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VI. Der deutsch.franz. Krieg u. das neue deutsche Reich. 1063 Und als es zu den Wahlen kam, zeigte cs sich, wie weit die Pariser noch von Sclbstcrkenntniß entfernt waren, wie sehr ihnen noch immer der Schein über die Wahrheit, die großsprecherische Phrase über verständiges Handeln ging. Nach ihren Reden war Paris nicht vom stärkeren Feind besiegt, cs war durch die Schwäche und Unfähigkeit der Regierenden, durch den Verrath eigennütziger Seelen hingeopfert worden! Ein Heer von radikalen Wählern, wobei die Ar- beitergcscllschaften und die Scctionen der Internationale am stärksten vertreten waren, stellte solche Candidatcn als Abgeordnete znr Nationalversammlung auf, welche als „Partei der Besitzlosen im Namen der neuen Welt" Sicherung der Republik, Betheiligung der Arbeiter an der Regierung, Sturz der industriellen Feudalherren in ihr Programm aufnahmen. Die meisten Stimmen vereinigten sich auf Victor Hugo, Quinet, Schölcher, Dclcscluze, Grcppo, Langlois, Le- dru-Rollin, Lockroy, Floquet, Louis Blanc, Rochefort, Garibaldi und mehrere Mitglieder der Internationale. Die Feier des Jahressestes der Februarrevolu tion, wobei vierzehn Bataillone Nationalgarde an der Julisäule auf dem Ba- stillcplatz vorbeizogen mit dem Rufe: „Es lebe die Wcltrepublik" und ein junger Republikaner dem Genius der Freiheit eine rothc Fahne in der Hand befestigte, war ein Vorbote der kommenden Ereignisse. Was die Capitularion von Sedan für das französische Kaiserthum war, D» Kr»g das war die Pariser Convention für das republikanische Frankreich. Der Sieg" war errungen; der Krieg ging seinen letzten Zuckungen entgegen. Selbst die Unternehmungen zur See, von denen das norddeutsche Küstenland so große Gefahren und Schädigungen gefürchtet hatte, waren wirkungslos verlaufen. Auch bei der Marine war der günstige Moment auf französischer Seite versäumt worden. Wäre die Panzerflotte, die in Cherbourg ausgerüstet ward, zu Anfang des Krieges mit einer kampscstüchtigen Scemannschaft in der Nordsee erschienen, so hätte sie an Holland und Dänemarck, wo die preußenfeindliche Partei so laut ihre Stimme erhob, wenn nicht Verbündete, so doch Vorschub gefunden; aber als der Viceadmiral, Graf Bouet Villaumcz in die Nordsee einfuhr, um zunächst den Jahdebusen zu bedrohen, waren schon kräftige Anstalten zur Gegenwehr ge troffen worden, hatte schon das Einrücken der deutschen Landarmee» in Frank reich das kriegerische Feuer in Kopenhagen gedämpft. Der französische Abgesandte, Herzog von Cadore, wurde in der dänischen Hauptstadt mit kühler Zurückhaltung empfangen. Und da bald darauf die zum Einschiffcn bestimmten Marinetruppcn für den Landdienst verwendet werden mußten, somit die Flotte nur dürftig mit Kriegsmanuschaft versehen werden konnte, so waren die Erfolge der französischen Seemacht nicht viel glänzender als die der Landarmee. Durch die energischen Arnürungsanstalten des Generals Vogel von Falckenstein waren die Fluß mündungen und die Landungsorte der Nord- und Ostsee vor feindlichen An griffen geschützt, so daß während des ganzen Sommers die französische Kriegs flotte aus Furcht vor den Strandbatterien und Torpedos der Küste nicht nahe