VI. Der dcutsch-franz. Krieg u. das neue deutsche Reich. 1019 welchen ganz Deutschland seil Wochen mit der größten Spannung geblickt hatte, zu einem glücklichen Ende geführt; die deutsche Rcichsfahne wehte vom alten Münster herab und Straßburg, die „wunderschöne Stadt", war dein ncuerstan- dencn Reiche wiedcrgcwonncn. Auf beiden Seiten hatte man gekämpft und gerungen bis zur Erschöpfung; hatte man sich den größten Anstrengungen und Entbehrungen willig unterzogen; hatte man Gesundheit und Leben eingesetzt. Wenn die Garnison und die städtische Bevölkerung durch die Geschosse der Deutschen unsägliche Drangsale und Gefahren erlitt und der Wohlstand vieler Familien vernichtet ward; so hat auch in den Reihen der Belagerer die an strengende Arbeit in den Tranchecn, der Vorpostcndicnst unter feindlichem Kugel regen, das Bivouakiren in den regnerischen Hcrbstuächteu, der stürmende Angriff auf wohlvcrthcidigtc Festungswerke, oft verbunden mit Nahrungsmangel und dürftiger Bekleidung, zahllose Opfer dahingerafft. Die Belagerung und das Bombardement von Straßburg war eine sechswöchige Leidensgeschichte innerhalb und außerhalb der Mauern. Daß mau diesseits des Rheins die ganze Be deutung des Ereignisses erkannte und würdigte, bezeugte die große Theilnahme, die sofort der unglücklichen Stadt von allen Seiten erwiesen ward. Geldsanim- lungcn wurden veranstaltet; Lebensmittel, Wäsche und Kleidungsstücke aus den Nachbarländern in großer Fülle eingebracht, und selbst die Neugierde, welche Massen von Besuchern gleich einer Völkerwanderung der wiedergewonnenen Rheinstadt zuführte, wurde zur Erleichterung der Hülfsbedürftigen verwerthet. Dagegen bewies die fluchtähnliche Auswanderung vieler Elsässer nach der Schweiz und nach Südfraukrcich, daß für die deutschen Sympathien noch wenig Em pfänglichkeit unter dem entfremdeten Bruderstamme auf der linken Rheiuseite vorhanden war. Auch der tapfere Commandaut Uhrich nahm die Gastfreund schaft der Schweiz in Anspruch, von den französischen Journalen, die ihn anfangs in die Sterne gehoben, als „Verräthcr" gelästert und gebrandmarkt. Statt in die eigene Brust zu greifen und die Quelle des Unglücks und Falles in sich selbst zu suchen, warf man die Schuld auf ein einziges auserlesenes Haupt, das dann als Träger aller Sünde in die Wüste verstoßen ward. 3. Die deutsche und französische Kriegführung und der Fall von Metz. Zum Gouverneur der Festung Straßburg wurde nun Generallieutenant von Du KmaM. Oliech, zum Commandanten Generalmajor von Mertens ernannt, während General v. Werder mit dem 14. Armeecorps auszog, um das südliche Elsaß von Schlettstadt bis Belfort zu erobern und die Vvgesenpässe von den Mobil- garden und Freischaaren zu säubern, die sich dort von allen Seiten sammelten und auf die Bergfestung Langres gestützt, einen Bandenkrieg organisirten, der an Heimtücke, Verrath und plötzlichen Ueberfällen Alles überbot, was die Ge schichte von ähnlichen Volkskriegen früherer Tage aufzuweisen hat. Wir werden