Volltext Seite (XML)
vom General Wille vorgeschlagen, auf den aus einem Stück gewalzten Geschofsrumpf den ge schmiedeten oder geprefsten Kopf aufzuschrauben. Dieses Verfahren hat sich bei Geschossen gröfseren Kalibers seit Jahren gut bewährt. Sicherem Vernehmen nach sind jedoch von den M a n n es mannsehen Werken für andere Staaten Geschosse geliefert worden, bei denen, umgekehrt, der beim Schrägwalzen gebildete Boden durch Aus bohren des Mundlochs und äufserem Abdrehen zur Geschofsspitze ausgearbeitet und dann der Ge- schofsboden in das offene Ende eingeschraubt wurde. Die uns nicht bekannte Art der Ver schraubung erwies sich vollkommen gasdicht und sollen sich die Geschosse überhaupt bei Schiefsversuchen vortrefflich bewährt haben. Die ausgezeichneten plastischen Eigenschaften des Manne smannschen Flufsstahls, von denen die Kunstgegenstände in der kleinen Ausstellung in Berlin am Pariser Platz (Nr. 6) überraschende Beispiele liefern, lassen vermuthen, dafs der Ge- schofskopf vielleicht auch durch Einziehen des oberen Randes des cylindrischen Geschofs- körpers hergestellt werden könnte. Wir wissen nicht, ob dieses Verfahren bereits versucht worden und welche Ergebnisse man dabei erzielte. Wir bemerken, dafs die durch Schrägwalzen her- gestellten Geschofskörper noch kalibrirt werden. Ein Pressen oder Stanzen des Geschofsrumpfes in ähnlicher Weise, wie die Kartuschhülsen her gestellt werden, ist selbst für Geschosse gröfseren Kalibers ausführbar. Es werden sowohl die Flaschen für flüssige Kohlensäure, wie die auf 130 Atmosphären verdichteten Wasserstoff zum Füllen von Luftballons enthaltenden Flaschen auf diese Weise erzeugt. Aber dieses Verfahren soll nicht hinreichend leistungsfähig sein. In zwei Pressen sollen sich täglich etwa 500 Geschosse herstellen lassen, während eine Mannesm an nsehe Schrägwalzmaschine in gleicher Zeit 2000 Stück zu liefern imstande sein soll. Zur Führung durch die Züge darf das Geschofs in Rücksicht auf seine grofse Länge und den zuneh menden Drall nur ein kupfernes Führungsband nahe dem Geschofsboden, aber keinen vorderen Führungs ring, wie er bei gleichbleibendem Drall üblich ist, erhalten. In der Kruppschen Fabrik ist dies schon seit Jahren Gebrauch. Nach den Erfahrungen dieser Fabrik ist auch eine besondere Centrirung des Geschosses, wie sie noch heute durch An bringung eines Centrirungsringes oder einer Cen- trirungswulst hinter dem Geschofskopf gebräuchlich ist, nicht erforderlich. Die 4 Kaliber lange Zünder granate der K ru pp sehen Feldhaubitze hat 0,5 mm Spielraum zwischen den Zügen, dabei beträgt der Neigungswinkel der Geschofsachse zur Seelen achse 2,648 Minuten, 'eine Gröfse, welche er- fahrungsgemäfs auf die Regelmäfsigkeit der Ge- sehofsbewegung im Rohr keinen Einflufs aus zuüben scheint. Das Hauptgeschofs des künftigen Feldgeschützes soll das Shrapnel sein, und in der Ausrüstung der Batterie soll ihre Zahl etwa doppelt so grofs sein wie die der Granaten. Die nicht mehr zeitgemäfse Kartätsche soll ganz fortfallen. Die hierdurch dem Shrapnel beigelegte Bedeutung erklärt die grofse Sorgfalt seiner technischen Aus bildung. Das Shrapnel ist ein Fernstreugeschofs, seine Geschofshülle hat den Zweck, eine möglichst grofse Anzahl kleiner Kugeln bis nahe vor den Feind zu tragen, hier in der Luft zu zerspringen und seine Kugelfüllung frei zu geben, die nun mit zunehmender seitlicher Ausbreitung in der Richtung der Flugbahn auf den Feind fliegt. Diese Wirkungsweise enthält eine Reihe von Bedingungen, welchen die Einrichtung des Shrap nels Rechnung zu tragen hat. Die Kugelfüllung mufs, bevor sie den Feind trifft, eine gewisse Ausbreitung angenommen haben, zu welchem Zweck das Geschofs in einem gewissen Abstande vor dem Feinde und in einer gewissen Höhe über der Erde zerspringen mufs. Die das Geschofs zertrümmernde Sprengladung darf aber die Kugeln der Füllung nicht mehr seitlich zerstreuen, als nöthig, noch weniger aber aufhalten. Die Füll kugeln selbst müssen in Rücksicht auf die nöthige Durchschlagskraft eine gewisse Schwere und Gröfse haben, aber es liegt auf der Hand, dafs die gröfsere Anzahl Füllkugeln auch eine gröfsere Wirkung verspricht, womit der Gröfse der Kugeln eine Grenze gesetzt ist. Wir stehen hier, das ist keine Frage, einem recht complicirten Geschofs gegenüber, dessen Einrichtung darum in den einzelnen Heeren auch recht verschieden ist. Für das künftige Feldgeschütz wird sie etwa so gedacht: Der Shrapnelrumpf wird aus Stahl von wenigen Millimetern (vielleicht 4 bis 6) Wandstärke mit parallelen Längsrippen und einer kleinen Boden kammer für die. Sprengladung gefertigt. Zur Bodenkammer führt vom Mundloch eine vernickelte Stahlrohre als Mittelkammer. Die Sprengladung soll zur besseren Beobachtung des Sprengpunktes aus einem stark rauchenden Sprengstoff bestehen. Die heutigen Füllkugeln aus Weichblei haben zu geringe Festigkeit und verlieren dadurch an Durchschlagskraft; sie wiegen durchschnittlich 13 g und haben 13 mm Durchmesser; Hart bleikugeln gleicher Gröfse sind zwar formfester, wiegen aber nur 11 g. Das heutige 8,069 kg wiegende schwere Feldshrapnel enthält 262 Stück 13 g schwere Füllkugeln. Wenn nun das 7-cm- Shrapnel von 6,5 kg Gewicht etwa die gleiche Anzahl Füllkugeln von gleicher Durchschlagskraft erhalten soll, so mufs ein dichteres Metall gewählt werden. General Wille hat bereits in seinem Buch': „Wolfram-Geschosse“ (Berlin 1890, Eisen schmidt), vorgeschlagen, die Shrapnelfüllkugeln aus Wolfram zu fertigen, welches in eine Stahl blechhülle geprefst wird. Solche Wolframkugeln von 11 mm Durchmesser wiegen 11g und sind