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574 Nr. 13. » STAHL UND EISEN.“ 1. Juli 1894. Neue Forni der Hochöfen. Ueber die innere Form oder das Profil der Hochöfen ist in dieser Zeitschrift wiederholt ge schrieben.* An die Mittheilungen aus einem Vortrage über: „Neuere Fortschritte in der Cleveländer Eisenindustrie“** schliefsen sich folgende Auszüge aus der Besprechung, welche sich an diesen Vortrag knüpfte, soweit sich dieselben auf die von Hawdon und Howson in Middlesborough veränderte Form der Hoch öfen*** bezog, welche in nebenstehender Fig. 1 dargestellt ist. Charles Cochrane ist nicht der Ansicht von Hawdon, dafs das Gewicht der Beschickung eines Hochofens der bisherigen Form lediglich von der Bast und dem Boden getragen werde; wenn das der Fall wäre, dann würde diese Be schickung im unteren Theil des Ofens, in welchem sie in einem halbgeschmolzenen oder backenden Zustande sei, undurchdringlich dicht zusammen gedrückt. Cochrane führt zur Unterstützung seiner Ansicht folgende Theorie vor. Wenn man den unteren Theil oder das Ge stell eines Hochofens, welcher durch die Fig. 2 dargestellt sein soll, eintheile in den Kegel ABC am Boden, und in die, den Dreiecken AC D und BCE entsprechende Umdrehungsfigur an den Seiten, so bleibe darüber der Doppelkegel CD FE. Wenn man ferner annehme, dafs alle in dem Hochofen befindlichen Materialien keinen stärkeren Böschungswinkel hätten als 45°, und dafs das Gewicht derselben 885 kg für 1 cbm Raum desselben entspräche, so würde das Gewicht des Inhalts des unteren Kegels, wenn der Cylinder oder Ofen einen Durchmesser von 7010 mm habe, etwa 39,878 t sein, der Inhalt des Umdrehungs körpers werde 159,512 t und derjenige des oberen Doppelkegels werde 79,756 t betragen. Da nun alle Materialien auf den, unter 45° ge neigten Flächen des oberen Körpers abrutschen, so würde das Gewicht irgend eines auf dieselben gelegten Körpers nach dem Parallelogramm der Kräfte in einen Druck senkrecht zu dieser Fläche und in einen Druck parallel zu derselben zer fallen. Jede dieser Kräfte würde sich ferner zerlegen in eine senkrechte und in eine wage rechte Kraft; die letztere wirke als ein Seiten druck auf die Wände des Ofens. Der senkrechte Druck übertrage sich infolge der Reibung, welche * 1885, Nr. 4 S. 208; 1887, Nr. 3 S. 163; Nr. 5 S. 310; Nr. 6 S. 395; Nr. 7 S. 480; 1888, Nr. 2 S. 121 und Nr. 5 S. 337; 1889, Nr. 2 S. 99; 1890, Nr. 10 S. 853 und S. 904. ** „Stahl und Eisen“ 1894, Nr. 7 S. 293 und Nr. 8 S. 354. *** 1894, Nr. 7 S. 295, 2. Spalte, 3 Zeile von unten. der Seitendruck an den Wänden veranlasse, durch die Wandungen auf den Boden. Der Druck des auf dem Boden stehenden Kegels ABC laste selbstverständlich mit seinem Gewicht von 39,8781 nur auf diesem. Von dem 159,512 t betragen den Gewicht der Umdrehungskörper ACD, BCE werde bei einem Winkel von 45° und nach dem Parallelogramm der Kräfte die Hälfte mit 79,756 t auf den Boden drücken. Von diesen beiden Körpern würden also 39,878-4-79,756 = 119,634 t auf den Boden des unteren Kegels drücken. Das Gewicht des doppelten Kegels C D F E von 79,756 t könne, nach dem Gesetz des Parallelogramms der Kräfte, nicht auf den Boden wirken; dasselbe werde allein von den Wänden aufgenommen. Von allen Gewichten, welche sich oberhalb der Oberfläche des Kegels DCE be fänden, könne ebenfalls keinerlei Druck auf den Boden ausgeübt werden. Gochrane ist der Ansicht, die Wirkung des Gewichts dieser Materialien auf die Wandungen und den Boden eines Hochofens wäre genau so wie die Wirkung des Gewichts eines Schorn steinfegers auf die Wandungen eines Schorn steins, wenn er sich in demselben niederlasse, indem er sich mit dem Rücken und den Knieen gegen die Wandungen desselben stemme. Die Ansicht beruhe nicht nur auf Theorie; er habe dieselbe auf die einfachste Weise und zwar da durch bewiesen, dafs er Röhren von 50 mm bis 150 mm lichter Weite und von 450 mm Höhe mit etwa 2,25 kg Hafer füllte. Dieser nahm in dem Rohr von 150 mm lichter Weite eine Höhe von etwa 230 mm ein; Gochrane bestimmte nun den Druck, welchen dieser Inhalt von Hafer auf den Boden des Rohres ausübte, durch eine Waage. Bestimme man für das mit Hafer soweit ge füllte Rohr den Druck auf den Boden, entsprechend der oben zu Fig. 2 gegebenen Entwicklung, so ergebe sich ein Druck des unteren Kegels auf 1 den Boden von 0,254 kg und ein Druck des Umdrehungskörpers ACD, BCE von 1,016 kg, von welchem jedoch nur die Hälfte auf den Boden wirke. Der Gesammtdruck auf den Boden | betrage nach dieser Berechnung demnach 0,254 — 0,508 = 0,762 kg. In Wirklichkeit sei das auf den Boden wirkende ' Gewicht, welches die Waage angab 0,794 kg gewesen, also nur 0,032 kg mehr als berechnet. Er habe die Versuche wiederholt, indem er den Hafer in verschiedene Rohre bis zu ver schiedener Höhe auffüllte; doch niemals gab die Waage einen wesentlichen Unterschied gegen den | nach obiger Theorie berechneten Druck an.