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August 1890. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 8. 711 diejenigen im Bruchmoment. Dasselbe Verhalten zeigte sich auch in höheren Wärmegraden; bei welcher Temperatur und für welche Stahlsorte die Spannung im Bruchmomente auch ermittelt wurde, sie erwies sich stets gröfser als die unter der Höchstlast. Elasticitätsgrenze. Die Grenze wurde dann als erreicht an genommen , wenn unter gleichen Laststufen ein merkbarer Zuwachs in den zugehörigen Deh nungen eintrat. Es stellte sich heraus, dafs die Elasticitätsgrenze mit steigender Temperatur be ständig sinkt. Bei mäfsigen Wärmegraden war die Grenze gut erkennbar, bei höheren wurde ihre Lage infolge der allmählichen Abänderung in den Dehnungsbeträgen oft ungewifs, sie liegt bei höherer Temperatur wahrscheinlich sehr niedrig. So war z. B. bei Stahl la, wenn die Elasticitätsgrenze bei 20° mit 100 bezeichnet wird, dieselbe bei 170° auf 88, bei 260° auf 76, bei 500° auf 49 heruntergegangen. Querschnittsverminderung. Beim weichen und mittelharten Stahl war die Querschnitts-Verminderung zwischen 200 und 300° kleiner als bei gewöhnlicher Tem peratur, und der Bruch erfolgte in diesem Be reich zumeist schief zur Achse, als wenn ein Ahscheeren in dieser Richtung stattgefunden hätte, Erscheinungen, welche mit der oft be merkten Sprödigkeit des Materials bei diesen Wärmegraden in bemerkenswcrther Weise über- einstimmen. Die härteren Stahlsorten zeigten bis 260° unveränderte Querschnitts-Verminderung, bei höheren Graden nahm sie zu. Die Sorten 8 a, 9a und 10a bildeten insofern eine Ausnahme, als sie zwischen 600 und 650° eine geringere Querschnitts-Verminderung zeigten. Bei den höchsten Temperaturen zogen sich einzelne Stäbe fast zu Spitzen aus, ehe der Bruch eintrat. An Stäben mit grofscr Querschnitts - Ver minderung, die bei hoher Temperatur geprüft wurden, konnte festgestellt werden, dafs der Bruch nicht auf einmal erfolgt war, sondern in der Mitte des Querschnittes begonnen und erst darnach sich bis zum Rand fortgesetzt hatte. Ein Versuch bei etwa 800° wurde, als die Querschnitts - Zusammenziehung 94 % erreicht hatte, unterbrochen, beim Wegfeilen des äufseren Materials fand sich an der Stelle der gröfsten Zusammenziehung eine Höhlung in der Stab mitte vor. Ausdehnung während des Versuchs und nach dem Bruch. Die Dehnungen unter der Last wurden an nähernd durch Messungen zwischen zwei Marken auf den Einspannklauen der Maschine bestimmt. Die nach dem Bruch gemessenen Verlänge rungen waren am gröfsten bei Versuchen bei gewöhnlicher Temperatur, trotzdem unter höheren Wärmegraden das Metall geschmeidig wird und sich mit dem Hammer bearbeiten läfst. Es scheint aber dann doch nicht mehr die genügende Festigkeit zu besitzen, um eine grofse Dehnung seiner Theilchen entwickeln zu können. Beim Ueberschreiten der E.-Grenze zeigte sich im allgemeinen ein Sinken der Spannung, zugleich mit starkem Dehnungszuwachs, ent sprechend dem bekannten Knick der Schaulinie an dieser Stelle. Ganz eigenthümlicher Art war das Verhalten einiger zwischen 100 und 200° geprüfter Stäbe, insofern sie abwechselnd geringe Dehnung, verbunden mit schnell wachsender Spannung, und gleich darauf nur sehr langsame Spannungszunahme, dafür aber gröfsere Dehnung aufwiesen. Die Schaulinie verlief in einem solchen Falle also mehrfach gebrochen, gewissermafsen zickzackförmig (siehe die Linie — • — • — in Fig. 3). Es wird erwähnt, dafs auch die zu sammenziehende Kraft, welche die Stäbe beim Abkühlen von hohen Temperaturen entwickeln, als fallender Temperatur auftretenden Spannungs wechsel lassen auf einen ganz eigenthümlichen Zustand des Metalls innerhalb dieses Temperatur bereiches schliefsen. Ist mit wachsender Tem peratur dieser kritische Zustand des Metalls überschritten, so streckt es immer schneller, je näher die Belastung der Festigkeitsgrenze kommt.