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-840’ Nr. 9. STAHL UND EISEN.“ September 1890. Ignoranten, die sich mit der Handhabung des Mikroskops begnügen und so thöricht sind, diese Stäbchen, an denen doch keine Begattungs organe wahrzunehmen sind, zu verkennen. Denn was sollen diese vermeintlichen Bacillen denn anders sein, diese gewöhnlich langgestreckten Rauten, Spiefse und Nadeln als „Producte der chemischen Zersplitterung von Bluteiweifs", diese sechseckigen Hämoglobinkrystalle. Adieu denn Bacteriologie. Die schönsten Blüthen triebe mit von Hensel- scher Mystik und Afterlogik ist seine Verall gemeinerung des Begriffes „Glas“. Aus den seiten langen Ausführungen über Glas will ich nur ganz hervorragende Stellen citiren und auszüglich wiedergeben. „Wenn ein Material die (diese) Bedingungen erfüllt: aus mindestens 3 Aschen zu bestehen, homogen zu sein und das Licht zu reflec- tiren, auch durchsichtig zu sein, und ferner hart, dafs man sich damit schneiden kann, so steht physikalisch nichts im Wege, es als Glas anzusprechen.“ „Drei Aschen! — Die allervollendetste 'Glas mischung wird erzielt, dafern die 3 Aschen aus dem gleichen Stoff bestehen, z. B. Kieseloxyd. Das ist Tridymit oder Quarz, der in seiner schönsten Klarheit den Bergkrystall liefert. Man verfertigt daraus Brillengläser durch einfaches Schleifen. Also ist der Bergkrystall unbestritten ein Glas.“ (!) Mutatis mutandis ist auch Borax ein Glas, auch das Alaun, ferner das „schwefelsaure Kali, welches ein Alaun ist, worin noch einmal Kaliumoxyd an der Stelle von Aluminiumoxyd steht. Wenn man es schüttelt, klingt es genau so, wie Glasscherben klingen.“ Nach noch ein paar ähnlichen Anologieen kommt an die Reihe ein — Hornlöffel! Denn da dieser „durchsichtig ist wie ein Glas, und ein Hornmesser Aepfel schneidet wie Glas, auch ein Büffelhorn sticht wie Glas, und mehr als 3 Aschenarten im Horn enthalten sind, so sind auch Horn und Sehnen faser als spröde Glasmassen anzusprechen. „Und jetzt nach dieser Richtung den letzten Schritt!“ sagt Hensel S. 118. „Ein Glas aus 6 Metallaschen (Aschen des Wasserstoff-Metalls) mit spiegelnden Flächen, durchsichtig wie die Luft, homogen wie Bergkrystall und schneidig wie Glas — c’est la glace! Es ist das spiegelnde Eis, welches Brückenpfeiler und Schiffswandungen zerschneidet; es ist der sechs seitige Schneekrystall; es ist im sonnenbeschie nenen Zustand das Wasser.“ — „Solche »Reflexionen«“ — sagt Hensel S. 120 — „nennt man wissenschaftlich »Abschweifungen vom Wege«: ich möchte sie aber lieber als am Wege gepflückte Blumen angesehen wissen.“ Glücklicherweise oder leider steht der Preis von JI 12 bezw. • 13,50 einer grofsen Verbreitung des Buches entgegen. Auf den „Chemiker“ Hensel deucht mir muta tis mutandis — und sans comparaison ein Aus spruch des sarkastischen Maestro Rossini an wendbar. Dieser soll nach der Erstaufführung eines Berliozschen Werkes ausgerufen haben: „Welch ein Glück, dafs dieser Mensch nicht Musiker geworden ist!“ E. C.