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4 und sehr beachtenswert sei auch der Umstand, dass die angezogenen Aeufserungen der berufensten Fachleute nicht etwa pro domo ge macht seien, sondern als unparteiisch anerkannt werden müssten, einzig und allein zu dem Zwecke gemacht, eine fachwissenschaft- Hohe Klärung der Frage herbeizuführen, welches der beiden Kessel systeme im allgemeinen, d. h. ohne Rücksicht auf örtliche Verhält nisse, vorzuziehen sei. Von den im Vortrage genannten Fachleuten sei immer nur allgemein von Wasserrohrkesseln gesprochen; die vorgeworfenen Mängel seien also nicht nur auf ältere, fast beseitigte Systeme bezogen, sondern auf alle, auch die neueren. Jene Fach leute vermöchten sehr wohl zwischen den einzelnen Systemen, den älteren und den neueren, zu unterscheiden; um so mehr müsse aus dem Umstand, dass kein Wasserrohrkessel "in den Danziger Aeufse rungen als rühmende Ausnahme hingestellt worden sei, der Schluss gezogen werden, dass die geäufserten Meinungen alle Arten von Wasserröhrenkesseln treffen sollten. Gegenüber Hrn. Dürr stellt Hr. Knaudt fest, dass die Frage der Wasserröhrenkessel in dem Danziger Bericht etwa 10 Seiten einnimmt,, von welchen er etwa 9 Seiten wörtlich mitgeteilt habe. Die zehnte Seite setze sieh aus mehreren kleineren, in die ange führten Aeufserungen eingestreuten Bemerkungen zusammen, welche kein allgemeines Interesse hätten, vor allen Dingen aber ein irgend wie günstiges Urteil über Wasserröhrenkessel nicht enthielten. Der Ansicht des Hrn. Büttner, dass durch eine Wand von 3 bis 4 mm Dicke wesentlich mehr Wärme übertragen werde als durch eine solche von 20 bis 24mm, tritt Hr. Knaudt mit der Be hauptung entgegen, dass der schädliche Einfluss der gröfseren Wand dicke vielfach bedeutend überschätzt werde. Die Wärmedurchlass- fähigkeit eines Bleches nehme in einem so aufserordentlich gerin gen Mafse mit der abnehmenden Wanddicke zu, dass die durch diesen vermeintlichen Vorzug der dünneren Wandstärke hervorg- rufenen Vorteile auf die gesamte Wärmeausnutzung thatsächlich von fast gar keinem Einfluss seien. Als Beweis dafür könne u. a. der demnächst erscheinende Bericht der Prüfungskommission der Elek trotechnischen Ausstellung in Frankfurt a M. 1891 gelten, weil gerade dort ein Grofswasserraumkessel von 25 mm Manteldicke, kon- zessionirt für 12 Atm. Ueberdruck, die beste Wärmeausnutzung bei gleichzeitig gröfster Anstrengung pro Quadratmeter Heizfläche gegen über einer gröfseren Anzahl dünnwandiger Wasserröhrenkessel er geben habe. Hr. Vetter wundert sich darüber, dass nur die Aeufserungen einiger weniger Herren angeführt worden seien, während doch die Vorstände vieler üeberwachungsvereine auf der Versammlung in Danzig und auf den Ausstellungen anwesend waren Es seien eben jene Herren, deren Urteile wiedergegeben wurden, Liebhaber von Grofswasserraumkesseln. Auf eine Verdampfung von 12 bis 16 kg, die nach dem Vor trage als höchste Leistung für Wasserohrkessel anzunehmen sei, werde man sich nur bei Betrieb von Dreicylindermaschinen be schränken, um möglichst trockenen Dampf zu erhalten. Die Flammrohrkessel liefern bei hoher Beanspruchung ebenso nassen Dampf wie die Wasserrohrkessel und seien nicht minder starker Abnutzung unterworfen. In einem dem Redner bekannten Falle sei z. B. ein Cornwall-Kessel bei 35 kg/qm Verdampfung in nerhalb 11/2 Jahren vollkommen aufgezehrt werden. Die Angaben aus dem Danziger Protokoll, dass die Reinigung der Wasserrohrkessel eine ungleich längere Zeit erfordere als die der Flammrohrkessel, in einzelnen Fällen 4 bis 6 Wochen, seien nicht zutreffend. Ein Wasserrobrkessel neuer Konstruktion von grolser Heizfläche lasse sich auch bei nicht ganz gutem Wasser in 4 Tagen vollständig reinigen. Eine Ausnutzung der Wärme von nur 60 pCt, wie sie das Danziger Protokoll für den Wasserrohrkessel angiebt, sei nicht richtig. Aehnliche niedrige Ausnutzungen treten beim Cornwall- Kessel ein, wo die Heizgase mit 380° bis 400° Fuchstemperatur ab gehen. Um diesen hohen Wärmegehalt der abgehenden Verbren nungsgase noch auszunutzen, werden gerade bei den Flammrohr kesseln Dampfüberhitzer eingebaut. Beiden Wasserrohrkesseln sei eine konstante gleich hohe Wärme ausnutzung möglich, da die Röhrenoberflächen durch stetes Ab blasen der Flugasche immer rein gehalten werden könnten. Das Vorurteil gegen die Wasserrohrkessel sei auf alte Kon struktionen zurückzuführen, wie sie vor 10 bis 20 Jahren eingeführt wurden. Die neueren Konstruktionen seien den Flammrohrkesseln min destens gleichwertig. Der Redner bemerkt, dass ihm sogar ein Fall bekannt sei, wo zwei ganz neue Corn wall-Kessel wegen schlechter Verdampfung herausgerissen und durch Wasserrobrkessel ersetzt wurden. Er giebt allerdings auch zu, dass die Wahl des Kessel systems von den örtlichen Umständen abhange, und dass in ge wissen Fällen der Cornwall-Kessel unbedingt erforderlich ist. Hr. Knaudt bittet den Vorredner um nähere Angaben über die angeführten Beispiele, wo ein Cornwall-Kessel innerhalb 1 1 2 Jahren aufgezehrt und zwei neue Cornwall-Kessel herausgerissen worden seien. Er erwähnt, dass derartige Vorfälle nur dann als Beweis gelten könnten, wenn sie mit allen begleitenden Nebenumständen und Einzelheiten klargestellt seien, sodass auch dritte Personen nach den gemachten Angaben imstande wären, zu ergründen, ob nicht etwa aus den beobachteten Thatsachen irrtümlicherweise falsche Schlüsse gezogen seien. Zu hohe Fuchstemperaturen bei Grofswasserraumkesseln ent ständen immer da, wo zu viel Brennmaterial im Verhältnis zur wirksamen Kesselheizfläche verbrannt würde. Es liege dabei immer ein Fehler in der Wahl der Gröfsenverhältnisse der Kesselanlage vor; und selbstverständlich komme dieser Fehler ebensowohl bei Grofswasserraumkesseln wie bei Wasserröhrenkesseln vor. Indessen spiele die Fuchstemperatur dennoch nicht diejenige Rolle bei der Wärmeausnutzung, wie Hr. Vetter vorauszusetzen scheine; denn bei einer Fuchstemperatur von 400° 0 könne unter sonst günstigen Verhältnissen (bei guter Kohle, geringem Luftüberschuss und bei vollständiger Verbrennung der Gase) sehr wohl eine Ausnutzung bis 75 pCt erreicht werden; bei einer Verminderung der Fuchs- temperatur von 400° auf 350° C würde sie sich bei sonst gleich bleibenden Verhältnissen um nur etwa 2,5 pCt, also auf 77 1/2 pCt steigern. Der Redner geht dann über zu dem Nachieil, den eine ge ringe Flugaschenschicht in den Flammrohren der Grofswasserraum kessel hervorrufen soll. Er bestreitet diesen Nachteil und stützt sich dabei hauptsächlich auf das mehrfach in der Litteratur ange- zogene Urteil des Direktors vom Bayerischen Dampfkessel- Ueber- wachungsverein, Hrn. Gyfsling, welcher auf grtind sehr eingehen der und lange andauernder Versuche festgestellt habe, dass Ab lagerungen von Flugasche im Flammrohr, sofern sie nicht so grofs geworden seien, dass sie den Zug vermindern, nicht allein nicht schädlich, sondern sogar unter Umständen günstig wirken könnten, indem sie glühend würden und etwa noch unverbrannt gebliebene Verbrennungsgase späterhin zur Entzündung und Ausnutzung brächten 1 ). Der für den Wasserröhrenkessel von Hrn. Vetter in Anspruch genommene Vorzug, dass man während des Betriebes die Flugasche von den Röhren abblasen könne, sei also in Wirklichkeit kein Vorzug, weil ihm bei den Grofswasserraumkesseln kein ent sprechender Nachteil gegenüberstebe. Hr. Büttner tritt der Ansicht des Hrn. Knaudt über den günstigen Einfluss der Flugasche entgegen In bezug auf Ausnutzung stehen sich nach Annahme des Redners alle Systeme gleich, die einfachsten Flammrohrkessel wie die komplizirtesten Wasserrohrkessel. Es komme nur auf die richtige Anordnung der Anlage an. Hr. Vetter ist bereit, dem Verein nähere Angaben über die angeführten Beispiele zugehen zu lassen, falls etwa auf die Kesselbe sitzer bezw. Interessenten zu nehmende Rücksichten ihm dies gestatten. Hr. Böcking, welcher verhindert war, der Danziger Ver sammlung beizuwohnen, erwähnt, dass ein Teil seiner Kollegen allerdings gegen Wasserrohrkessel eingenommen sei, doch dürfte sich deren Urteil hauptsächlich auf die Erfahrungen mit älteren Kesseln stützen. Er selbst, der eine sehr grofse Anzahl Wasser rohrkessel unter Aufsicht habe, stehe diesem System durchaus nicht unfreundlich gegenüber. Hr. Knaudt habe die grofse Reparaturbedürftigkeit der Röhren kessel hervorgehoben und sich dabei auf eine Aeufserung seines Kollegen Vogt in Bannen gestützt, zugleich annehmend, dass im Bezirk des Hrn. Vogt nur bessere Röhrenkessel vorhanden seien. Jedoch spreche Hr. Vogt in den angezogenen Berichten von den leider noch so viel vorhandenen älteren Kesseln und schlechten Kon struktionen, und hoffe, dass diese nach und nach verschwinden werden. Das Urteil über den günstigen Einfluss der Ablagerung von Flugasche auf die wirtschaftliche Leistung einer Kesselanlage lasse sich dadurch erklären, dass bei Feuerzügen mit unverhältnismäfsig weiten Querschnitten die Flugasche diesen Querschnitt verringere, eine übermäfsige Expansion der Feuergase vermeide und letztere zwinge, in innigere Berührung mit den Kesselwandungen zu treten. Hr. Knaudt stellt den Antrag, dass nach Eingang der in Aus sicht gestellten Angaben des Hrn. Vetter das Thema der heutigen Besprechung nochmals auf die Tagesordnung einer späteren Ver sammlung gesetzt werde. Dieser Antrag wird angenommen. Schliefslich bittet Hr. Knaudt nochmals, ausdrücklich zu be achten, dass die von ihm im Vortrage angeführten Urteile über die Wasserröhrenkessel nicht etwa allein seine eigene Meinung dar stellten, sondern ausschliefslich von den jedesmal namentlich auf geführten Fachleuten im Dampfkesselfach lierrührten, welche mehr als jeder andere Ingenieur imstande seien, diese Frage zu be urteilen, da sie eine gröfsere Anzahl von Kesseln der verschiedensten Systeme unter ihrer fortgesetzten Aufsicht hätten. Es sei auch wohl zu beachten, dass auf der Danziger Versammlung jener Fach leute günstige Urteile über die Wasserröhrenkessel überhaupt nicht zu Tage getreten seien, während in der heutigen Besprechung eine Verteidigung dieser Kesselsysteme vorherrschend nur von Wasser rohrkesselfabrikanten übernommen worden sei. ') Z. 1890 S. 959; ferner Zeitschrift des Intern. Verb, der Dampfkessel-Ueberwachungsvereine; Breslau 1890 No. 12 S. 179. 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