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708 Nr. 16. STAHL UND EISEN.* 15. August 1894. allgemein. Während wir nicht imstande sind, Martinblöcke nach England zu verkaufen, wenn sie Lunker oder Blasen an der Oberfläche haben, so hatten sogar die meisten der von England aus gestellten kleinen Tiegelstahlblöcke solche Fehler. 3. Stahlgüsse. Bei der Erzeugung von Stahl für Gufswaaren hatten wir anfangs viele Schwierigkeiten zu überwinden, weil unsere Oefen für diese Arbeit nicht eingerichtet waren. Sie waren sehr seicht gebaut, um den Roheisen- Erzprocefs schnell durchführen zu können, d. h. die Oefen waren sehr lang und breit im Ver- hältnifs zu der Gröfse des Einsatzes. Dies ver ursachte natürlich bei der Erzeugung von Stahl für Gufszwecke einerseits zu schnelle Chargen, wobei das Metall der Gasaufnahme zu sehr unterworfen war und andererseits nach dem Zusatz von Ferro silicium zu starke Oxydation des Siliciums, bevor es Zeit gehabt hatte, sich in dem Bade aufzulösen. Bei den Gufsstahlwerken, von denen alle auch weiches Flufseisen erzeugen, haben wir daher eine mittlere Richtung eingeschlagen und die Tiefe des Herdes vergröfsert, obgleich wir sie nicht genügend erhöhen konnten, um das Ideal eines Ofens für Formgufs zu erreichen, weil der Herd dann für die Erzeugung von weichem Flufs eisen vollständig untauglich sein würde. Es folgt auch, dafs wir, um Stahlgüsse von vollkommener Qualität herzustellen, eine sehr hohe Temperatur im Ofen während des Schmelzens zu erhalten haben, d. h. so hoch, dafs das Metall niemals frei von Silicium wird, wodurch die Gasaufnahme hintangehalten wird. Aus diesem Grunde sind die Oefen bei dieser Fabrication viel mehr angestrengt, und halten nicht halb so lange als wenn Eisen, das zum Auswalzen bestimmt ist, gemacht wird. Eine andere Folge ist die, dafs wir fast immer den Stahl ein wenig zu heifs abstechen müssen, obgleich wir ein Schutzmittel gegen Ueberhitzung in dem Zusatz von verhältnifsmäfsig kaltem Ferro silicium, gegen Ende der Operation, haben. In dessen ist dieser Ueberschufs an Hitze bei der Herstellung kleiner Güsse von Vortheil; und für grofse Stücke können wir den Stahl immer in der Pfanne stehen und abkühlen lassen. Beim Giefsen kleiner Stücke ist er heifs genug, um aus der grofsen Pfanne in Tiegel oder Hand pfannen umgegossen zu werden und aus diesen in die Formen, wobei eine glättere Oberfläche erhalten wird, weil das Metall nicht in einem so starken Strahl gegossen wird, um lose Theilchen von der Oberfläche der Form abzulösen. Die Hauptsache bei der Erzeugung von Stahl güssen ist und wird immer sein, dafs die Formen aus geeignetem Material gemacht sind. Wir ver wenden für diesen Zweck theils eine Art rothen Sandstein von sehr geeignetem grobem Korn und | theils den reinsten, vorzüglich amorphen Quarz, der 99 % und mehr Kieselsäure enthält. Beide | werden auf den richtigen Grad von Feinheit ver- j mahlen. Es ist sehr wichtig, dafs das Material weder so fein ist, dafs es den Wasserdampf und die Gase am Austreten behindert, noch anderer seits so grob, dafs der Stahl in die Poren ein dringen kann, was den Gufsstücken eine rauhe Oberfläche ertheilen würde. Melasse, eine Lösung von Tischlerleim, Bier, Weizenmehl oder holländischer Thon werden benutzt, um das Material zu binden. Zum An strich verwenden wir entweder den feinsten Quarzstaub, oder (wie auf den meisten Werken) Kieselguhr, welche, wenn sie rein ist, ohne Frage am besten ist. Anfangs kauften wir dieses Material in England unter dem Namen „Ros- medium“, und möglicherweise mag es seinen Zweck gut erfüllen bei Stahl, der so kalt ver gossen wird, wie dies mit dem phosphorreicheren und leichter schmelzbaren englischen Metall der Fall ist. Aber bei unserm Stahl brennt der An strich an den Gufsstücken fest und ertheilt diesen ein unschönes Aussehen. Wir haben jetzt Erfolg mit einer aus Deutschland bezogenen Infusorien erde, welche aufsergewöhnlich rein und gut ist und die, wenn sie in eine Lösung von Tischlerleim gerührt wird, die schönste Oberfläche giebt. Die Formen sollen gut gelüftet und ausge trocknet sein, wenigstens für kleine Güsse, bis jede Spur von Feuchtigkeit verschwunden ist. Schwere Gufsstücke sind nicht so empfindlich, sie werden immer die Feuchtigkeit aus der Form masse austreiben, und es erfordert einen hohen ! Grad von Unvorsichtigkeit des Formers oder i Schmelzers, sie ungesund zu machen. Um die Auslagen, welche durch das Halten einer so hohen Temperatur während des Schmel zens entstehen, zu ersparen, haben wir vor einigen Jahren bei der Erzeugung von Waaren von ge ringerer Bedeutung, z. B. gewöhnlichem Handels- gufs, einen Zusatz von etwa 0,002 % Aluminium beim Abstechen gegeben; da wir aber glauben gefunden zu haben, dafs Aluminium die Zug festigkeit des Metalles vermindere, verwenden wir es nicht, wenn das festeste Material verlangt wird. Wie man leicht erkennen kann, wenn man einen Stahlblock von einer Charge, die Aluminium enthält, zerbricht, ertheilt dieses Element dem Stahl die Neigung, sich in grofsen Krystallflächen von aufsen gegen die Mitte zu abzusondern. Bei einer solchen Besichtigung ist es leicht, an einem Block oder grofsen Gufsstück zu er kennen, ob bei der Erzeugung Aluminium (selbst in geringen Mengen) verwendet wurde oder nicht. Diese Krystallflächen sind auch der Grund dafür, dafs es leichter ist, einen Stahlblock, der Aluminium enthält, kalt durch Hammerschläge zu zerbrechen, als einen solchen, der frei von diesem Metall ist. Es ist allerdings wahr, dafs diese krystai- linische Structur durch das Ausglühen der Gufs stücke bis zu einem gewissen Grade zerstört wird, aber wahrscheinlich ist die Zerstörung