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Juli 1890. .STAHL UND EISEN.“ Nr. 7, 635 Stuttgarter Polytechnikum enthüllte Büste soll ein Mal des Dankes sein, den der Verein deutscher Ingenieure Mayers Verdiensten zollt. Wenigen erleuchteten Geistern war es beschieden, die Grenzen ihrer Wissenschaft in schöpferischer That hinauszurücken. Robert Mayer hat mehr gethan. Newtons umfassendem Genius verwandt hat er das Gesetz gefunden, das unser gesammtes Wissen von der Natur, die ganze Welt des natürlichen Geschehens umfafst. Die gröfste That des Jahrhunderts auf naturwissenschaftlichem Gebiet, die Entdeckung des Satzes von der Erhaltung der Kraft ist Mayers Werk. Wie ein Leitstern steht dies Gesetz über unserm heutigen Denken, auch dem ferner Stehenden in einzelnen Strahlen erkennbar, der Wissenschaft selbst aber immer neue Pfade, neue Gebiete erleuchtend, neue Tiefen erschliefsend. Der Entdecker hat das mächtige Forschungsmittel, das er der Wissenschaft geschenkt, auch selbst gehandhabt. Das von ihm im Jahre 1842 gefundene mechanische Wärmeäquivalent ist die erste Frucht desselben. Und auf dieser Grundlage ist jene Thermodynamik erwachsen, deren Hülfe wir jetzt mit gleichem Erfolge bei den feinsten Fragen naturwissenschaftlicher Forschung wie bei der Ausgestaltung der riesenhaften Erzeugnisse moderner Technik anrufen. Im Lichte der neuen Wahrheit ist der Chemie die Thermochemie entsprossen, die berufen scheint, die Lehre vom Stoff endlich zu einer Mechanik der Atome zu machen. Die Meteorologie als Wissenschaft steht und fällt mit den thermodynamischen Principien. Astronomie und Geologie haben ein neues Organ gewonnen, das sie zu ungeahnten Blicken in Zukunft und Vergangenheit der Welten befähigt. Ja selbst die Wissenschaft vom Leben ist nicht leer ausgegangen; hat sich doch an physiologischen Fragen das Licht der neuen Erkenntnifs entzündet. Wie hoch aber auch der wissenschaftliche Werth der Mayerschen Entdeckung zu schätzen ist, nicht weniger grofs ist ihre Tragweite für die Praxis. Wissenschaft und Praxis stehen heutzutage in enger Fühlung und wir haben Beispiele genug, dafs ein wissenschaftlicher Fund eine industrielle Schöpfung bedeutet. Was Maschinenbau, Elektrotechnik, chemische und Eisen industrie der neuen Einsicht danken, liegt klar vor jedes Fachmanns Blicken. Mittelbar aber geniefst jeder Industriezweig deren Früchte. Denn seit Robert Mayer erst ist man zum vollen Verständnifs des Haupthebels unserer Cultur, der Kraftmaschinen, durchgedrungen. Was von einer Dampf-, Gas- oder calorischen Maschine erwartet und was nicht erwartet werden kann, wo die verbessernde Hand anzusetzen bat, wenn der wirthschaftliche Nutzen erhöht, der Kohlenverbrauch vermindert werden soll, das lehren Betrachtungen, die auf Mayers Gedanken ruhen. So stehen die moderne Naturwissenschaft, Technik und Industrie auf Robert Mayers Schultern und unabsehbar wirkt die befruchtende Kraft seiner Gedanken fort, uns täglich mit neuen Aufschlüssen, Erfindungen und Entdeckungen überraschend. Wahrlich, Bewunderung, Gerechtigkeit und Dankbarkeit in gleichem Mafse machen es der Nachwelt zur Pflicht, das Gedächtnifs des wunderbaren Genies durch ein würdiges nationales Denkmal zu ehren. Der unterzeichnete Ausschufs als der berufene Träger dieser Aufgabe hat, ermuntert durch den erfreulichen Umschwung der Verhältnisse, beschlossen, den Plan der Errichtung eines Denkmals für Robert Mayer in seiner Vaterstadt Heilbronn jetzt durchzuführen. Die Ausführung des von Professer Rümann in München angefertigten Entwurfes in Bronze und Granit bis zum Jahr 1892 ist dem genannten Künstler sowie den Architekten Eisenlohr & Weigle in Stuttgart bereits übertragen. Das Denkmal erhält eine Höhe von 5,44 m, wovon auf den Sockel 3,24 m, auf die Figur 2,20 m entfallen. Die Kosten belaufen sich auf 40 000 Ji, von denen etwa die Hälfte durch die bisherigen Sammlungen aufgebracht ist. Indem sich der Ausschufs an diejenigen Kreise wendet, bei welchen er vor allen Schätzung und Würdigung der unsterblichen Thaten des grofsen Heilbronner Denkers, des Galiläi des XIX. Jahr hunderts, erwarten kann, giebt er sich der angenehmen Hoffnung hin, dafs diese Kreise dem nationalen Unternehmen ihre thatkräftige Unterstützung nicht versagen werden. In diesem Sinn richtet der unterzeichnete Ausschufs an alle Leser dieser Zeitschrift die ergebene Bitte, ihm einen Beitrag für das nationale Denkmal zuzuwenden und in ihren Kreisen für weitere Sammlung thätig zu sein. Die Beiträge ersuchen wir zu senden an den Rechner unseres Aus schusses, Hrn. Apotheker Friedrich Kober in Heilbronn. Der Ausschufs für Errichtung eines Mayer-Denkmals in Heilbronn: Dr. Dürr, Professor, Vorsitzender. Betz, Fr., Dr. med. P. Bruckmann sen. G. Härle, Mit glied des Reichstags. Hauck, Commerzienrath. Heermann, Gomtnerzienrath. Hegelmaier, Oberbürgermeister. Fr. Kober, Apotheker. Köstlin, Director. Lang', Professor. Lempp, Oberförster. Dr. Otto. v. Rauch, Fr., Fabricant. K. Reibel, Commerzienrath. H. Rümelin, Bankier, v. Speidel, Präsident des Königl. Landgerichts. Widmann, Rector der Realanstalt. K. Wolf sen., Fabricant.