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dem Gebiete des Tarif- und Fahrplanwesens. Die angedeutete Annehmlichkeit wird weit überwogen von den Nachtheilen, die sich für das Publikum daraus ergeben, dafs infolge der bestehenden Theilung der Verwaltungsbefugnisse zwischen Directionen und Betriebsämtern die Erledigung der Anträge und Beschwerden meist sehr ver zögert wird. Die Vertheilung der Geschäfte auf drei Instanzen hat aber auch in wirthschaftlicher Beziehung un günstig eingewirkt. Weder die Directionen noch die Betriebsämter können das Gebiet der Ver waltung vollständig beherrschen und sind daher aufser stände, den wirthschaftlichen Erfolg ihrer Mafsnahmen in vollem Umfange zu übersehen. Hierdurch wird das Interesse der einzelnen In stanzen an einer wirthschaftlichen Verwaltung erheblich gemindert. Insbesondere gilt dies für die Betriebsämter, von deren sparsamer Ver waltung in Bezug auf Personalbedarf, Bahnunter haltung, Betriebsmaterialienverbrauch, das wirth- schaftliche Ergebnifs zum grofsen Theil abhängt. Aufserdem aber bedingt die ganze Einrichtung des Behördenapparats sowie das durch die Ver theilung der Verwaltungsbefugnisse geschaffene Schreibwerk einen bedeutenden, unwirthschaft- lichen Aufwand an Personal und Bureaukosten. Eine Reform der Verwaltung ist daher nicht nur aus geschäftlichen, sondern auch aus wirth schaftlichen Rücksichten geboten. Auch kann es einem Zweifel nicht unterliegen, dafs wirksame Ab hülfe nur durch Beseitigung einer der gegenwärtig vorhandenen drei Instanzen zu erreichen ist.“ Soweit die amtliche Denkschrift, die wir schon, um das Andenken unseres verstorbenen geist vollen Mitarbeiters zu ehren, hierher gesetzt haben. Man sieht, wie wechselreich die An schauungen sich auch bei hohen Behörden ge stalten können, und dafs der noch kein schlechter Mensch ist, der nicht Alles blindlings gut heifst, was von diesen Behörden kommt. Auch wir werden in unserer Zeitschrift fortfahren, eine sachliche Kritik an Allem zu üben, von dem wir eine Schädigung der wirthschaftlichen Interessen unseres Vaterlandes befürchten. Auf die in der amtlichen Denkschrift vor geschlagene Reorganisation des Staatseisenbahn wesens wird auch von uns noch zurückzukommen sein. Den Verlauf der ersten Lesung des Gesetz entwurfs, welche am 5. April d. J. im Abgeord netenhause stattfand, fafst die „Köln. Ztg.“ also zusammen: „Nach Erledigung von Wahlprüfungen kam der Nachtragsetat zum Eisenbahnetat und damit die ganze wichtige Frage der Organisation der Eisenbah nbeh örden zur Sprache, womit natürlich die Frage der Vorbildung der höhern Eisenbahnbeamten in Verbindung gebracht wurde. Es entsprach der von der national liberalen Partei seit langem eingenommenen Stellung, aber auch der im ganzen Hause herr schenden Stimmung, wenn Hr. Schmieding als erster Redner die Grundlagen der beabsich tigten Neuorganisation vollauf billigte, weil sie auf eine Beseitigung des Schreibwerks abzielen und die rasche Art der mündlichen Regelung der Beziehungen zwischen Publikum und Bahn verwaltung wieder einzuführen beabsichtigen. Ihm war nur fraglich, ob man auch weit genug in dieser Richtung gehe, ob man nicht die Be zirke der Directionen noch kleiner machen müsse. Hr. Schmieding hatte sich aller Angriffe auf die frühere Verwaltung enthalten, jedoch der gegen wärtigen seine Anerkennung für ihr Vorgehen nicht versagt. Da nun in der Thatsache selbst, dafs die Schöpfung der Betriebsämter sich als verfehlt herausgestellt hat, eine scharfe Kritik der früheren Verwaltung liegt, so fühlte sich der Minister Thielen in seiner vornehmen Denk weise bewogen, zunächst seinem Vorgänger grofse Lobsprüche zu spenden für die Energie und Ge schicklichkeit, mit der er unter sehr schwieriger. Verhältnissen die Neuorganisation der verstaat lichten Bahnen zur Durchführung gebracht habe. Er entwickelte sodann die Grundzüge der Neu regelung und die daraus entstehenden Erspar nisse, welche schon daraus hervorgehen würden, dafs ein Mindererfordernifs von nicht weniger als 1700 bis 2000 Beamten erwartet wird; für die entbehrlichen Beamten wird durch ein beson deres, in Aussicht gestelltes Gesetz Sorge ge tragen werden. Der Minister empfand offenbar selbst Freude darüber, dafs es ihm vergönnt war, dem Hause diese Vorschläge zu machen, dankte in dieser Freude seines Herzens sogar der Ober-Rechnungskammer, deren Entgegenkommen ihm die Beseitigung manches Zopfes gestatte. Sein Plan fand sodann auch bei den HH. Brömel und Schmitz-Erkelentz Gnade, so dafs man sagen kann, derselbe habe einmüthige Anerkennung gefunden; auch von einer Berathung in der Budgetcommission wurde Abstand genommen, da diese bei der Verhandlung über den Eisen bahnetat sich damit beschäftigt hat. Ein Punkt schien dem Abg. Dr. Beumer allerdings frag lich, nämlich ob die Maschinentechniker zu ihrem Recht kommen würden bei der beabsichtigten Vereinigung der Bau- und Betriebsleitung in der Hand von Bau- und Betriebsinspectoren, da aus ihrer Mitte auch Niemand zu der vorberathenden Commission hinzugezogen sei. Das diente dem ge nannten Abgeordneten weiter zur Anknüpfung für interessante Ausführungen über die Mifslichkeit der Trennung der Aufsicht über die Locomotiven von der über den übrigen Zug und zum Hinweis auf die nöthige Umgestaltung der Vorbildung für die höheren Bahnbeamten. Der Minister wehrte sich kräftig gegen die Bemängelungen, erkannte auch seinerseits die Nothwendigkeit einer andern Vor bildung für die Beamten an, bat aber, ihn nicht zu