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750 Nr. 8. „STAHL UND EISEN.“ August 1890. sich anderswo nicht vorfinden, gehören zu den Entenfufsarten, den Kastanienarten, den Wasser pflanzen u. s. w. In Californien hat sieh die Wellingtonia oder Sequoia gigantea, welche häufig mit dem Namen mammoth tree oder big tree getauft wird, als eine der Wunderlichkeiten der Neuen Welt ent wickelt. Wenn man von San Francisco einen Ausflug nach Yosemite Valley macht, so sieht man diese riesenhaften Bäume, welche oft 25 bis 30 m Umfang haben und deren Höhe etliche hundert Fufs beträgt; was ihr Alter anbetrifft, so kann dasselbe auf drei- bis viertausend Jahre geschätzt w erden. Im Nordwesten, mitten in den Waldungen von Oregon, findet man nicht selten Fichten von riesenhaften Abmessungen, und Reisende haben solche gefunden, deren Höhe über 100 m betrug. Diese riesenhaften Bäume und die Pflanzenwelt in der Zone der Waldungen bilden einen auf fallend schroffen Gegensatz zu der sich auf mehrere tausend Kilometer erstreckenden Prairie. Dieselbe bildet eine fast ebene Fläche, welche mit spär lichen Kräutern bedeckt und nur von durch die Arbeit der Gewässer entstandenen Spalten durch schnitten ist. Sie verlangt eine neue Bebauung. Unter den amerikanischen Gewächsen wollen wir die Baumwolle, den Mais und die Kar toffel erwähnen, welche uns schon vor langen Jahren aus der Neuen Welt gebracht wurden. Da die Temperatur, mit Ausnahme derjenigen einzelner südlicher Gegenden, keine übermäfsig hohe ist, so sind die aus Europa eingeführten Pflanzen im allgemeinen gut angeschlagen, und haben daher die ersten Ansiedler im neuen Lande viele Pflanzen, welche ihnen bequem, angenehm oder nützlich waren, einbürgern können. Speciell in Californien, auf welche Gegend die Aufmerk samkeit infolge der Fruchtbarkeit des Untergrun des gelenkt wurde, hat sich der Ackerbau bedeu tend entwickelt. Dort weifs ein fleifsiges Volk den vorzüglichen Boden, welcher oft zwei Ernten im Jahre gestattet, in entsprechender Weise aus zunutzen. An der Küste des Stillen Oceans kann die Flora der ganzen Union fast vollständig studirt werden: dies ist sowohl durch ihr Klima als durch die Bodenbeschaffenheit gegeben. Aus diesem Studium wird man aber leicht den Reichthum eines Staates begreifen, welcher im Norden die Waldungen eines Oregon besitzt, und im Süden über tropische Pflanzenwelt verfügt. Die bei den Pflanzen gemachten Mittheilungen Anden auch auf die Thiere Anwendung; neue Gattungen sind zu den einheimischen zugekommen und müfsten erstere aufser Acht gelassen werden, um das eigentliche Wesen der ursprünglich ameri kanischen Fauna feststellen zu können. Indessen macht eine Thatsache sich geltend, mit welcher man sich bei der Pflanzenwelt nicht zu beschäf tigen hat. Wir meinen damit den Zerstörungs krieg gegen gewisse Arten, wodurch letztere dem nächst wohl gänzlich verschwinden werden. Bald wird es, um die ursprüngliche Lebenslehre festzustellen, nicht mehr genügen, die Auswahl unter den bestehenden Elementen zu treffen, sondern es wird aufserdem auch ein Rückblick auf die Vergangenheit geworfen werden müssen. Die in den Vereinigten Staaten lebenden Vö gel haben im allgemeinen nicht den glänzenden Schmuck der Vögel aus Central- oder Süd-Amerika, und erst indem man sich nach dem Süden wen det, trifft man bei den mexikanischen Vögeln ähn liche Typen. Es seien einige charakteristische Arten kurz erwähnt: zunächst der Eisvogel in nur einer Gattung; der Spottvogel, welcher viel weniger ironisch ist, als die Sage geht; eine besondere Gattung von Papageien, deren Krächzen aufser- ordentlich intensiv ist und deren Gröfse diejenige der europäischen Gattungen bedeutend übersteigt; alsdannGrasmücken, Fliegenschnäpper, Bachstelzen, von welchen über 70Sorten vorhanden sind. Hierher gehört auch noch ein Stamm von sogenannten Holzhauern oder Baumläufern, aus 16 Gattungen bestehend, welche eine Besonderheit Nord-Amerikas zu bilden scheinen. Die Sumpfvögel, die Palmipeden (plattfüfsige Vögel mit Schwimmhäuten) sind ziemlich zahl reich; sie wandern während der schönen Jahres zeit nach Norden und halten sich im Winter in Californien auf. Die Tauben sind in acht Gattungen vertreten, und ist ihre Verbreitung eine bedeutende. Der Naturforscher Audubon wohnte eines Tages an den Ufern des Ohio einem Fluge dieser Vögel bei; in zwanzig Minuten zählte derselbe 163 Kolon nen und schätzte das Streichen auf 2 Milliarden Exemplare. Das Rothwild hat zwar bedeutend abgenommen, ist aber trotzdem noch ziemlich vertreten, ferner findet man den Bär, Wolf, canis felis, meles, mustela, dreifarbigen Fuchs (hit-fox) u. s. w. Zwei dieser Thiere verdienen hier besonders erwähnt zu werden: der Waschbär und der Graue Bär, ersterer wegen seiner sonderbaren Gewohnheit, nichts zu fressen, ohne es vorher in Wasser ein- geweicht zu haben, und der zweite wegen seiner Gefährlichkeit. Der Grizzly wird sowohl seiner Kraft wie auch seines Naturtriebs wegen als der schrecklichste Feind, dem man begegnen kann, geschildert, und gilt die Klaue des Grauen Bärs deshalb bei den Rothhäuten als eine geschätzte Siegestrophäe. Unter den Nagethieren findet man häufig das Eichhörnchen, das Murmelthier, den Springhasen, das Opossum oder Virginische Beutelthier, von welchem der Pelz sehr gesucht ist. Was den Biber anbetrifft, so wird er von Tag zu Tag in dem Mafse, wie sich die Civilisation entwickelt, mehr verdrängt, und derselbe verschwindet all mählich infolge der lebhaften Jagd, welche auf ihn ausgeübt wird; heutzutage sind die von demsel ben bewohnten Landstriche zwischen Hudson und Oregon noch vereinzelt vorhanden, während man ehedem diesen Thieren bei jedem Schritt begegnete. Nach den sumpfigen Dörfern des Bibers ist es interessant, die Wohnstätten der Prairie-Hunde (arctonys), welche den Namen dogtowns führen, zu sehen. Diese Thiere bauen auf dem Felde förmliche Hütten, wohin sie sich nöthigenfalls flüchten, obschon sie wenig furchtsam sind, da sie sich in der Nähe der Eisenbahn aufstellen und den Zug ruhig vorbeifahren lassen. Die Nage- thiere sind ferner noch durch ein besonderes Kaninchen (cotton tail), sowie durch 17 Gattungen von Hasen vertreten, unter welche der Flöthase gehört. Was den Büffel anbelangt, so wird derselbe bald nur noch in der Erinnerung bekannt sein: die Jäger führen gegen ihn einen erbitterten Krieg, und ihre Anzahl hat sehr bedeutend abgenom men. Die grofsen Herden dieser Thiere, welche in der Prairie herumwanderten, sind zerstreut, und durch zahme Ochsen, welche zum Zwecke der Ernährung der Menschen gehalten werden, ersetzt. Nach und nach verschwinden die charakteri stischen Rassen, sei es, dafs dieselben, wie z. B. bei dem Biber, aus Habsucht vernichtet werden, oder dafs die Gattung, wie bei dem Grauen Bär, überhaupt ausgerottet werden soll. Der Mensch beschützt diejenigen Thiere, welche ihm nützlich sind, auf Kosten der übrigen, welche vielleich