Volltext Seite (XML)
300 Nr. 7. „STAHL UND EISEN.“ 1. April 1894. Bessemerstahl aus solchem Roheisen. Drei verschiedene Chargen mit Holzkohlenpulver auf- gekohlt: I II III C . . . 0,33 0,32 0,32 % Si . . 0,09 0,06 0,19 „ Mn . . 0,21 0,31 0,20 , S . . . 0,04 0,06 0,05 „ P . . . 0,09 0,09 0,09 „ Bessemerroheisen, hauptsächlich aus kämt- 2/s Holzkohlen und Vs Koks . . 3,30 % . . 3,03 „ . . 5,65 „ . . 0,034 , . . 0,022 , Der Thomasprocefs hat in Deutschland nunmehr den sauren Bessemerprocefs fast völlig verdrängt. Die gröfste Unannehmlichkeit erwächst aus dem hohem Gehalt an S des Roheisens, der im Thomasprocefs nur unvollständig beseitigt wird. Führt man den Hochofengang sehr heifs, so steigert sich sein Gehalt an Si, aufserdem wechselt der S-Gehalt, je nachdem der Ofengang wärmer oder kälter ist, und erreicht im ersteren Falle oftmals 0,3 bis 0,5 %. Manche Abstiche sind infolgedessen im unvermischten Zustand für das Thomasiren so gut wie unverwendbar. Dies ist auch der Grund, weshalb man Roheisen selten direct vom Hochofen in die Birne nimmt, viel mehr lieber im Cupolofen umschmelzt, wobei man zur Erzielung einer gleichmäfsigeren Zu sammensetzung gewöhnlich verschiedene Abstiche zusammenmischt. In Westfalen hat man bei mehreren Werken Roheisenmischer aufgestellt, in welchen das Roh eisen von allen Hochöfen zusammengeführt und für die Birnen nach Bedarf aus diesen abgestochen wird. Solche Mischer hat man in Hörde und bei Gutehoffnungshütte; andere Werke beabsichtigen ihre Einrichtung. Die Mischer haben die Form einer grofsen Bessemerbirne, die um zwei Zapfen bewegbar ist. Der Mischer ist in halb liegender Stellung aufgehängt so, dafs seine Mündung schräg niederwärts gerichtet ist. Das Roheisen wird durch eine Oeffnung auf der Oberseite eingelassen, die zwischenzeitlich zugedeckt gehalten wird; dasselbe wird durch Senkung der Mündung daraus entnommen, die durch hydraulischen Auf trieb eines Kolbens erfolgt, auf welchem das Untertheil des Apparats ruht. Der Mischer ist mit Chamotte- und in der Schlackenlinie mit Magnesiaziegeln ausgefüttert, die sich allein als widerstandsfähig genug gegen den Angriff der Schlacken erwiesen haben. Der Hauptzweck dieser Anordnung ist die Entschwefelung des Roheisens; Schwefel und Mangan desselben gehen im Mischer eine Ver bindung ein und bilden eine Schlacke, die zur Oberfläche des Bades aufsteigt. Diese Schlacke nerischen Erzen bei erblasen: „ C . . Si . Mn . P . S . soll bis zu 17 % S und 50 % Mn halten. Die hierdurch bewirkte Entschwefelung ist eine ganz bedeutende; Der S-Gehalt des Roheisens kann dabei zuweilen von 0,3 bis auf 0,05 % herab sinken, wie in Gutehoffnungshütte gewöhnlich der Fall ist. Aufser der Entschwefelung wird im Mischer auch eine Ausgleichung der Zusammensetzung und der Temperatur des Roheisens der mehr fachen Abstiche gewonnen, wodurch die sonst übliche Umschmelzung im Cupolofen mit allen neuen Kosten derselben zur Erreichung des gleichen Zwecks erübrigt wird. Das Roheisen kühlt sich im Mischer nicht nennenswerth ab; dies wird besonders in Hörde ersichtlich, wo man dasselbe noch aufserdem in der Pfanne über eine 1,6 km lange Locomotiv- bahn zu den Birnen fahren mufs. Die Aufkohlung mit Kokspulver nach Darby wird u. a. in Königshütte angewendet. Man läfst das Metall beim Ausgufs aus der Birne in die *—-O Fig. 4. Giefspfanne auf einen, aus einem Trichter kommenden Strahl von Koks pulver treffen, der dabei theilweise absorbirt wird. Damit dies geschieht, mufs die Schlacke vorher möglichst vollständig entfernt werden, andern falls verbrennt sie Kohle und diese wird nicht vom Metall aufgenommen. Aufserdem erwächst aus der An wesenheit von Schlacke die Gefahr einer Rückreduction von Phosphor aus derselben. Die Schlacke wird also zuerst so vollständig als möglich in einen vorgestellten Wagen abgezogen und zu der doch noch zurückbleibenden Kalk zugesetzt, so dafs sie zäh und dickfliefsend wird; sie kann in diesem Zustande, während das Eisen ausfliefst, mit einer Eisenstange leicht zurückgehalten werden. Der Trichter ist aus Blech gefertigt und hat die Form, welche Fig. 4 zeigt; er ist mit einem Schieber versehen, durch welchen der Zutritt des Kokspulvers regulirt werden kann. Wie bei der Rückkohlung durch Holzkohlenpulver, ist hierbei zu beachten, dafs, je heifser das Eisen, um so mehr Kokspulver absorbirt wird und dafs um so mehr davon zugesetzt werden mufs, je kälter die Charge ist. Bei sehr kalten Chargen ist das Verfahren überhaupt unanwendbar. Um den G-Gehalt des bis unter 0,1 % C niedergeblasenen Eisens bis auf den für Schienen gewöhnlichen — etwa 0,3 % — zu bringen, werden zur Achttonnencharge 35 kg Kokspulver = 0,44 % vom Gewichte des Eisens zugesetzt. Mit diesem Verfahren erzielt man gleich exacte G-Gehalte wie bei Aufkohlung durch Spiegeleisen. Der basische Martinprocefs hat in Deutsch land wie in Oesterreich den sauren nahezu ganz verdrängt; nur in Steiermark wurde derselbe zur