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VI. Der dentsch-sranz. Krieg u. das neue deutsche Reich. 1015 scher Baukunst, das der deutsche General schonen wollte, in den Kreis der Be schießung gezogen ward. Werder hatte, als er das Bombardement anordnetc, den Zweck, die Kasernen, Wafienplätzc und Magazine zu zerstören und zugleich die Einwohner durch Einschüchterung dahin zu bringen, daß sie den Fcstungs- commandanten zur Capitulation zu bewegen suchten. „Das Schicksal der braven Stadt Straßburg", sagt Rüstow, „muß jedem anständigen Mann zu Herzen gehen, welcher Nationalität er angchöre, welcher politischen Ucberzeuguug er sei. Darüber darf aber nie der Gerechtigkeit vergessen werden. In Frankreich ward des Bom bardements von Straßburg allgemein nur als eines Actes deutscher Barbarei ge dacht. Allein daß General Uhrich sagte, wenn die Deutschen in die Siadt cin- drängcn, so würde er sich in die Citadellc zurückziehen und von dort aus die Stadt bombardiren, ward von den französischen Zeitungen als Heroismus ge priesen." Vom 18. an folgten Geschosse auf Geschosse, so daß die Beerdigungen nicht mehr auf den gewöhnlichen, außerhalb der Mauern gelegenen Friedhöfen vorgcnommen werden konnten, sondern der botanische Garten zum Todtcnselde gewählt ward, wo bald zahllose Kreuze als Denkmale des schrecklichsten Dramas zum Himmel emporschautcn. Besonders furchtbar wüthete das Bombardement am 24. August. „Um eilf Uhr", erzählt Fischbach, „erschallten plötzlich zwischen dem Gekrache der Granaten Fcuerrufe von den Wächtern des Münsterthnrmes. Es brennt in der Ncukirche! Ein wenig später schrien sie: Feuer in der Münstcr- gasse; eine halbe Stunde darauf: Feuer am Broglie! Feuer in der Meisen gasse! Feuer auf dem Kleberplatz! Feuer am Finkmattstaden! Feuer in der Schildsgasse! Die ganze Nacht ertönt dieser entsetzliche Nothschrei und ein un geheuerer rother Widerschein beleuchtete schauerlich die ganze Stadt. Wie viele Schätze wurden ein Raub der Flammen!" Das Gemäldemuseum mit werth- vollen Bildern alter Meister, die Ncukirche, das größte protestantische Gottes haus mit einer berühmten Orgel und einem merkwürdigen „Todtentanz" in Fresco, ein Sinnbild der schrecklichen Gegenwart, die Stadtbibliothck mit un schätzbaren Manuskripten, Jncunabeln und Urkunden und so vielen historischen Merkwürdigkeiten, die schönen Häuser der vornehmen Stadttheile fielen der Kriegsfurie zum Opfer; ganze Straßen, vor allen die Steinstraße, waren Ru inen und Schutthaufen! Die wehrlose Bevölkerung flüchtete in die Keller, die wehrhafte versuchte mit Heldenmut!) den Bränden Einhalt zu thun, von der Vaterstadt zu retten, was zu retten war. Vergebens versuchte der Bischof von Straßburg im deutsche» Hauptquartier eine Vermittelung zu bewirken, einen, «uq. Schonung der Stadt und der Bürgerschaft zu erbitten; da der Commandant Uhrich jedes Zugeständniß verweigerte, so mußte vor der unerbittlichen Kriegs- strcnge die Humanität zurücktreten. Nicht einmal den Frauen, Kindern und Greisen durfte der Abzug gestaltet werden, weil dadurch die Hungersnoth, ein mächtiger Verbündeter der Belagerer, verzögert worden wäre. So dauerte denn das schreckliche Schauspiel an den beiden folgenden Tagen fort. Der Gedanken. 27. Au-,