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15. Juni 1894. »STAHL UND EISEN.“ Nr. 12. 555 wicht auf die Feuerfestigkeit des Materials gelegt, ein gröfseres sollte auf die Dichte desselben und die Eigenschaft, im Feuer nicht nachzuschwinden, gelegt werden. Bekanntlich schwindet reiner Kaolin beim scharfen Brennen um etwa 10 %; daraus ist ohne weiteres ersichtlich, dafs reiner Kaolin keine Verwendung zum Ausstampfen finden kann. Das ganze Ofenfutter würde durch und durch zerreifsen. Anders verhält sich die reine Kieselsäure — der Quarz — im Feuer. Quarz schwindet nicht, sondern dehnt sich im Feuer sogar aus. Experimenteal wurde dies von E. Cramer bewiesen. Er verwendete zu seinen Versuchen reinen Quarzsand von der chemischen Zusammensetzung: 98,25 AI2O3 1,04 FezOa .... 0,04 K2O 0,40 Dieser Sand wurde in Porzellankapseln ge füllt und dem stärksten Feuer des Gutbrandes für Berliner Hartporzellan ausgesetzt. Die Be feuerung des Ofens währte 20 bis 22 Stunden. Nach Beendigung des Brandes wurde eine Probe aus der Kapsel genommen, der Rest machte einen zweiten Brand durch u. s. w., so dafs der letzte Rest zehnmal geglüht wurde. Das spec. Gewicht war nun Anzahl Specifisches der Brände Gewicht 0 2,662 1 2,593 2 2,551 3 2,523 4 2,522 5 2,501 6 2,489 7 2,468 8 2,435 9 2,417 10 2,398 Daraus folgt, dafs der Quarz beim Glühen fortwährend sein specifisches Gewicht verringert, also wächst. Dafs die Länge der Glühung und nicht die Höhe derselben von Belang ist, zeigte E. Cramer dadurch, dafs er eine neue Probe bis zum Schmelz punkt des Thönes von Niederpleis erhitzte und nur ein spec. Gewicht 2,548 erzielte. Um nun zu einer guten Ausstampfmasse zu kommen, ver wendet man ein Gemenge von Kaolin und Quarz sand, welches die Eigenschaft haben mufs, im Feuer nicht zu schwinden. Das Verhältnifs von Kaolin und Quarz mufs durch praktische Versuche ermittelt werden, wobei die Korngröfse des Quarzes zu berücksichtigon ist. Einige feldspatharme Rohkaoline scheinen das richtige Mischungsverhältnifs von Natur aus zu besitzen. Es spielen aber einerseits die Fracht verhältnisse, andererseits aber das Geldinteresse der Kaolingrubenbesitzer eine grofse Rolle, welche glauben, ihr Rohkaolin übertreffe alle anderen und müsse deshalb über Werth bezahlt werden. Es sei ferner hier noch erwähnt, dafs reiner Kaolin und reiner Quarz fast den gleichen Schmelz punkt zeigen. Durch Versuche konnte kein wesent licher Unterschied ermittelt werden, weshalb an genommen werden mufs, dafs beide hinsichtlich ihres Schmelzpunktes gleichwerthig sind. Eine Steinmasse, in der grobe Quarzkörner in reinem Kaolin eingelagert sind, zeigt den gleichen Schmelz punkt wie die einzelnen Materialien. Anders ist es jedoch, wenn der Quarz mehlfein dem Kaolin zugesetzt wird; alsdann wird der Schmelzpunkt erheblich herabgedrückt. Dr. Hecht stellte durch Versuche fest, dafs die leicht schmelzbarste Mi schung aus 1 Gew.-Th. Kaolin und 2 Gew.-Th. Quarz besteht. Von nicht zu unterschätzendem Werthe ist jedoch das chemische Verhalten des Ofenfutter materials. Da der Beschickung des Cupolofens stets Kalk zugegeben wird, so ist stets Gelegenheit zur Bildung von Kalksilicat geboten. Die Kalk silicate sind aber in der Hitze mehr oder weniger flüssig, je nach dem Gehalt an Kieselsäure oder Thonerde. Die hoch thonerdehaltigen sind im allgemeinen zähflüssiger. Strebt man dahin, dafs die Schlacke, welche sich an der Ausfütterung bildet, recht zähflüssig ist, so erzielt man den besten Schutz für das darunterliegende feuerfeste Futter. Leider wird oft übersehen, auch vom Ver fasser des Artikels in Nr. 8 dieser Zeitschrift, dafs eine dichte, nicht poröse, feuerfeste Masse dem Angriff durch stark basische Schlacke am ehesten und am längsten widersteht. Ein Beispiel dafür liefert uns die Glasindustrie. Hier ver wendet man zu den Häfen, in welchen Alkali kalksilicate (Glas) geschmolzen werden, relativ leichtschmelzende Thone , die aber steinzeugartig dicht werden. Die dichten Scherben bieten den leicht schmelzbar machenden Basen, Kalk und Alkali, eine geringe Oberfläche, welche nur lang sam abgezehrt wird. Bei Verwendung von hoch feuerfesten Kaolinen, welche selbst bei hohen Temperaturen noch porös bleiben, durchdringt das leichtflüssige Silicat den ganzen Scherben und frifst ihn sozusagen auf, indem das Thonerde silicat sich in dem Kalksilicat löst. Um dieses deutlicher zu machen, sei ein sehr charakteristisches Beispiel aus dem alltäglichen Leben angeführt. Wenn ein Stück Candiszucker, Krystallzucker und gleich grofses Stück sogenannten Hutzuckers zu sammen in ein Glas Wasser geworfen werden, so zeigt sich deutlich, dafs der Hutzucker, welcher aus kleinen zusammengekitteten Kryställchen be steht, sofort vom Wasser durchdrungen wird, während der Candiszucker, welcher aus einem einzigen festen Krystall besteht, fast keine Ver änderung zeigt. Nach einer Minute ist der Hut zucker zerfallen, weil das Wasser den kittenden