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werken überhaupt das Recht zur Wasserentnahme abgesprochen und in diesem Sinne Processe gegen die Wasserwerke angestrengt. Als besonderer Streitpunkt ist dabei auch die Frage hervorgehoben, ob ein Wasserwerk befugt sei, das Wasser zur Versorgung einer in einem andern Flufsgebiet liegenden Stadt zu verwenden, entgegen dem für Privatflüsse u. s. w. geltenden Grundsatz, dafs das bei der Benutzung nicht verbrauchte Wasser dem Privatflufs, aus dem es entnommen, wieder zugeführt werden mufs. Der Entwurf behandelt diese Wasserwerke überhaupt nicht; vermuthlich ist er von der An sicht ausgegangen, dafs für neu anzulegende Werke die Bestimmungen über die Verleihung der beiderseitigen Interessen den nöthigen Schutz gewährten, und dafs auch die vorhandenen Werke nach den Uebergangsbestimmungen, sowie durch die Bestimmungen über die Schonung bestehender Interessen beim Ausgleichungsverfahren genügend geschützt seien. Dies würde jedoch nicht zutreffend sein, da z. B. die strengen Vorschriften des § 71 in vielen Fällen eine Verleihung unmöglich machen würden, und auch keine Vorschrift Schutz gegen Abbohrungen der obenerwähnten Art gewährt. Bei der Wichtigkeit dieser Wasserversorgungs- Unternehmungen für die Städte und bei deren unbedingter Nothwendigkeit gerade auch für den Interessenbezirk von Rheinland und Westfalen ist daher eine besondere Behandlung dieser Unter nehmungen im Gesetz unbedingt geboten. Hier mufs unbedingt der Grundsatz gelten, dafs das wichtigere Unternehmen den Vorzug vor dem minder wichtigen haben mufs. Es mufs aus drücklich ausgesprochen werden, dafs, soweit ein wirkliches Bedürfnifs für eine solche Wasser versorgungs-Anlage vorhanden ist, der betreffenden Stadt- (oder sonstigen) Gemeinde die Benutzung sowohl der Wasserläufe als der unterirdischen Wasseradern zu gestatten ist, und dafs sie hierin im öffentlichen Interesse geschützt werden mufs. Werden dadurch rechtmäfsig bestehende Privat inleressen geschädigt, so ist dafür Entschädigung zu leisten; insbesondere mufs benachbarten Grund stücken, denen das für ihren Bedarf nothwendige Wasser (auch der unterirdischen Wasseradern) geschmälert wird, das nöthige Wasser in natura geliefert werden. Um die Gefahr der schädlichen Minderung der Wassermenge in einem Flufs möglichst zu vermeiden, ist die Anlegung solcher Wasserwerke, sowie der Wasserverbrauch nicht über das wirkliche Bedürfnifs hinaus zu gestatten. Tritt aber trotzdem dadurch eine solche Verminde rung der Wassermenge ein, die in Zeiten niedrigen Wasserstandes die gesundheitlichen oder sonstige öffentliche oder gemeinwirthschaftliche Interessen schädigen könnte, so mufs seitens der daran be iheiligten Wasserwerke hierfür nach Möglichkeit durch Einrichtungen und Anlagen Ersatz geschaffen werden, die geeignet sind, in solchen Zeiten die Wassermengen zu erhöhen und die Schädigungen zu verhindern (Thaisperren, Sammelbecken u. s. w.). Selbstverständlich soll durch vorstehende Vor schläge in keiner Weise die streitige Frage bejaht werden, ob die Wasserwerke wirklich dem be treffenden Flufs direct oder indirect das Wasser entziehen; die Beschränkung und die Ersatzpflicht der Werke tritt selbstverständlich nur dann ein, wenn ihnen eine derartige Entziehung nach gewiesen wird. Es ist nicht zu verkennen, dafs diese Materie eine sehr schwierige ist; andererseits ist sie aber auch eine der allerwichtigsten des Wasserrechts und bedarf unbedingt der besonderen gesetzlichen Regelung. In Bezug auf die Frage der Behörden hebt das Gutachten hervor, dafs noch in keinem Gesetz entwürfe eine solche Mannigfaltigkeit von Behörden in Betracht gekommen sei, wie in dem vorliegenden. Zum Theil ist dieselbe hervorgerufen und be dingt durch die entsprechenden complicirten Be stimmungen des Zuständigkeitsgesetzes, aber sie geht weit über dieselben hinaus. Die sämmtlichen im Zuständigkeitsgesetz erwähnten Behörden fungiren auch hier (Kreis- und Stadtausschufs, Bezirksaus- schufs, Oberverwaltungsgericht, Ortspolizeibehörde, Landrath, Regierungspräsident, Oberpräsident), daneben tritt aber noch eine Wasserpolizeibehörde, die Strombauverwaltung, der Localbeamte der Strombauverwaltungsbehörde, neben dem Ober präsidenten der Provinz der Oberpräsident des Stromgebiets und als ganz neugeschaffene Behörde das Wasseramt (am Sitz des Oberpräsidenlen) hinzu. Alle diese Behörden sind in der verschieden artigsten Weise mit der Entscheidung wasser rechtlicher Fragen betraut worden und zwar in so complicirter Weise, dafs in jedem vorkommenden praktischen Falle zweifellos Niemand wissen wird, an welche Behörde I. Instanz er sich wenden bezw. an welche höhere Behörde er die Beschwerde oder Berufung zu richten hat, dafs dies vielmehr in jedem einzelnen Fall eines besonderen Studiums bedarf, und dafs selbst dieses Studium nicht selten noch grofse Zweifel übrig lassen wird. Unter allen obengenannten Behörden ist nicht eine ein zige, die nicht für einzelne Fälle als I. Instanz bestimmt wäre (selbst der Oberpräsident und im Fall des § 192 das Oberverwaltungsgericht), und die höheren Instanzen sind in der verschieden artigsten Weise geordnet, vielfach ohne dafs man den sachlichen Grund zu erkennen vermag, wes halb in dem einen Fall diese, in dem andern Fall die andere Behörde bestimmt worden ist. Ein näheres Eingehen auf alle Einzelheiten würde den Rahmen und den Zweck dieses gutachtlichen Berichts überschreiten. Die Complicirtheit der Behördenorganisation liegt so augenscheinlich zu Tage und hat in allen bisher im Druck erschienenen und mündlich erfolgten Beurtheilungen des Gesetz entwurfs eine so einstimmige Verurtheilung er-