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15. August 1894. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 16. 703 sobald der kalte Einsatz rothwarm geworden ist, daher sieht man keinen Rauch mehr aus dem Schornstein eines schwedischen Martinwerkes kommen, ausgenommen für eine kurze Weile, nachdem eine neue Charge eingesetzt worden Fig. 16 Schnitt DEIK (Fig. 14) und LM (Fig. 15). ist oder die Ventile umgesteuert worden sind. Die Wärmespeicher unserer Martinöfen sind sehr grofs im Vergleich mit denjenigen anderer Länder. Wir geben den Regeneratoren 2,5 cbm Rauminhalt für jede Tonne Stahl, die der Ofen bei einem Gufs liefern soll. Für einen 10-t-Ofen erhält somit jeder Speicher einen Fassungsraum von 25 cbm oder alle vier zusammen 100 cbm. Vor dem Jahre 1880 gab es hier und da einen alten Ofen mit ganz oder theilweise liegen den Regeneratoren, doch da diese niemals so gebaut werden konnten, dafs sie die Wärme in vollkommen befriedigender Weise aufnehmen und abgeben konnten, so wenden wir jetzt aus- schliefslich stehende Regeneratoren an. Um über dies Wärmeverluste zu vermeiden, bauen wir die selben so weit wie möglich in trockenen Grund. Der Theil des Speichers über dem Boden wird in den meisten Fällen mit Asbesttafeln bekleidet und diese wieder durch Eisenblech geschützt. Das Gewölbe der Wärmespeicher ist mit einer etwa 300 mm dicken Lage trockenen Sandes bedeckt. Dies geschieht Alles zu dem Zweck, um Brennstoff zu ersparen. Nur die Wände des Ofens selbst erhalten keine Bedeckung, wohl aber sind die feuerfesten Steine durch etwa 30 mm dicke Gufseisenplatten geschützt. Die besten Ventile sind Tellerventile, welche auf gekühlten Sitzen ruhen und leicht so einzu richten sind, dafs sie immer dicht halten. Da unser Gas aus Holz und Torf gewöhnlich so kalt wie die Luft oder noch kälter eintritt, machen wir die Gasregeneratoren ebenso grofs ! wie die Luftregeneratoren. Der Procefs. Da der Brennstoff bei uns | der kostspieligste Factor ist (Kohle z. B. kostet I auf dem Werk ungefähr 24 •6 die Tonne), sind | wir bemüht, in erster Linie den Brennstoff verbrauch auf ein Minimum zu bringen, indem wir den Ofen umkleiden* und indem wir den Procefs so stark treiben, wie es sich mit der besten Qualität des Erzeugnisses verträgt. Ich nehme an, dafs manche fremde Ingenieure davon überrascht sein werden, dafs wir, trotzdem wir unsere Aufmerksamkeit vornehmlich auf diesen Punkt richten, nicht unter einen Brennstoff aufwand (für Kohle) von 20 bis 25 % des Ge wichts des erzeugten Stahls kommen. Man mufs sich aber vergegenwärtigen, dafs theils wegen Mangels an gutem weichem Schrott und theils auch weil wir glauben, dafs wir ein um so besseres Erzeugnifs erhalten, je mehr Roheisen und je weniger Schrott wir verwenden, wir mit einem höheren Roheisensatz arbeiten und folglich mehr Zeit für jede Hitze brauchen, als dies in anderen Ländern üblich ist. Wir haben z. B. Stahlwerke hier, welche gar kein Schmiedeisen verwenden, wenn sie die beste Stahlsorte erzeugen, sondern nur mit Roh eisen und Erz arbeiten. In solchen Fällen steigt indessen der Brennstoffverbrauch ein wenig über die oben angegebenen Zahlen, die für Chargen von 60 bis 70 % Roheisen und 30 bezw. 40 % Abfälle gelten, welche in einem 10-t-Ofen ein geschmolzen werden. Letzterer stellt die übliche Gröfse unserer modernen Oefen dar. Unsere gröfsten Oefen besitzen eine Leistungs fähigkeit von 15 t, was für die Gegenwart und im Verhältnifs zu den in Amerika angewendeten als sehr klein angesehen werden mag. Es herrscht indessen hier die allgemeine Ansicht, dafs die äufserste vortheilhafte Gröfse bei 10-t-Chargen erreicht wird, wenn unbedingt bester Werkzeug stahl und Stahlgüsse zu erzeugen sind. Ueberdies machen nur wenige von unseren Werken ganz weiches Martineisen in Mengen, grofs genug, um 40- bis 50-t-Oefen zu betreiben, und diese Werke ziehen vor, statt eines grofsen Ofens drei kleinere anzuwenden, indem sie fürchten, ein minder- werthiges und nicht ganz gleichförmiges Er zeugnifs zu erhalten. Es ist möglich, dafs wir in diesem Punkte zu conservativ sind und dafs wir lernen könnten, in viel gröfseren Oefen ein ebenso zähes und gleichförmiges Material zu erzeugen; da es aber unser Ziel ist, Martinstahl, der in jeder Hinsicht * Die Verbrennungsproducte verlassen unsere besten Ofenregeneratoren mit nur etwa 200 0 C.