow, Fransccky in mehrtägige» trefflich organi- sirten Märsche» mit einzelnen Gefechten in einem Halbkreis umstellt, so daß er fr.-n. o-». in eine Lage kam, wie Mac Mahon bei Sedan und ihm nur eine ähnliche Eapi- wlaüon oder der Uebergang auf das neutrale Gebiet der Schweiz übrig blieb. Die Frcischaarcn Garibaldi's aber erlebten während des Kampfes mit den zwei Regimentern Kcttlcr'S einen Triumph, wie er während des ganzen Feldzugs den Franzosen nicht zu Theil geworden, sie erbeuteten eine preußische Fahue. I» einem Gefechte in der Nähe von Dijon wurde ein pommcrschcs Bataillon von der feindlichen Ucbcrmacht in eine solche Lage gebracht, daß, als der Fahnenträger und alle Offiziere, die nach einander an seine Stelle traten, gefallen waren und die geringe Zahl der überlebenden Mannschaft im dichten Pulver - dainpf abzog, die Fahne unbemerkt zurückgelaffen wurde. Aber wie ehrenvoll dieser Verlust für die Haltung des ganzen Bataillons war, gehl aus einem Schreiben Ricciotti Garibaldi's an General Kettler hervor, worin es hieß, daß die Fahne unter einem Hügel von Leichen, mit Blut getränkt, zerschossen und zerbrochen aufgefundcn worden sei. Was uni Dijon vorging, waren nur blutige Ncbengefechte, absichtlich herbeigeführt, um Garibaldi in dieser Stadt zu fesseln und seine Vereinigung mit Bourbaki zu verhindern; sie dienten nur, die Entscheidung des Feldzugs am Jura zu beschleunigen. Und diese wurde denn auch kurz nach her an einem andern Orte so durchgreifend und einschneidend getroffen, daß für den alten Schaarenführer nichts übrig blieb, als Dijon zu räumen. Er legte den Oberbefehl über die Vogcsenarmee nieder, „da er seine Mission als beendigt ansehe", verabschiedete sich von der Nationalversammlung in Bordeaux, wo sein Versuch, nach der Zurückgabe seines Mandats noch einmal zu sprechen, tumul- tuarische Auftritte hcrbeiführtc, und kehrte dann nach seiner Insel Caprera zurück, nicht in der Ferse verwundet, wie bei Asprvmonte, nicht im Herzen getroffen wie bei Mentana, aber in seiner Ehre und in seine», Namen geschädigt. Die auf opfernde Tapferkeit der Brigade Kettler hat wesentlich zu den großen Erfolgen des Iura-Feldzugs beigetragen. Dies wurde auch von König Wilhelm durch eine Cabinetsordre ä. ä. Homburg, 9. August 1871, ausdrücklich anerkannt: »Aus den mir vorgelcgten Berichten habe ich mit Gcnugthuung ersehen, daß das zweite Bataillon des 8. Pommerschcn Infanterieregiments Nr. 61 am 23. Ja nuar d. I., an welchem Tage dasselbe vor Dijon seine Fahne verlor, mit helden- müthjger Tapferkeit gefochten hat und daß der Verlust der Fahne eins jener be- klagcnswerthcn Ereignisse gewesen ist, die als das Resultat widriger Umstände Niemand zum besonderen Vorwurf gereichen. Die Fahne ist weder durch einen