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Schriften über die chemische Zusammensetzung des Materials. Für Schiffbaumaterial werden von den ver schiedenen Gesellschaften folgende Ansprüche an Flufseisen gestellt: Bureau Veritas: Festigkeit 42 bis 50 kg, Dehnung 20 %. Englischer Lloyd: a) für Kessel: Festigkeit 41,0 bis 48,8 kg, Dehnung 20 %; b) für den Schiffbau: Festigkeit 44,1 bis 50,4 kg, Dehnung 16 %. Germanischer Lloyd: Festigkeit 41 bis 49 kg, Dehnung 20 %. Die Vorschriften, welche in Oesterreich und Deutschland für die Eigenschaften des Flufseisens bei der Verwendung im Brückenbau aufgestellt wurden, schlossen sich anfangs ziem lich enge an die entsprechenden englischen und amerikanischen Vorschriften an; insbesondere wurden die Festigkeitszahlen aus diesen Be dingungen übernommen. Dieser Umstand ist für Deutschland kein sehr glücklicher gewesen, da die Verhältnisse, wie sie bei uns liegen, in erster Linie auf den basischen Procefs zur Erzeugung des Flufseisens hinweisen, bei welchem Material sorten gewonnen werden, welche im allgemeinen weicher sind und niedrigere Festigkeitszahlen er geben, als in den englischen Bedingungen ver langt werden. Man ist zwar in der Lage, auch durch den basischen Procefs Flufseisen mit einer Festigkeit bis zu 50 kg zu erzeugen, wie solches in den englischen Bedingungen und für Schiffbau material verlangt wird, aber aus Gründen, welche ich Ihnen im Laufe dieses Vortrages darlegen werde, erscheint die Verwendung eines solchen Materials für Brückenbauzwecke nicht empfehlens- werth. Es hat sich denn auch in letzter Zeit die Ueberzeugung Bahn gebrochen, dafs die Qualitätsvorschriften entsprechend unseren deut schen Verhältnissen entwickelt und aufgestelll werden müssen, und die Fragen, welche An sprüche wir an die Qualität unseres deutschen Flufseisens zu stellen haben, damit dasselbe die jenige Gewähr für die Sicherheit eines Bauwerkes bietet, welche selbstredend verlangt werden mufs, wie hoch dieses Flufseisen in Bauconstructionen beansprucht werden darf und ob in Rücksicht auf diese Zahlen es wirthschaftlich vortheilhaft ist, Flufseisen anstatt Schweifseisen zu verwenden, sind es, welche heute die Kreise unserer In genieure auf das lebhafteste beschäftigen. In erster Linie ist natürlich zu erwägen, welcher Herstellungsart des Flufseisens der Vor zug zu geben ist. Man unterscheidet, wie Ihnen bekannt, einer seits Converter- und Marlineisen, andererseits das saure und basische Verfahren der Herstellung. Bei dem sauren Verfahren bleibt der Phosphor, welchen die zur Beschickung des Converters oder Martinofens verwendeten Materialien enthalten, im Eisen zurück, während bei dem basischen Verfahren der Phosphor in das basische Futter und die basischen Zuschläge übergeht und das Eisen somit entphosphort wird. Die Materialien, welche uns in Deutschland zur Beschickung zur Verfügung stehen, sind im allgemeinen nicht so phosphorfrei, dafs dieselben zur Herstellung eines guten Flufseisens auf saurem Wege verwendet werden können, so dafs zunächst für unsere Eisenindustrie es wirthschaftlich von Vortheil war, den basischen Procefs einzuführen. Würde sich freilich das auf basischem Wege gewonnene Flufs eisen als weniger gut, oder weniger zuverlässig als das saure Eisen erwiesen haben, so hätten allerdings die Rücksichten auf den wirthschaft- liehen Vortheil zurücktreten müssen gegenüber den Rücksichten auf die Güte und Zuverlässig keit des Materials, und wir hätten eben ver suchen müssen, wenn auch mit Opfern, möglichst phosphorfreies Eisen zur Herstellung des Flufs eisens zu beschaffen. Glücklicherweise hat sich aber gezeigt, dafs das basische Eisen nicht nur dem sauren nicht nachsteht, sondern demselben sogar bei weitem überlegen ist. In erster Linie ist diese Ueberlegenheit bedingt durch die gröfsere Weichheit des Materials. Ich werde später Gelegenheit haben, Ihnen durch Versuchsreihen nachzuweisen, dafs das weiche Flufseisen gegen die Einflüsse der mechanischen Bearbeitung, sowie gegen Temperatureinflüsse wesentlich unempfindlicher ist als härteres Eisen, dafs es also gerade diejenigen Eigenschaften besitzt, welche ein Material zur Verwendung zu Bauzwecken geeignet machen. Es gelingt nicht durch den sauren Procefs, ein Eisen von gleicher Weichheit herzustellen, und somit ist, darüber herrscht wohl heute kaum noch eine Meinungs verschiedenheit, für deutsche Verhältnisse, sowohl in Rücksicht auf die wirthschaftliche Seite, wie in Rücksicht auf die Güte und Zuverlässigkeit des Materials, zunächst das saure Convertereisen, sogenanntes Bessemereisen, dann aber auch im allgemeinen das saure Martineisen bei der Wahl der Materialsorte für Bauzwecke auszuscheiden. Ausnahmsweise wird man allerdings, wenn zu bestimmten Zwecken härteres Eisen verlangt wird, wie beispielsweise zu Auflagerconstructionen für Brücken, auch saures Martineisen verwenden. Zu allen vernieteten Constructionstheilen verdient aber das basische Eisen den Vorzug. Es fragt sich nun, ob basisches Converter eisen, sogenanntes Thomaseisen, oder basisches Martineisen zu wählen ist, und wird man sich hierbei für dasjenige Material entscheiden müssen, dessen Erzeugungsweise die gröfsere Gewähr für Zuverlässigkeit und Gleichmäfsigkeit bietet. Es ist Ihnen bekannt, mit welcher Heftigkeit sich der Procefs im Converter abwickelt und