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1006 I). Von Errichtung des zweiten franz. Kai scrth ums rc. Frankreich überzeugt, daß man gar nicht zweifelte, die dritte Republik werde einen ähnlichen Siegeslauf vollbringen, wie die erste. „Will der König von Preußen einen gottlosen Kampf fortschcn; will er der Welt deS neunzehnten Jahrhun derts das grausame Schauspiel zweier Nationen geben, welche sich unter einander vernichten und uneingcdcnk der Humanität, der Vernunft, der Wissenschaft Rui nen und Leichen aufeinander thürmen, so mag er die Verantwortlichkeit vor der Menschheit und vor der Geschichte tragen; will er uns eine Herausforderung Hinweisen, so nehmen wir sic an". Was Jules Favre im Glauben an die Macht der republikanischen Ideen und Institute wagte, daS wünschte Gambetta in der Absicht, durch den Krieg die revolutionäre Diktatur zu begründen. So betrat man denn die Wege des alten Convents nnd des Wohlsahrtsausschusses, in der Meinung, die Geister der Vergangenheit würden Wiedererstehen und dieselben wunderbaren Resultate erzeugen wie zur Zeit der Väter. Aber Menschen und Verhältnisse waren andere geworden. Anmarsch General Vinoh war mit einem Armeecorps auf dem Wege von Ehalons nach Mezieres, um sich mit Mac Mahon zu vereinigen. Als er aber von den «unMMchal, Ereigni in Sedan Kunde erhielt, gab er den Plan auf und kehrte, einzelne versprengte Trnppenthcile des geschlagenen Heeres an sich ziehend, nach Paris zurück, wo seine Mannschaften den Kern des Verthcidigungshccres bildeten, mit dem Trochu die Forts und die Nicsenhauptstadt vor dem anrückenden Feinde zu schirmen gedachte. Alles, was noch anßerdem Frankreich an waffengeübtcn Leu ten aufzubringcn vermochte, Marinetruppen, Zollwächter, Feuerwehrmänner, Forstaufsehcr, Polizeimannschaft zn Fuß und zu Pferd, ausgediente Soldaten, wurde zu demselben Zweck einbcrufen, so daß mit Inbegriff der ansässigen oder eiugcwanderten Mobil- und Nationalgardeu die Zahl der Bewaffneten sich wohl auf 400,000 Mann belaufen mochte. Man durfte sich auf einen großen Kampf gefaßt machen; denn schon waren die beiden Armee», welche bei Sedan gefochten, unter den Kronprinzen von Preußen und Sachsen auf dem Marsch nach der Hauptstadt begriffen, am 5. September war das ganze VI. Armcccorps unter General Tümpling in Rheims vereinigt und schon am 15. nahm der König nach einem kurzen Aufenthalt in der alten Krönungsstadt mit dem Gencralstab sein Hauptquartier in Mcauz. Von welcher Erbitterung und blinden Wuth die Franzosen durch die revolutionäre Aufregung und durch die maßlose Sprache der Journalisten und Demagogen bei der Annäherung der Deutschen erfüllt wurden, s. Skptbi. bewies der Vorfall in Lao n. Nachdem Stadt und Eitadclle von dem Com- Mandanten, General Theremin d'Hame, vertragsweise dem Oberst von Alvens- lcbeu von der Cavallericdivision des Großherzogs von Mecklenburg übergeben und von den Deutschen beseht worden, flog das Pulvermagazin in die Luft, so daß gegen hundert deutsche Soldaten und Offiziere und eine noch größere Zahl französischer Mobilgarden getödtet oder verwundet wurden. Unter den Verwun deten befanden sich der Divisions-Commandcur Herzog Wilhelm zn Mecklenburg-