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Kleinbahnen“* gewünscht, „dafs die Provinzial verwaltungen ihren Einflufs dahin geltend machen, dafs, wenn auch nicht für jede Provinz eine einheitliche Spurweite gewählt wird, doch die Zahl der verschiedenen Spurweiten auf die be währten Mafse für Kleinbahnen von 1 m, 0,75 m und im äufsersten Falle von 0,60 m beschränkt werde“. Wir haben beim Lesen dieses Vorschlages die Empfindung gehabt, dafs der Verfasser in der empfohlenen Beschränkung auf 3 Spurweiten bereits einen wohlthuenden Fortschritt erblickte. Und doch läfst sich nicht verkennen, dafs für das Gedeihen einer einheitlichen Entwicklung, in der wir die Zukunft des Kleinbahnwesens er blicken, von den 3 Spurweiten 2 zu viel sind, denn da, wo zwei Bahnen von je einer dieser Spurweiten zusammenstofsen, ist für sie dieselbe Verkehrsgrenze aufgerichtet, wie an der Vollbahn. Wir denken uns, dafs die Kleinbahnen zunächst weniger Provinzial- als Kreisbahnen sein werden. Im Gesetz werden sogar Bahnen der Gemeinde bezirke angenommen und wird vorausgesetzt, dafs die Kleinbahnen den Verkehr zwischen benach barten Gemeindebezirken vermitteln sollen. Dem- entsprechend sind schon die Ortspolizeibehörden und die Landräthe befugt, die Genehmigung zum Bau von Kleinbahnen zu ertheilen. Wer nun aus Erfahrung weifs, dafs die Behörden, je kleiner sie sind, um so ausgiebiger und rücksichtsloser von ihren Amtsbefugnissen Gebrauch machen, der ist auch vorweg überzeugt, dafs jede für ihren Bereich sich eine Bahn von besonderem Muster und jedenfalls anders, als die in den Nachbargemeinden, zulegt. Kommt dennoch etwas Gemeinsames zustande, so darf man sicher an nehmen, dafs sie „der Noth gehorchten, nicht dem eignen Triebe“. Und doch liegt es auf der Hand, und das Gesetz deutet ausdrücklich darauf hin, dafs der Wechselverkehr nachbarlicher Kreise naturgemäfs bei der Bahnanlage ins Auge gefafst werden mufs, jedenfalls wird er sich bald, hier mehr, dort weniger, als ein Bedürfnifs heraus stellen. Bei Kleinbahnen von verschiedener Spur weite ist aber von einem Uebergangsverkehr mit durchlaufendem Betriebsmaterial ebensowenig die Rede, wie zwischen Schmalspur- und Normal bahn, jedoch mit dem Unterschiede, dafs er hier überhaupt nicht beabsichtigt, gar nicht ins Auge gefafst werden kann ; wenigstens so lange nicht, als die Kleinbahnen in unserm Verkehrs wesen das bedeuten, was sie hervorgerufen hat. Eine Kleinbahn mit Normalgeieise ist einstweilen ein Unding und widerspricht den wirthschaftlichen Interessen. Wenn man jetzt alle Kleinbahnen in Normalspurweite ausführen wollte, würde das Be dürfnifs nach Schmalspurbahnen immer noch bestehen bleiben und niemals durch jene befriedigt werden können. * „Stahl und Eisen“ 1892, S. 927. Die Erörterung der wirthschaftlichen Frage einer Kleinbahn ist so mit der technischen, im besonderen der Spurweite, verwachsen, dafs eine Trennung beider niemals zu einer gedeihlichen Lösung führen kann. Die Kleinbahnen sollen in dem allgemeinen Bahnnetz gewissermafsen die Saugadern des ernährenden Wirthschaftssystems darstellen, in welchem das Verkehrsleben eines Landes pulsirt. Sie sollen die Nahrung für den grofsen Verkehr an ihren Ursprungsorten auf saugen und den gröfseren Verkehrsadern zuführen. Sie müssen daher im Kleinen arbeiten und natur gemäfs mit den geringsten Mitteln hergestellt werden, die zur Erfüllung des Zweckes ausreichen. Es bedarf keines Beweises, dafs die Anlage und Betriebskosten einer Bahn mit ihrer Spurweite wachsen, dafs aber auch ihre Förderkraft, ihre Leistungsfähigkeit entsprechend steigt. In diesen sich gegenüberstehenden Bedingungen liegt die Nothwendigkeit eines Compromisses, eines Aus gleichs zwischen all den verschiedenen Meinungen, die nebeneinander auf verschiedenen Wegen dem selben Ziele zustreben. Wenn wir also voraus setzen , dafs die Kleinbahn mit den geringsten Mitteln zu bauen und ihr Betrieb zu unterhalten sein mufs, so fragt es sich, welche Spurweite hierzu ausreichend sein würde. Zur Beantwortung dieser Frage wird der vorerwähnte Bericht der Eisenbahnbrigade unseres Erachtens schätzbares Material bieten. Es heifst dort: „Es ist nicht zu verkennen, dafs bezüglich der Bauart von Feldbahnen für militärische Zwecke andere Gesichtspunkte mafsgebend sind, als bei denjenigen für gewerbliche. Während bei den letzteren die Rentabilität der Bahn die Hauptrolle spielt, ist bei ersteren die schnelle Herstellung der ausschlaggebende Factor; hier sind daher gröfste Einfachheit und Leichtigkeit des Materials geboten, während bei Feldbahnen für gewerbliche Zwecke die besonderen örtlichen und die Ver kehrsverhältnisse auf die Gestaltung des Materials bestimmend einwirken. Für die Anlage von Kleinbahnen mit geringem Verkehr weisen aber auch die Billigkeitsrücksichten auf möglichste Leichtigkeit des Materials, auf eine leicht dem Gelände anzupassende Trassirung, auf einen billigen, ohne grofse Erdarbeiten herzustellenden Unterbau hin, es decken sich daher in gewisser Hinsicht die an beide Arten von Bahnen zu stellenden Anforderungen.“ „Die seit einer Reihe von Jahren seitens der Eisenbahntruppen im Bau und Betrieb schmal spuriger Feldbahnen von 60 cm Spurweite an gestellten Versuche haben die Leistungsfähigkeit und Betriebssicherheit dieser Bahnen sowohl für den Güter-, als für den Personenverkehr dargethan. Die Brauchbarkeit und Nützlichkeit der gewählten Spur weite von 60 cm hat sich vollkommen erwiesen,“ Die Brauchbarkeit des Geleises von 60 cm Spurweite auch für Kleinbahnen zu bezweifeln,