Volltext Seite (XML)
864 Nr. 10. „STAHL UND EISEN.“ October 1891. schaftlichen Verhältnisse in beiden Gebieten ein solcher Vergleich wohl kaum unmittelbar durchführ bar sein dürfte und daher vor voreiligen Schlüssen daraus zu warnen sei. Nachdem hierauf noch Hr. Ingenieur Schaler aus Bochum eine Miltheilung über seine patentirte Schienenbefestigung mit federnder Unterlagsplatte gemacht hatte, be richtete der Schriftführer über eine von Hrn. Geh. Regierungsrath a. D. Plathner in Warmbrunn ein gesandte Abhandlung: „Betrachtungen über den ungarischen Zonentarif“, in welcher namentlich die finanziellen Ergebnisse desselben während des Betriebsjahres 1890 einer näheren Untersuchung unter zogen werden. Hr. Plathner ermittelt danach, dafs unter sachgemäfser Berechnung der Mehrkosten, welche infolge des gesteigerten Personenverkehrs entstanden, statt des angeblichen bedeutenden Mehrertrages gegen das Vorjahr ein Ausfall von etwa 11/2 Millionen Gulden anzusetzen wäre; wenn dagegen eingewendet werde, dafs in Wirklichkeit weder mehr Betriebsmittel an geschafft, noch die Zahl der Beamten vergröfsert worden sei, folglich auch keine Mehrkosten entstanden seien, so beweise dies nur, dafs die Bahn bis dahin nur sehr schwach ausgenutzt worden sei; ganz anders würde sich aber die Sache stellen, wenn ein solcher Tarif bei einer bereits voll ausgenutzten Bahn ein geführt würde. Auch ist Hr. Plathner der Ansicht, dafs die starke Zunahme des Personenverkehrs (um 80 bis 340 % gegen das Vorjahr) keineswegs, wie behauptet wird, die Folge der Befriedigung eines bis her unbefriedigten Verkehrsbedürfnisses sei, sondern lediglich ihren Grund in der Besiegung der Goncurrenz habe, also in der Ueberleitung eines schon vorhan denen Verkehrs von fremden auf die eigene Bahn; dieser Vortheil falle aber fort, sobald die anderen Bahnen ebenfalls zu ermäfsigten Preisen übergingen. Naturgemäfs werde durch eine Ermäfsigung des Personentarifs die Zahl der sehr kurzen Reisen nur zunehmen, da für längere Reisen eine solche Er mäfsigung einen zu geringen Bruchtheil der ohnehin aufzuwendenden Kosten ausmache. Iron and Steel Institute. Die Herbstversammlung des »Iron and Steel Institute« findet am 6. und 7. October in London statt. Am ersten Tage ist die Zusammenkunft im königlichen Arsenal in Woolwich. Vorgesehen wur den daselbst zwei Vorträge: „Ueber die Einrichtung der königlichen Waffenfabrik“ von W. Ander son, Generaldirector der Waffenfabrik, und „Ueber bei der Prüfung von Geschützen und Ge schossen im königl. Arsenal in Woolwich ver wendete Mefsinstrumente" von Capt. Holden. Dann erfolgt nach Einnahme eines Frühstücks eine gemeinsame Besichtigung der ausgedehnten Fabri- cationsräume. Acht Stunden sind im ganzen dem Besuche nebst Vorträgen gewidmet. Am Abend desselben Tages findet auch das ge meinsame »Annual Dinner« statt. Am folgenden Tage versammeln sich die Theil nehmer in den Räumen der »Institution of Civil En gineers«, woselbst folgende Vorträge gehalten werden sollen: Ueber die Fabrication von continuirlichem Blech aus schmiedbarem Eisen und Stahl, direct aus dem flüssigen Metall, von Sir H. Bessemer. Ueber die Fortschritte im Schiffbau material und Schiffbau an Hand der Ausstellung in der königlichen Schiff bau-Ausstellung (Royal Naval Exhibi tion). Von W. H. White. Ueber die Schmiedepresse. Von W. D. Allen. Ueber die Ausscheidung von Schwefel aus dem Eisen. Von J. Massenez. Ueber einebisher unbeschriebene Erschei nung bei dem Schmelzen von weichem Stahl. Von F. J. R. Carulla. Ueber den S i em en s - M ar t i n - Pr o c ef s in Oesterreich. Von Paul Kupelwieser.* Ueber den Adams-Procefs in den Ver einigten Staaten. Von J. D. Wecks. Ueber die Wärmewirkung im Puddelofen. Von Major Cubillo, Trubia, Spanien. Zum Besuche für die Theilnehmer am Meeting sind geöffnet: die königl. Münze, die königl. Hand waffenfabrik, die Eisenwerke, die königliche Werfte in Ghatham und Portsmouth. * Ist nach privater Nachricht bis zur Frühjahrs- Versammlung verschoben. (Red) Referate und kleinere Mittheilungen. Beschleunigung der Güterzüge. In dem reichhaltigen Jahresberichte der Handels kammer zu Halle a. d. Saale wird bei Besprechung des Wagenmangels auf den Eisenbahnen darauf hin gewiesen, dafs im Jahre 1889 ein Güterwagen 17192 km auf den deutschen Vereinsbahnen, dagegen 19037 km auf den österreichischen Bahnen zurückgelegt hat, und daran die Bemerkung geknüpft, dafs demnach die Leistung des Wagenparks unserer Eisenbahnen als eine geringe bezeichnet werden müsse. Es wird ferner die Frage aufgeworfen, weshalb die Eisenbahn verwaltungen sich nicht entschliefsen können, dem Gütertransport eine gröfsere Geschwindigkeit, etwa die doppelte als bisher üblich, zu ertheilen, da sich, selbst wenn die Leistungsfähigkeit der Güterwagen nur um die Hälfte der bisherigen erhöht würde, der herrschende Wagenmangel um ein Bedeutendes ver ringern liefse, auch gar nicht zu ersehen sei, welche durchschlagenden Gründe einer Beschleunigung der Güterzüge entgegenstehen könne. • Die Frage der Beschleunigung der Güterzüge ist allerdings von so grofser Tragweite und bisher so wenig einer öffentlichen Besprechung unterzogen wor den, dafs es von allgemeinem Interesse sein dürfte, darauf näher einzugehen. Was zunächst die Minderleistung der Güterwagen auf den deutschen Bahnen gegenüber den öster-