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Bei dieser Revision des Tarifs kam es nicht allein auf die Verwendung des in der Zwischen zeit gewonnenen Materials zur Richtigstellung der Gefahrenziffern an, sondern hauptsächlich auf die Umgestaltung des gesammten Gefahrentarifs in Bezug auf die Gefahrenklassen. Der bisher gül tige Tarif litt, was die Gefahrenklassen betrifft, an zwei wesentlichen Mängeln. Erstens war er kein einheitlicher, die ganze Genossenschaft umfassen der, sondern die Klassen waren sectionsweise ge bildet worden, zweitens war die Umschreibung der Gefahrenklassen vielfach so unbestimmt gehalten, dafs nicht nur für die Einschätzung der einzelnen Betriebe grolse Schwierigkeiten erwuchsen, sondern auch für die Beschwerde-Instanz kein festes Material und keine festen Normen vorlagen, um die Zuge hörigkeit eines Betriebes zu einer bestimmten Kasse scharf und genau präeisiren zu können. Beiden Mängeln mufste bei der jetzigen Revision abgeholfen werden. Wenn das Reichsversicherungs amt den ersten Gefahrentarif sectionsweise ge nehmigt hatte, so war diese Ausnahmestellung durch die Unmöglichkeit begründet, bei den da maligen Verhältnissen einen Tarif auf einheitlichen Grundsätzen herzustellen. Dafs diese Mafsregel dem Geiste des Unf.-Vers.-Ges. und der Einheit der Berufsgenossenschaft nicht entspricht, ist selbstverständlich. Zudem hat die Revision des Gefahrentarifs und namentlich der Gefahrenziffern gezeigt, dafs im grofsen und ganzen die Berg werksbetriebe in den verschiedenen Theilen des Deutschen Reiches sieh recht wohl unter einheit liche Gesichtspunkte bringen liefsen. Nachdem der grundlegende Beschlufs gefafst war, den Gefahrentarif für das ganze Deutsche Reich aufzutellen, wurde es dem vom Genossen schaftsvorstande in seiner Plenarsitzung vom 27. Mai 1892 zur Vorberathung des Tarifs gewählten Ausschufs leicht, diesem Beschlusse durch Präci- sirung von Gefahrenklassen (Gefahrengruppen) für die ganze Berufsgenossenschaft Ausdruck zu geben. Bei dieser Arbeit zeigte sich aber auch, dafs eine zu grofse Theilung der Gefahrenklassen durch das Fehlen fester Umgrenzung äufserer charakteristi scher Merkmale unmöglich gemacht werde. Man begnügte sich nach den verschiedensten Versuchen damit, dafs man für jede Betriebsart drei Klassen bildete, eine mittlere mit normaler Gefahr, eine obere mit erhöhter und eine untere mit vermin derter Gefahr, wobei die Metall- und Eisenhütten eine besondere Gefahrenklasse erhielten und „alle anderen Mineralgewinnungen, Steinbrüche und selbständige Tiefbohrbetriebe“ in eine einzige Klasse zusammengefafst werden konnten, nachdem durch die Statistik erwiesen war, dafs die Gefähr lichkeit dieser Betriebsarten annähernd überein stimmt. Die Charakteristik der Gefahrenklassen ist so scharf und präcise gefafst, wie dies bei dem allmählichen Uebergange der belastenden Momente überhaupt möglich ist. Nunmehr kam es darauf an, die neuen Ge fahrenziffern auf Grund des in den letzten Jahren gesammelten Materials festzustellen. Während früher bei dem Mangel an eigenem statistischem Material das Reichsversicherungsamt den Berufs genossenschaften empfohlen hatte, auf Grund statistischer Erhebungen, welche dem Erlafs des Unf.-Vers.-Ges. vorangegangen sind, für die Unfall grade die Belastungsziffern von a) 1 für Verletzungen mit vorübergehender Er werbsunfähigkeit im Gefolge, b) 10 für Verletzungen mit tödlichem Verlauf, c) 15 für Verletzungen mit dauernder theilweiser Erwerbsunfähigkeit, d) 30 für Verletzungen mit dauernder völliger Erwerbsunfähigkeit einzusetzen, konnte bei der Revision unserer Ge fahrenziffern ein so umfangreiches Material ver wendet werden, dafs es möglich wurde, an Stelle der vom Reichsversicherungsamt empfohlenen Zahlen eigene Ermittlungen treten zu lassen. Unser Material bilden die Zählkarten, welche über jeden entschädigungspflichtigen Unfall seit dem Bestehen der Berufsgenossensehaft geführt waren und bis Ende 1891 die Zahl von 18261 erreicht hatten. Diese Zählkarten wurden versicherungs technisch bearbeitet, nach Einzelbetrieben und Betriebsarten gruppirt und gaben die Unterlage für die Ermittlung der Unfallgefahr der einzelnen Gefahrenklassen, wobei nach den durch das Reichs versicherungsamt aufgestellten Grundsätzen ver fahren ist, indem die verdienten anrechnungs fähigen Arbeitslöhne mit der gesammten Belastung durch die verschiedenen Unfälle in Verbindung gebracht worden sind. Hierbei sind einmal die thatsäehlich schon gezahlten Entschädigungen und sodann für die weiterlaufenden Rentenverpflichtungen die Kapital- werthe der letzteren den Arbeitslöhnen gegen übergestellt worden. Eine Einsetzung nur der in der abgelaufenen Tarifperiode gezahlten Ent schädigungsbeträge in das Unfallverzeichnifs als Mafsstab zur Beurtheilung der Unfallgefahr ist unzulässig, solange ein Beharrungszustand in den alljährlich zu zahlenden Summen nicht ein tritt, weil kleine sieh langjährig hinziehende Renten eine erhöhte Bedeutung gewinnen, gegen über selbst beträchtlicheren Zahlungen bei vor übergehender Erwerbsunfähigkeit. Ein Operiren lediglich mit den bisher gezahlten Entschädigungs beträgen im Gegensatz zur gesammten voraus sichtlichen Belastung würde daher eine ungerecht fertigte Bevorzugung der gefährlichen und eine erhebliche Benachtheiligung der minder gefähr lichen Betriebe und Industriezweige (Betriebs arten) bedingen. Auf Grund der umfangreichen Statistik wurde für die Knappschafts-Berufsgenossenschaft folgende Durchschnittsbelastung ermittelt: