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offene Brust (Tümpel und Wallstein) gegeben hatte, um den Schmelzraum von aufsen her zu gänglich zu machen und den Sammelraum für die geschmolzenen Massen zu vergröfsern. Mit der Zahl der Hochöfen aber wuchsen die Streitigkeiten der Werke unter sich und ins besondere mit den Getreidemühlen über das Be triebswasser. Eine landesherrliche Verordnung im Siegerlande bestimmte im Jahre 1443, dafs, wenn das Wasser zu knapp sei, beide daran gelegene Werke zu treiben, die Besitzer losen sollten, wem das Vorrecht gebühre. Auch Kohlen mangel machte sich bereits damals mitunter be merkbar, und zur Abhülfe wurde die Blasezeit der Oefen auf eine bestimmte Zeit im Jahre beschränkt. Eine den Factoreirechnungen des Eisenwerks Gittelde am Harz entnommene Selbstkosten berechnung aus der Zeit von 1573 bis 1590 verdient unsere Beachtung. Darnach wurden zum Verschmelzen von 5931/2 Fuder Erz 678 Fuder Holzkohlen gebraucht* und hieraus 2045 Gentner Stahleisen (weifses Roheisen) und 180 Gentner Pocheisen erzeugt. Die Kosten betrugen für 1 t (nach jetzigem Gewicht) Roheisen: Erz 17,76 Kohlen 21,71 , Röstkosten 1,12 . Hüttenlöhne 2,68 „ Formerlöhne 1,72 , Sonstige Kosten .... 1,80 . Zusammen . 46,80 Die Zeitdauer der einzelnen Hüttenreisen be trug bisweilen nicht mehr als 15 Tage; eine Reise von 45 Tagen ist schon ausnahmsweise lang. Die Tageserzeugung an Roheisen innerhalb des Zeitraums, auf welchen jene Selbstkosten rechnung sich bezieht, war durchschnittlich 968 kg. Das in Blauöfen, Flofsöfen oder Hochöfen gewonnene Roheisen wurde nunmehr in zweierlei Weise verarbeitet: in Frischfeuern zu schmied barem Eisen oder in der Giefserei zu Gufswaaren. Von den verschiedenen Arten des Frisch feuerbetriebs, welcher, wie bekannt, aus dem uralten Rennfeuerbetriebe sich entwickelte, giebt Beck ausführliche Beschreibungen, welche hier übergangen werden können. Es sind im wesent lichen die gleichen Verfahren, welche auch noch in den meisten Handbüchern aus der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts mit grofser Ausführlichkeit beschrieben worden sind. Recht wunderlich er scheinen uns die bei dieser Gelegenheit mitgetheilten alten Vorschriften zum Härten oder zum Weich- machen von Stahl, hinsichtlich derer jedoch auf das hier in Rede stehende Buch selbst verwiesen werden möge. * Leider ist das Gewicht eines Fuders Erze und eines Fuders Kohlen nicht bekannt, demnach auch die Berechnung der Gewichtsverhältnisse nicht möglich. Auf die Verwendung des Roheisens zur Gufs- waarendarstellung verwies von vornherein dessen flüssiger Entstehungszustand. Aber das Eisen war anfänglich wenig überhitzt und häufig weifs, man gofs nur grobe Gegenstände daraus: Am bosse, Pocheisen, Pochsohlen und Kugeln. All mählich vervollkommnete man den Betrieb und lernte hocherhitztes graues Roheisen erzeugen; nunmehr gofs man Kanonen, Ofenplatten und Töpfe. Vanuccio Biringuccio giebt in seiner Pirotechnia eine ausführliche Beschreibung der Herstellung von Geschützen und anderen Gufs- stücken, der Modelle, Kerne u. s. w., welche von Beck in deutscher Uebersetzung wiedergegeben ist. Jedem, der sich eingehender über das Formereiverfahren der damaligen Zeit belehren will, kann dieser Abschnitt als besonders geeignet dafür empfohlen werden. Zahlreiche, aus Birin- guccios Buche entnommene Abbildungen erhöhen den Werth der Beschreibungen. Von den Ofenplatten der damaligen Zeit sind noch verschiedene erhalten, welche theils in Museen, theils in Privatsammlungen (E. Schott in Ilsenburg, Eduard Metz in Esch, Georg von Cölln in Hannover) aufbewahrt werden. Weit mehr gab es vor dreifsig Jahren, und ältere Fachgenossen werden, wie der Schreiber dieses, sich mit Bedauern entsinnen, wie häufig man damals solche alten Platten, welche als Alteisen von den Eisenwerken angekauft waren, in den Schmelzofen wandern liefs. Nur Wenige be- safsen in jener Zeit Verständnifs für den cultur- geschichtlichen Werth solcher Erzeugnisse des früheren Kunstgewerbes. Die Platten waren im Herde gegossen und lassen in ihren Darstellungen oft eine hohe künstlerische Begabung des „Form- Schneiders“, welcher die Modelle fertigte, erkennen, während andere durch die naive Auffassung der bildlich dargestellten Handlung unsere Theilnahme erwecken. Gröfstentheils waren es Vorgänge aus der heiligen Schrift, welche auf den Ofenplatten zur Anschauung gebracht waren; in anderen Fällen weltgeschichtliche Ereignisse, z. B. die Begegnung Goriolans mit seiner Mutter, welche jedoch ganz im Stil der biblischen Darstellungen wiedergegeben ist; Wappen der Adligen oder der Städte, u. a. m. Die Benutzung solcher eiserner Platten, welche entweder als Umkleidung für die im 14. Jahrhundert in Aufnahme ge kommenen Kachelöfen dienten, oder auch schon an Stelle der Kacheln, wie heute noch, den Ofen bildeten, reicht bis in das 15. Jahrhundert zurück. Verschiedene Formschneider, welche sich mit der Anfertigung der Modelle zu solchen Ofenplatten beschäftigten, hatten durch ihre künstlerischen Leistungen hohen Ruf erworben, und ihre Modelle sind lange Zeit hindurch nach gebildet worden. Hierher gehört vor allen Philipp Soldan von Frankenberg in Hessen, welcher in den Jahren von 1537 bis 1555 thätig