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1060 I). Bon Errichtung des zweiten franz. Kaiserthums re. schuhte Telegraphendrähte in Verbindung, so daß Alles nach einheitlichem Plane vor sich gehen konnte; mit jedem Tage gewannen die furchtbaren Geschosse wei tere Dimensionen. D» iktzie In Paris suchte man durch großsprecherische Worte die innere Furcht und ^ Unruhe zu verbergen, die Lage der Deutschen als gefahrvoll und schwierig dar- zustcllen. Hatte doch damals Gambetta einen neuen Kricgsplan ausgcdacht, welcher nicht nur Paris entsetzen, sondern de» feindlichen Truppen die Verbin dung mit dem Rheine abschueiden sollte. Im Osten sollte der Todesstrcich ge führt werden, der bisher im Norden und Süden nicht gelungen war. „Ja die Schale der Wage senkt sich auf unsere Seite", verkündete das Sieclc. „Man denke sich die erste Niederlage bei dieser Entfernung von, Rheine inmitten unserer Schneeweissen! Der Rächer wird sich überall finden, überall, überall!" Man schalt Trochu, daß er bisher nur kleine Ausfälle unternommen, welche keinen Erfolg hätten haben könne»; jetzt sei der Augenblick gekommen, mit der ge- sammtcn bewaffneten Macht vorzugehcn, durch einen Riescnausfall den Bclage- rungsgürtcl zu durchbrechen und den Heeren, die Gambetta ms Feld gerufen, die Hand zum gemeinsamen Hauptschlag zu reichen. Dem lauten Ruf der Ac tionspartei wagte der Obercommandirende nicht zu widerstreben. Mit Zuziehung der Maires der zwanzig Bezirke von Paris wurde ein Kriegsrath gehalten. Die drohende Hungersnoth, die feindlichen Geschosse, die Gähruug unter den An hängern der rothen Republik, welche ohne Umschweife erklärten, sie seien nöthiger gegen die „inneren Preußen", drängten zu einem entscheidenden Schritt. So wurde denn auf den 19. Januar der große Ausfall beschlossen und durch eine hochtönende Proclamation die gesammte Wehrmannschaft der Hauptstadt unter w.A'-die Waffen gerufen. Früh am Morgen zogen über 100,000 Mann aller Waffengattungen, die Linientruppcn voran, in der Richtung von Meudvn, Sev- rcs, St. Eloud zum Entschcidnngskampf aus. Den linken Flügel conmian- dirte General Vinoy, den rechten Ducrot, während Trochu von der Sternwarte aus die ganze Schlacht leitete. Mit großem Muthe drang Vinoy mit seiner An- griffscolonne gegen das 5. Armeecorps des Generals Kirchbach vor und cs ge lang ihm, sich der von der 9. Division unter General Snndrart heldeumüthig vertheidigten Schanze Montrctout durch die überlegene Truppenzahl zu bemäch tigen und sie eine Zeitlang zu behaupten. Da aber Ducrot, durch die Barri kaden in der Stadt aufgehalten, nicht rechtzeitig zur Unterstützung hcrbeikam, so wurde der Angriff nach siebenstündigcm furchtbaren Kampfe von den Belage rungstruppen zurückgeschlagen. Mit einem Verlust von 7000 Todten und Verwundeten traten die Franzosen am Abend den fluchtähnlichcn Rückzug nach der Stadt an. Am folgenden Tag begehrte Trochu einen Waffenstillstand, um die auf dem weiten Schlachtfcldc umherliegenden gefallenen Nationalgardisten zu beerdigen. Aber auch die Sieger hatten manchen tapfern Mann zu bestatte» ; 39 Offiziere und 616 Soldaten wurden in den Verlustlisten verzeichnet.