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Der Schacht zu Houssu wurde nach dem in Deutschland wohlbekannten Poetsch - Gefrierver fahren abgeteuft. Die Lagerungsverhältnisse waren ähnliche, wie beim Schacht in Ghlin, doch geschah die Arbeit des Schachtabteufens unter viel schwierigeren Umständen. Das Princip des Verfahrens besteht darin, dafs etwa 0,2 m weite, unten geschlossene Röhren bis auf die wasserundurchlässige Schicht an der Aufsenseite der Peripherie des Schachtes nieder gebracht und in diese Röhren solche mit geringem Durchmesser eingesetzt werden, welche unten offen sind und bis nahe an den Boden der Mantelrohren reichen. Durch die Centralröhren wird nun eine schwerfrierende Flüssigkeit ein gepumpt, welche in den Räumen zwischen den beiden Röhren emporsteigt und die Temperatur der Umgebung der Röhren derart herabdrückt, dafs das Schwimmgebirge nach und nach zu einer festen Masse zusammenfriert, wodurch ein widerstandsfähiger Eiscylinder gebildet wird, in dessen Mitte der Schacht bis auf die undurch lässige Schicht abgeteuft werden kann. Die Schächte zu Houssu wie in Ghlin waren durch Schwimmsand, der zur Wealdenformation gehört, niederzutreiben. Bei 61 ni Teufe wurde die Kreide erreicht. Die Mächtigkeit der Schwimm sande betrug Ilm und liegen dieselben unmit telbar über dem productiven Carbon. Als der Schwimmsand erreicht war, stieg der Wasser- zuflufs auf 16 cbm i. d. Stunde. Die Schächte erhielten einen Durchmesser von 4 m. 18 Doppel- Gefrierröhren wurden in einem Umkreis von 5,12 m eingesenkt. Sie begannen bei einer Tiefe von 54 m und reichten bis zu einer Tiefe von 75 m. Eine Kropff’sche Ammoniak- Gefriermaschine wurde über Tag aufgestellt und begann ihre Arbeit am 5. December 1885. Sie war imstande, stündlich 450 kg Wasser in Eis zu verwandeln, konnte jedoch die Kühlflüssigkeit, bestehend aus einer Magnesiumchloridlösung, nicht auf — 10° C. bringen, weshalb 7 Monate später zur Aufstellung einer zweiten Maschine geschritten wurde. Hierdurch gelang es, die Temperatur der Kühlflüssigkeit auf — 25 0 G. zu halten und die Arbeit erfolgreich zu Ende zu führen. Die Operation des Gefrierens dauerte vom 5. December 1885 bis 5. August 1887, an welchem Tage mit dem Abteufen begonnen wurde. Am 22. De cember 1887 war dasselbe beendet und der Schacht mit Tübbings versehen. Unter solch schwierigen Umständen war das Poetsch-Verfahren bisher noch nicht angewandt worden. Abbau in grofsen Tiefen. Die Noth wendigkeit, in naher Zukunft mit der Kohlen gewinnung in grofse Tiefen zu dringen, machte sich immer mehr geltend. Der kürzlich ver storbene Prof. Devillez von der Bergschule in Mons behandelte diese Frage und bewies, dafs die Mittel für Förderung, Abteufen und Ventilation, die zur Zeit existirten, allen Anforderungen ge nügen würden. Diese Mittel sind seither ver vollkommnet worden und die Angaben des be rühmten Professors sind durch die kürzlich eingerichteten Anlagen, die in Folgendem auf geführt werden sollen, bestätigt worden. Schacht zu Viviers. Auf der Zeche Viviers bei Charleroi wurde ein Schacht bis zu einer Tiefe von 1140 m abgeteuft, aber die erwarteten Flötze wurden unglücklicherweise nicht gefunden und der Schacht mufste verlassen werden. Schacht zu Viernoy. In jüngster Zeit wurde der Viernoy - Schacht der Anderlues-Grube auf 1000 m abgeteuft und einstweilen aus demselben Grunde verlassen. Produils - Schacht. Die Zeche Produit hat kürzlich im Norden ihrer Goncession den Schacht St. Henriette oder Nr. 8 auf 1150 in vertieft. Von diesem Punkte ab wurde ein tonnlägiger Schacht bis zu einer Tiefe von 1200 m getrieben, die gröfste Tiefe, welche bis jetzt im begischen Kohlenbecken erreicht worden ist. Trotz der etwas beschränkten Dimensionen des Schachtes hofft man, eine beträchtliche Förderung zu er reichen. Die Arbeiten sind indessen noch nicht zum Abschlufs gekommen, so dafs vorerst nicht weiter hierüber berichtet werden kann. Da sich die geförderte Menge Kohlen im Verhältnifs zur Tiefe verringert, weil bei weiterem Abteufen die ursprüngliche Dimension des Schachtes beibehalten werden mufs, so wurde diesem Uebelstand auf folgende Weise abgeholfen. Bei dem Schacht zu Marchiennes bot sich dem Director der Marchienne-Grube ein Problem, das er in kühner und geschickter Weise löste. Die Grube besitzt 2 Schächte, einen von 900 m Tiefe mit elliptischem Querschnitt von 2,60 m auf 2,80 m und einen zweiten Schacht mit kreisförmigem Querschnitt von 3 m Durchmesser. Der Director Soupart beschlofs, beide als Förder schächte zu benutzen ; beim ausziehenden Wetter trumm wurde die Briartsche Wetterführung an gewandt. Es ist beabsichtigt, die Schächte auf 1200 m abzuteufen. Eine Förderung von etwa 1000 t täglich konnte aufser durch Beschleunigung der Ma schinengeschwindigkeit über die zulässige Grenze mit den bestehenden vieretagigen Förderkörben nicht erreicht werden, da jede Etage nur einen Förderwagen trug. Es wurde daher beschlossen, die Höhe der Förderkörbe bis zu 10 bezw. 12 Etagen zu vergröfsern. Die Etagen der Hänge bank und der Anschlagsohle sind ebenfalls ver- gröfsert worden, und die Schachtgestelle erreichen eine Höhe von 25 bis 30 m an beiden Schächten. Die Führungen sind aus Vignoles-Schienen mit doppelten Bahnen solide construirt. In Schacht I werden die Körbe unter Anwendung des Soupart-Systems an ihren Schmalseiten ge führt; Schacht II ist mit Briartschen Führungen