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1018 I). Von Errichtung des zweiten franz. Kaiserthums re. Widerstandes in Unterhandlungen mit Werder cinzutrctcn, crwicderte Uhrich, „daß er gezwungen sei, seine» persönlichen Neigungen nnd der von Menschenliebe eingcgcbencn Absicht dein schrecklichen Drama ein Ende zu machen zu widerstehen"' e,»i,«Rwg,n Aber den Fall Straßburgs konnte er nur auf einige Tage verzögern. AIS Valentin ankam, hatten die Deutschen mit unglaublichen Anstrengungen und Gefahren unter dem steten Feuer der feindlichen Werke über die breiten Wasser gräben einen Damm und eine Tonncnbrücke geworfen und sich der Lünetten 53 und 52 bemächtigt, wodurch die französische Vcrthcidigungsfront unhaltbar ge worden war. Wie sehr auch die Belagerten mit der größten Tapferkeit und Todesverachtung dem überlegenen Gegner jeden weiteren Schritt streitig machten, die Breschen mit Sandsäckcn ausfüllcnd; die Wirkung des furchtbaren Belage rungsgeschützes auf die Stadt und die zusammcngeschosftncn Bollwerke der Cita- delle hatte solche Verheerungen angcrichtet, daß ein Gcsammtangriff, wie er im Plane des deutschen Befehlshabers lag, nothwendig mit der Erstürmung der Festung geendigt haben würde. Um der unglücklichen Stadt dieses harte Schick sal mit den dabei unvermeidlichen Kriegsgräueln zu ersparen, ließ der Connnau- dant Uhrich in Uebereinstimmung mit dem Vertheidigungsrath ohne Beziehung des neuen Präfccten auf dem Münster die weiße Fahne entfalten. Nun schwieg die deutsche Artillerie, die seit Beginn der Belagerung aus 241 Geschützen ver schiedener Größe gegen 200,000 Schüsse gethan, so daß vier bis fünf auf die Minute kamen, und sofort wurde wegen der Uebergabe unterhandelt. Die Capitulation kam ohne Schwierigkeiten auf Grund der im Vertrag von Sedan aufgestellten Bedingungen zu Stande. Die Offiziere durften nach Verpfändung ihres Ehrenwortes frei nach einem von ihnen zu wählenden Aufenthaltsort ab ziehen ; die Linientruppen und Mobilgarden, über 17,000 Unteroffiziere und Soldaten wurden in Kriegsgefangenschaft geführt, die Nationalgarden und Franctireurs entwaffnet nnd gegen Revers entlassen; Waffen, Kriegsbcstand und 28. S-Ptbr. Militärkaffen mußten abgeliefert werden. Am folgenden Tag, nachdem General Uhrich in einer warmen, seine innere Bewegung kund gebenden Proclamaiwu den Stadtvorständen, den Soldaten und Mobilgarden und allen Bewohnern von Straßburg seinen Dank ausgesprochen für ihre mannhafte Haltung in der schweren Zeit, für ihre Opfcrwilligkcit und ihren Heldenmuth und sic mit der Hoffnung auf eine glücklichere Zukunft getröstet, erfolgte der Ausmarsch der Garnison und die Uebergabe der Citadelle und des Kriegsmaterials. Die Vor gänge, die sich unter den Augen des Großherzogs von Baden, des Generals von Werder und der deutschen Truppen vollzogen, gaben Zeugniß von dem Verfalle der Disciplin bei der französischen Garnison. Knirschend vor Wuth und I"' grimm fügten sich die Truppen, theilweise berauscht, in die bittere Nothwendig keit und mancher Soldat zerschlug das Gewehr, das er abliefern sollte. Der Prüftet Valentin wurde nach Ehrenbreitstein gebracht und dort bis zum Frie densschluß festgehalten. So war denn der denkwürdige Belagerungskrieg, auf