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479 1. Juni 1894. STAHL UND EISEN.“ Nr. 11. ständig verschlossenen Ofen ganz allmählich zur Abkühlung gebracht, so dafs sie nach ungefähr abermals 100 Stunden herausgenommen werden konnten. Sie sind in Folgendem unter der Be nennung geglühte Proben aufgeführt. Eine dritte Reihe Proben endlich, gehärtete Proben genannt, wurde von einer Temperatur, welche ebenfalls etwas über 1000° G. betrug, in einer reichlichen Menge kalten Wassers ab gelöscht. Unter der Bezeichnung »Härte“ läfst sich ebensowohl der Widerstand eines Körpers gegen Zerspanung (z. B. beim Bohren), als auch die Sprödigkeit verstehen, welche der Körper an den Tag legt, wenn er irgendwie auf Festigkeit be ansprucht und dadurch einer Formveränderung unterworfen wird. In der letzteren Auslegung bildet demnach die Härte den Gegensatz zur Geschmeidigkeit. Professor Arnold ermittelte bei seinen Versuchen nur die Härle in dem zuletzt erwähnten Sinne. Prüfung der naturharten Proben auf Zugfestigkeit. Die Versuchsstäbe hatten 14,3 mm Durchmesser und 51 mm Länge. Gehalt an zufällig an wesenden (nicht absicht lich zu gesetzten) Fremdkörpern % Elasticitäts- grenze auf 1 kg Bruch belastung qmm kg Längen ausdehnung 0/ Querschnitts- Ver ringerung 0/ Nicht legirtes Eisen, gewalzt 0,13 22,6 34,2 47,0 76,5 » » » gegossen 0,18 22,4 31,5 16,0 33,8 Nickeleisen, gewalzt 0,30 35,2 42,1 35,3 62,0 Manganeisen, , 0,54 35,7 50,5 35,0 65,0 Kupfereisen, » 0,29 48,4 54,6 30,5 62,2 Chromeisen, » 0,28 31,0 42,7 40,0 72,1 Wolframeisen, » 0,30 31,4 42,8 42,5 76,6 Aluminiumeisen, , 0,16 26,7 42,5 35,0 63,7 Siliciumeisen, , 0,29 32,0 49,7 36,0 62,4 Arseneisen, » . . 0,16 27,9 42,4 28,5 34,1 Phosphoreisen, » 0,17 45,5 45,5 0,0 0,0 Schwefeleisen, gegossen 0,16 4,0 4,0 0,0 0,0 Werkzeugslahl, gewalzt 0,44 73,0 90,3 5,0 5,6 Sämmtliche Legirungen sind demnach weniger geschmeidig, sie sind spröder, härter als das reine Eisen. Besonders deutlich zeigt sich im Werkzeugstahl der Einflufs des Kohlenstoffgehalts. Das manganhallige Eisen ist, wie die früher mit- getheilte Zusammensetzung erkennen läfst, ziem lich reich an Silicium, und aus diesem Grunde sind die bei der Prüfung dieser Legirung er langten Ziffern nicht unbedingt mafsgebend für den Einflufs des Mangangehalts; Arnold glaubt, dafs, wenn das Manganeisen frei von Silicium gewesen wäre, es hinsichtlich seiner Geschmeidig keit dem Chromeisen und Wolframeisen etwa gleich gestanden haben würde. Beachtenswerth ist der erhebliche Unterschied der Einwirkung des Arsens und des Phosphors auf die Ge schmeidigkeit, obwohl beide Körper annähernd das gleiche Atomvolumen besitzen; im stärksten Widerspruch gegen die oben mitgetheilte Ein- theilung der Körper nach Mafsgabe ihres Atom volumens aber steht das Verhalten des Schwefels. Auch wenn man den Einflufs des Kupfers und des Phosphors, welcher letzterer nach der Atom volumen-Theorie das Eisen sogar weich machen soll, ins Auge fafst, zeigt sich die gänzliche Haltlosigkeit jener Lehre.* * Osmond sagt nun zwar in seiner Entgegnung, dafs das Atomvolumengesetz nur bei beschränktem Gehalte des Eisens an den betreffenden Fremdkörpern Prüfung der naturharten, gehärteten und geglühten Proben auf Biegungsfähig keit. Die Versuchsstäbe waren 127 mm lang, 9,5 mm stark und wurden über einen Dorn von 8 mm Durchmesser gebogen. Das Härten ge schah durch Erhitzen der Stäbe in einer Muffel auf beginnende Weifsgluth (etwa 1100°), also eine Temperatur, welche weit oberhalb aller kritischen Punkte lag, und Eintauchen in kaltes Wasser, in welchem sie bis zur völligen Er kaltung rasch hin und her bewegt wurden. Geltung besäfse und dafs in den von Professor Ar nold benutzten Legirungen mit etwa 1,50% Gehalt bereits häufig jene Grenze, wo es gültig sei, über schritten sei. Ich gestehe, dafs ich den Grund, wes halb hier ein Unterschied obwalten soll, nicht ein zusehen vermag. Nach meinen eigenen Beobachtungen ist jedes Metall im reinsten Zustande am geschmei digsten, am wenigsten hart; der eine Fremdkörper beeinträchtigt stärker, der andere weniger stark die Geschmeidigkeit. Dafs Phosphor, welcher nach dem Atomvolumengesetz dem Eisen in starkem Mafse die Neigung ertheilen soll, weich und geschmeidig zu werden, in Wirklichkeit diesen Einflufs ausübe, wenn er in kleinen Mengen zugegen ist, wird auch Hr. Os mond, dieser so klar blickende und erfahrene Metallurg, nicht behaupten. Ich kann nur vermuthen, dafs hier ein Mifsversländnifs vorliegt und er bei jener Theorie etwas Anderes im Sinne gehabt hat, als man ihrem Wortlaut nach anzunehmen gezwungen ist. Der Berichterstatter.