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VI. Der deutsch-franz. Krieg u. das neue deutsche Reich. 1059 großen Verlusten die wichtige Position, „den Schlüssel von Paris", räumten, die sofort von den Sachsen besetzt ward. Schrecken und Verwirrung verbreiteten sich in der aufgeregten Stadt, als von dort aus die östlichen Forts Rosny, Nogent, Noisy mit unaufhörlichem Gcschützfcner bedrängt wurden. Umsonst suchte Trochu durch Proclamationcn den sinkenden Muth der Nationalgarden zu be leben; umsonst versicherte er, daß die Regierung der nationalen Verteidigung sich niemals der Dcmüthigung einer Capitulation unterziehen werde; sein eige nes Ansehen war bereits geschwunden; die Journale fingen schon an, ihn der Unfähigkeit, des bösen Willens, deS Verraths zu beschuldigen und alles Unglück auf die Männer zu werfen, die das Regiment eigenmächtig an sich gerissen hätten und doch nicht im Stande seien, die Verteidigung der Hauptstadt und des Landes durchzuführen. Der Oberbefehlshaber mußte cs sich gefallen lassen, daß ihm eine Commission von vier Ministern und vier Generalen zur Seite gesetzt wurde. Nach Neujahr wurde auch ein furchtbares Feuer gegen die SüdfortS Jssy, Vanves, Montrougc eröffnet und ein Hagel von zermalmenden Geschaffen auf die feindlichen Bollwerke gerichtet. Bald flogen Bomben in die Vorstädte und in die entlegcneren Stadttheile, obwohl die Batterien fast eine Meile ent fernt standen. Die Angst in der Stadt wuchs niit jedem Tage; aber der Ter rorismus, den die radicalen Journale, die Clubs und die Commune ausübten, hielt jeden Gedanken an Nachgeben und Unterhandeln fern. Man hatte ge glaubt, daß eine Beschießung aus solcher Entfernung nicht möglich sei; jetzt als bereits die preußischen Wurfgeschosse in die Stadt fielen, den Palast Luxem bourg, die Kirche St. Sulpice, das Pantheon erreichten, in der Rue du Bae, im Faubourg St. Germain einige Personen tödteten und da und dort Feuers brünste erzeugten, da erhob sich aufs Neue ein Schrei der Entrüstung und der Wuth gegen die Barbaren, welche die heilige Metropole der Civilisation zu zer stören trachteten. Der in Paris zurückgebliebene Theil des diplomatischen Corps beschwerte sich und verlangte Schonung des Eigenthums für die Fremden in der französischen Hauptstadt; cs wurde aber erwiedert, daß sie längst gewarnt wor den wären und Zeit zur Auswanderung gehabt hätten. Selbst die irische Uni versität Dublin erließ einen Protest gegen das rohe Verfahren, wurde jedoch in einer kräftigen Erwiederung von Professor Dove Namens der Göttinger Lehrer schaft auf den richtigen Standpunkt gewiesen. Jules Favre aber beklagte sich, daß man das Bombardement nicht zuvor angezeigt, und daß selbst Schulen und Krankenhäuser von Granaten und Bomben getroffen würden. Moltke gab die Versicherung, daß, wenn man erst näher gekommen sein würde und die Gegen stände genauer unterscheiden könnte, solche Gebäude verschont werden sollten. Trotz Nebel und Schneegestöber wurde die Beschießung regelmäßig fortgesetzt, unterstützt durch verstärkte Artillerieangriffe im Osten und Norden, damit die feindlichen Streitkräfte, wohl an 450,000 Mann aller Waffengattungen, sich zu vcrtheilen genöthigt wären; alle Batterien standen mit Versailles durch ge- 67*