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der Hoffnung, dadurch eine ehrenvollere Capitulation für die französische Armee zu erwirken. Die Abschlicßung des Eapitulationsvertrages blieb dem Höchst- connnandirendcn Wimpffen überlassen, der zu dem Zweck sich in Begleitung des Generals Castelnau nach Donchcry begab, um mit Moltke und Bismarck in Verhandlungen zu trete». Lie dauerten die ganze Nacht hindurch; aber wie sehr auch der französische Feldherr sich bemühte, eine Milderung der bitteren Nothwendigkeit zu erlangen; an der ehernen Brust der preußischen Generale scheiterten seine Versuche; sie glaubten vor allen Dingen „ein materielles Pfand für die Befestigung der gewonnenen militärischen Resultate in die Hand be kommen zu müssen." Moltke ging daher von der Bedingung der Waffen streckung und der Uebergabe der ganzen Armee auf Gnade nnd Ungnade nicht ab; er gewährte eine kurze Bedenkzeit, sei diese erfolglos verflossen, so werde die Beschießung der Stadt von Neuem beginnen. Und nun wurde um sechs Uhr Mor gens , nachdem Wimpffen die französischen Generale zu einem Kriegsralh zu- sammeuberufen, die Capitulation unterzeichnet und von dem König im Haupt quartier zu Vendresse bestätigt. „Welch eine Wendung durch Gottes Führung", schloß die Meldung des wunderbaren Ereignisses an die Königin in Berlin. So erlebte denn die Welt das unglaubliche, in der ganzen Kriegsgeschichte einzig da stehende Schauspiel, daß außer den 25,000, die während der Schlacht gefangen genommen worden, ein Heer von 83,000 Mann, darunter 1 Marschall Mac Mahon), 40 Generale, 230 Stabsoffiziere, 2600 Offiziere und Militärbeamten, sich dem Sieger ergab, die Waffen und alles Kriegsmaterial, bestehend in 330 Feldgeschützen, 70 Mitraillcusen, 150 Festungsgeschützen und 10,000 Pfer den, ablieserte und nebst dem Kaiser nach Deutschland in Kriegsgefangenschaft wanderte. Nur den Offizieren, welche auf schriftliches Ehrenwort versicherten, in dem gegenwärtigen Krieg nicht mehr gegen Deutschland zu fechten und in keiner Weise den deutschen Interessen zuwiderzuhandeln, wurde „in Rücksicht auf die tapfere Vertheidigung" gestattet, ihre Waffen und ihr persönliches Eigenthum zu behalten. Noch an diesem und dem folgenden Septembertag wurde auf dem Bogenterrain zwischen Billette und Jges im Angesichte eines baierischen nnd eines norddeutschen Armeecorps die Waffenstreckung vollzogen, worauf die Festung Sedan mit allen Adlern, Feldzeichen und Kriegsgcräthen übergeben und die gefangene Mannschaft auf zwei Eisenbahnen abgeführt wurde, um in deut schen Festungen und Barackenlagern untergebracht zu werden. Nur ein geringer Theil der Offiziere wollte das verlangte Ehrenwort abgeben; die meisten zogen das Loos der Kriegsgefangenschaft vor, wo ihnen eine anständige Behandlung und eine möglichst geringe Beschränkung der persönlichen Freiheit zu Theil ward. Sie wollten sich nicht der Gefahr aussetzen, zu einem Wortbruch verleitet zu werden. Alle Offiziere, welche die Verpflichtung eingingen sich zu einem Eisen bahnzug, der am 10. September von Pont-ä-Mousson nach Coblenz abgehen sollte, zu stellen, durften sich selbständig nach diesem Ort begeben. Auch General