Volltext Seite (XML)
VI. Der dcutsch-franz. Krieg u. das neue deutsche Reich. 1053 ins Feld getrieben wurden. Die Aussichten auf Erfolg minderten sich mit jedem Tage. Die Eroberung der kleinen Festung Rocroy dnrch General Senden s. Jan. >>7, mittelst eines Handstreiches und der alten Stadt Per 0 nne, wo einst Ludwig XI. w. Jan. von dem kühnen Karl von Burgund in Haft gehalten worden sVIII, 814), mehrte die Gefangenen und die Kriegsbeute, die in deutsche Hände gericthen. Der Abgang Mantcuffel's zu der Ostarmee gab dem unternehmenden General Faidherbe neuen Muth. Von der See aus dnrch frische Zuzüge von Marine soldaten und Mobilen verstärkt, beschloß er der l. Armee gegenüber nur mas- kirende Abteilungen stehen zu lasten, mit dem Haupthcer aber sich auf die Ver bindungen der Deutschen zu weisen und gleichzeitig das Einschlicßungshccr vor Paris zu bedrohen. Da er aber die Stellung des Feindes zwischen Peronnc und Amiens zu stark fand, wich er nach St. Quentin aus. Allein General Goebcn, der nun den Oberbefehl im Norden allein führte, folgte ihm auf dem Fuße und brachte ihm vor dieser in der Kriegsgeschichte vielgenannten Festung in einer siebenstündigen Schlacht schwere Verluste bei. Der Feldherr selbst be-w.Ja». werkstelligtc niit dem Kerne seines Heeres einen geordneten Rückzug nach Cam- brai, aber ein großer Theil der Truppen, meistens neuansgehobene im Waffen dienst unerfahrene Soldaten, zog in zersprengten Haufen und im erbärmlichsten Zustande einher, verfolgt von der deutschen Reiterei. St. Quentin wurde er stürmt, und Tausende von Gefangenen wanderten nach deutschen Festungen und Barackenlagern. Noch schlimmer war das Loos der Flüchtigen, die auf schlam migen Wegen im eiskalten Rcgenwctter ohne Schuhwcrk, in elender Kleidung und von Hunger gepeinigt mühsam sich hinschlcppten, kaum fähig die Waffen zu tragen. Freilich waren auch die Leiden und Strapazen der deutschen Krieger übermäßig und gar mancher ließ Leben oder Gesundheit in diesen drangsalvollen Tagen. Aber alle waren von dem erhebenden Gefühl beseelt, daß durch ihre Anstrengungen der endliche Sieg errungen, die Größe des Vaterlandes begründet, der Schatz der Ehre und des Ruhmes gemehrt werde. Den cntmuthigten fran zösischen Soldaten wieder frisches Leben einzuhauchen, eilte Gambetta nach Lille, um die rhetorische Kunst, die er kurz zuvor bei Chanzy in Laval angewendct, auch bei der Nordarmee zu versuchen. Faidherbe mußte in einem Tagesbefehl die Haltung der Truppen rühmen, die so eben in Lumpen, in Holzschuhen und halbverhungert nach Cambrai und Lille geflohen waren, und der Diktator selbst Pries in einer Rede die Großthaten der Republik und verkündete den bevorstehen den Ruin Deutschlands! Aber von der Nordarmee konnte der Entsatz von Paris, wo um dieselbe Zeit der letzte große Ausfall siegreich zurückgeschlagen ward, und die Befreiung Frankreichs nicht mehr erwartet werden. Wenn auch einige repub likanische Volkshaufen den großsprecherischen Reden Beifall zujauchztcn, die Mobilgarden hatten die Lust zum unnützen Kampfe verloren. Dennoch jagte Gambetta auf dem eingeschlagencn Weg weiter. Er kehrte über Calais nach Bordeaux zurück, nur noch einen neuen Kriegsplan ins Werk zu setzen, um noch