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August 1890. STAHL UNI) EISEN.“ Nr. 8. 719 Alle einzelnen Platten, Winkel, Wulste u.s. w. des zur Abnahme bestimmten Materials müssen vor der Prüfung desselben in deutlich erkenn barer Weise mit der Marke des Fabricanten und den der Bestellung entsprechenden Nummern und Merkzeichen versehen sein, aus welchen ihre Bestimmung zu ersehen ist. 2. Behufs Erleichterung der Abnahme sind sämmtliche Platten, Winkel u. s. w. aus Stahl mit einer Nummer oder einem Zeichen zu ver sehen, aus welchem sich ihr Ursprung oder die Charge, zu welcher sie gehören, erkennen läfst. 3. Die Walzwerke müssen dem mit der Prü fung des Materials betrauten Beamten auf Ver langen eine Einsicht der Chargenhefte gestatten, um es ihm dadurch zu ermöglichen, den Ur sprung der einzelnen zur Prüfung gelangenden Stücke zu ermitteln. 4. Sind die Brammen, aus welchen das Ma terial gewalzt wurde, nicht auf dem Walzwerk selbst producirt, so sind dem mit der Prüfung des Materials betrauten Beamten auf Verlangen ein Attest über die Herkunft des Materials, sowie die Resultate der damit erzielten Chargenproben zur Einsicht vorzulegen. 5. Der vom »Germanischen Lloyd« mit der Prüfung des Materials betraute Beamte ist ange wiesen, sich — soweit dieses in der Praxis möglich ist — davon zu überzeugen, dafs den Bestimmungen dieses Reglements von Seiten des Walzwerks entsprochen worden ist, indem er die von letzterem vorher schon vorgenommenen Prüfungen des Materials in nachstehend ange gebener Weise controlirt. 6. Von einer Partie oder einem Stapel von je 50 oder einer geringeren Anzahl „Platten, Winkeln u. s. w.“ von annähernd gleicher Dicke ist mindestens eine Platte, ein Winkel u. s. w. von dem Experten behufs Vornahme der Prü fung, resp. Entnahme der Probestücke aus- zuwählen. Die vom Experten zur Prüfung gewählten „Platten u. s. w.“, sowie die denselben entnom menen Probestücke sind von ihm persönlich mit einem besonderen Stempel zu versehen, unter Hinzufügung des Datums, an welchem die Prü fung vorgenommen wurde. Auch hat derselbe, soweit dies die Umstände irgend gestalten, die Zubereitung der Probe stücke bis zum Beginn der Probe zu controliren. 7. Die Probestücke sind zuerst den Zerreifs- und Dehnungsproben zu unterwerfen. Genügt das Probestück nicht den Bedingungen, so kann ein zweites Probestück von derselben Platte der gleichen Probe unterworfen werden. Entspricht auch dies nicht den Abnahme-Bedin gungen, so darf, nach dem Ermessen des Experten, ein Probestück aus einer andern Platte des Stapels geprüft werden. Genügt auch dies letztere nicht den Abnahme-Bedingungen, so ist der ganze Stapel zu verwerfen. 8. Platten, Winkel, Wulste u. s. w. aus Stahl, welche bei den Zerreifsproben den Ab nahme-Bedingungen entsprochen haben, sind der Härtungsprobe zu unterwerfen. Entsprechen sie dabei den Abnahme - Bedin gungen nicht, so sind alle Platten, Winkel, Wulste u. s. w., welche aus derselben Charge herrühren, zu verwerfen und die Proben aus dem Rest des Stapels zu wiederholen. 9. Ergeben die Biege- und Schmiedeproben kein den Abnahme - Bedingungen entsprechendes Resultat, so hat der Expert mit der Prüfung des Materials, resp. mit der Wiederholung dieser Proben fortzufahren, bis er sich ein sicheres Urtheil darüber gebildet hat, ob der betreffende Probestapel zu verwerfen ist oder nicht. 10. Sämmtlichen Platten, Winkeln, Wulsten u. s. w., welche den Abnahme-Bedingungen ent sprechen, ist der Stempel J. unter Aufsicht eines Ingenieurs, Werkmeisters bezw. Walzwerks- beamten des Fabricanten aufzudrücken, wodurch erklärt wird, dafs der betreffende Stapel von einem Bevollmächtigten des Germanischen Lloyd geprüft und den Vorschriften der Gesellschaft entsprechend befunden worden ist. Sollte etwa durch Irrthum auf nicht probe- mäfsige Stücke der Stempel H gedrückt sein, so sind die betreffenden Stempel unter Aufsicht eines Ingenieurs des Fabricanten durch Körner schläge in Form eines Kreuzes zu vernichten, worüber ein Protokoll aufzunehmen und dem Germanischen Lloyd einzusenden ist. 11. Findet die Abnahme des Materials aus nahmsweise nicht auf den Walzwerken, sondern auf den Schiffswerften statt, so finden die vor stehenden Bestimmungen den Verhältnissen ent sprechende Anwendung. Berlin, im Juli 1890.