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Die Vereinigten Staaten von Nordamerika. (Fortsetzung aus Nr. 7.) OSo Die Gewässer haben, indem sie fortwährend denselben Lauf verfolgten, von dem Gebirge, auf welchem sie herabrollten, Korn für Korn weggeführt und zeigen uns die dadurch gebildeten gewaltigen Gräben an ihren nackten Wänden die zebraartigen, von den verschiedenen Lagerschichten herrührenden Streifen, welche bald schwarz, bald weifs, bald roth, aber stets unregelmäfsig einge schnitten sind und welche den Glanz vieler Jahr hunderte enthalten. Dort zeigen sich die Erd schichten als geologische Querschnitte und bieten so ein wunderbares Naturwerk, zu welchem ein Flufs als Werkzeug diente. Neben diesen Gräben (Cafions) erwähnen wir noch die Wunderlichkeiten des Göttergartens, die Colorado-Nadeln. Der mitunter von dünnen, von einer früheren Bildung stammenden, Steinplatten bedeckte Boden ist überall, wo er von einer andern Felsart nicht geschützt war, durch den Hegen abgespült worden. Indem die Steinmassen den von ihnen bedeckten Boden schützten, haben sie letzteren verhindert, unter der Einwirkung der Gewässer zu zerbröckeln, während in geringer Entfernung davon die Schichtung in Trümmern weg ging und die Thalsohle eine allmähliche Sen kung erfuhr. Es haben sich dadurch lange, am oberen Theile mit Felstafeln bedeckte Nadeln ge bildet, welche bei der gewaltigen Höhe einen pittoresken Anblick darbieten. Neben solchen zerstörenden Einflüssen existiren schöpferische, z. B. resultiren aus solchen die Anschwemmungen des Mississippis, dessen mit Schlamm gesättigte Gewässer täglich bedeutende Anspülungen dem Mexikanischen Meerbusen zu führen. Die Tiefe dieser Seestriche beträgt nicht über 30 m, und steigt die schwache Fluth nicht über 30 bis 40 cm. Der Flufs enthält 0,0625 °/o Schlamm und führt jährlich 28000000 cbm aus Felsentrümmern und organischen Ueberresten gebildete Stoffe aus dem Boden seines Beckens durch sein Bett dem Meere zu. Die Delta-Bildung hat eine Länge von 320 km, und die angeschwemmte Fache ist über 32000 qkm grofs. Eine der Merkwürdigkeiten der Delta - Bildung bietet die Erscheinung der mud-lumps, einer Art von schwimmenden und schlammigen Inseln, deren Ursprung man sich nicht gut erklären kann. Gewisse Naturforscher haben darin dem angeschwemmten Boden entrissene Bruchstücke sehen wollen, welche unter dem Einflufs der, durch Gährung der organischen Stoffe gebildeten Gasentwicklung entstanden sind. Indessen ist diese Hypothese nicht gut annehmbar, da ihre Zusammensetzung von derjenigen, durch den Flufs zugeführten Masse verschieden ist. In den Vereinigten Staaten nimmt die Wir kung der unterirdischen Thätigkeit einen beach- tenswerthen Rang ein. Gewisse Gegenden haben häufig von Erdbeben zu leiden, so ist z. B. San Francisco oft von heftigen Erderschütterungen heimgesucht worden. In Yellowstone national park, dem Heiligthum der amerikanischen Nation, hat Hayden die heifsen Springquellen untersucht und das vulkanische Wesen der Gegend festgestellt. Dort treten bei einer Höhe über dem Meeresspiegel von 2000 bis 2500 m über 10000 bald ruhige oder kochende, bald sprudelnde und intermittirende warme Quellen zu Tage. Ihre hohe Temperatur (70° bis 94° C.), sowie die kalkigen Niederschläge, welche sie in kurzer Zeit hinterlassen (Liberty Cap), beweisen, dafs unterirdische Kräfte in diesen Gegenden in lebhafter Thätigkeit sind. Pflanzen vnd Thiere. Die Pflanzen- und Thier welt der Vereinigten Staaten hat sowohl beson dere Gattungen, als auch solche, welche mit an deren Ländern gemeinschaftlich sind. Die ört liche Gegend giebt heute ein falsches Bild, wollte man sich vorstellen, dafs die Arten der dort befindlichen Organismen immer dort lebten. Der Mensch hat durch viele Verpflanzungen in hohem Mafse nachgeholfen, welche gute Früchte zu Gun sten und zur Bequemlichkeit der Bewohner ge tragen haben. Als Giesebach nach eingehendem Studium bei der Vertheilung des Pflanzenreiches auf der Erdoberfläche unserm Planeten 24 Regionen zu erkannte, widmete er drei derselben den Ver einigten Staaten, und zwar diejenige der nörd lichen Waldungen, der westlichen Prairieen und der Californischen Küste. Diese Klassificirung hat den Fehler, dafs sie zu absolut ist und nur auf einer beschränkten Anzahl Unterscheidungs- Merkmale basirt. Unzweifelhaft bietet die Pflan zenwelt der südöstlichen Provinzen , wo Baum wolle gewonnen wird, nicht dieselben Unterschei dungs-Merkmale, wie diejenige von Arizona oder von Maine, ferner liefern die Ebenen von Texas andere Producte, wie den Grofsen Seen nahe gelegene Gegenden, ebenso wie der Ackerbau in der Nähe von San Diego von dem bei den Mor monen üblichen aufserordentlich verschieden ist. Die geographische Breite, die Höhe über dem Meeresspiegel, die Natur des Bodens und seine Gestaltung sind ebensoviele Faetoren, welche in Berücksichtigung gezogen werden müfsten; wollte man das Territorium der Union in Bezug auf die Pflanzenwelt in Regionen ein- theilen, so würde die Zahl derselben eine unend lich grofse werden. Einige Gattungen, welche VIII,10 10