Volltext Seite (XML)
Menge Kohlenstoff in das Eisen zu bringen. Desoxydirte man indessen mit wenig Spiegel eisen und entfernte den Rest des Sauerstoffs durch Aluminium, so kam man doch oft nicht auf die gewünschte Höhe des Kohlenstoffgehalts, und man mufste sich sagen, dafs man durch den basischen Bessemerprocefs bei regelrechtem Betriebe kaum ein Eisen erzeugen könnte, welches einer höheren Festigkeit als 50 kg a. d. qmm entspräche. Der Engländer Darby hatte das Verdienst, zuerst wieder auf das alte Kohlungsmaterial in Form von reinem Kohlenstoff aufmerksam zu machen. Untersuchen wir, auf welche vorhergehende Erfahrungen sich der Darbysche Kohlungsprocefs stützt. Durch den Cementationsprocefs war es be kannt geworden, dafs fester Kohlenstoff von festem Eisen aufgenommen wird, wenn dasselbe bei er höhter Temperatur in Berührung damit gebracht wird. Der Anfang der Kohlung beginnt bereits unter halb Rothglut. Die Form des Kohlenstoffs ist nicht gleichgültig. Amorpher Kohlenstoff, wie er in der Holzkohle oder in thierischer Kohle vor handen ist, wirkt bei gleicher Zeit und gleicher Temperatur am stärksten ein, aber auch Graphit und selbst Diamant kohlen. Die Kohlung ein und derselben Art Kohlen stoff findet um so energischer und schneller statt, je höher die Temperatur steigt; aber bei gleicher Temperatur ist die Kohlung auch um so stärker, je inniger die Berührung und je länger die Er hitzung dauert. Der Kohlenstoff theilt sich, so lange keine Schmelzung stattfindet, dem Eisen allmählich von aufsen nach innen mit, und zwar so fortschreitend, dafs die mehr nach aufsen liegende Schicht kohlenstoffreicher ist als die mehr nach innen liegende, was ein Beweis dafür ist, dafs zu dieser Mittheilung des Kohlenstoffs (Mole- cularwanderung) eine gewisse Zeit erforderlich ist. Der Kohlenstoff vereinigt sich bei ausreichend langer Zeit nur in einer ganz bestimmten Menge mit dem Eisen, welche lediglich von der Temperatur abhängig ist; hat die äufserste Schicht diesen Kohlungsgrad erreicht, so kohlen sich allmählich die inneren Schichten bis zum Kern zu gleich hohem Kohlungsgrade. Werden gleichartige Stücke festen kohlenstoff armen Eisens in Holzkohle gepackt und unter Abschlufs der Luft auf eine ganz bestimmte Temperatur erhitzt, welche Schmelztemperatur nicht erreicht, so beobachtet man, wenn man die Stücke in bestimmten Zeitabschnitten wieder untersucht, anfangs eine Zunahme des Kohlen stoffgehalts von der Mitte nach der Oberfläche zu. Dieses Verhalten ist die Grundlage der Verfahren zur Oberflächenhärtung. Erst später stellt sich die Bildung einer immer stärker werdenden äufseren Schicht g 1 e i ch gekohlten Eisens ein. Bei dem Steigen der Temperatur gelangt man schliefs- lieh zu einem Wärmegrade, bei welchem der Schmelzpunkt des gekohlten Eisens erreicht wird; denn der Schmelzpunkt des Eisens sinkt ja mit dem Steigen des Kohlenstoffgehalts. Jedoch findet eine so weitgehende Erhitzung naturgemäfs bei der Gementation niemals statt. Diese Vorgänge sind vielfach gründlich ge prüft und zuletzt abschliefsend durch Reinhard Mannesmann, den Erfinder des Schrägwalz- verfahrens, klargestellt.* Die gleichen Vorgänge finden auch statt, wenn festes Eisen mit Kohle zusammen bis zur Schmelzung absichtlich erhitzt wird, so bei der Darstellung von höher gekohltem Eisen im Tiegel.** Das Eisen wird hierbei in Brocken oder Stücken mit Holzkohle, thierischer Kohle oder anderen Kohlen stoff in festem Zustande enthaltenden Körpern, in mehr oder minder luftdicht abgeschlossenen Tiegeln, die von aufsen erhitzt werden, geschmolzen und kohlt sich bereits bei der Erhitzung bis zum Schmelzpunkt. Aehnlich ist es beim Cupolofenprocefs (dem Parry-Verfahren).*** Auch hier kohlt sich das im festen Zustande mit reichlichen Mengen von Koks aufgegebene Schmiedeisen bei seiner Erhitzung. Sobald Schmelzung eintritt, ändert sich das Verhältnifs erheblich. Es löst sich so viel Kohlen stoff im geschmolzenen Eisen, bis der Kohlungsgrad des Roheisens, welches sich bei der herrschenden Temperatur bilden kann, d. h. von höchstens an nähernd 5%,t erreicht ist. Beim Erstarren des Eisens kann sich dann ein Theil des Kohlenstoffs als Graphit wieder ausscheiden. Dieser Vorgang setzt indessen voraus, dafs Kohlenstoff im Ueber- schufs vorhanden war. Mangelt es an Kohlen stoff bis zur Sättigung des Eisens zu Roheisen, so entsteht ein niedrigerer Kohlungsgrad, als der des Roheisens; es wird je nach der Menge des vorhandenen Kohlenstoffs Flufsstahl oder Flufs- schmiedeisen gebildet. Hierauf beruhen die vorher angeführten Vorgänge im Tiegel und Cupolofen, welche der Regel nach die Erzeugung von Stahl zum Zweck haben. Im Hochofen dagegen wird das durch Kohlenoxyd reducirte Eisen in der Be rührung mit glühendem Kohlenstoff bis zur Er reichung des Schmelzpunkts und nach der Schmel zung bis zur Maximalgrenze des der erzeugten Roheisenart zukommenden Kohlungsgrades geführt. Ein fein vertheilter reiner amorpher Kohlen stoff, wie er sich z. B. in der Holzkohle oder in verkohlten organischen Stoffen, z. B. Zucker, findet, wirkt am schnellsten kohlend ein, schwieriger * Man vergl. des Verfassers „Eisenhüttenkunde“, Bd. III, S. 507 und 572 u. f. »* V er gl. ebend. S. 560. *** , „„ 568. t , „Eisenhüttenkunde“, 2. Aufl. I, S. 36 u. f.