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Ueber die Bestimmung von Kohlenstoff in Stahl und Eisen. Von G. Lunge und A. Lwoff. Bei der Wichtigkeit des in der Ueberschrift genannten Gegenstandes, über den jetzt in allen grofsen Culturländern gearbeitet wird, braucht es keine Entschuldigung, wenn wir darauf zurück kommen; denn es scheint in den Fachkreisen, wie wir zu vernehmen Gelegenheit gehabt haben, keineswegs die Ansicht obzuwalten, dafs mit der Preisvertheilung des „Vereins zur Beförderung des Gewerbfleifses" nunmehr die Frage der Kohlenstoff- bestimmung im Eisen gelöst und abgethan sei. Dafs das auch nicht unsere Ansicht ist, wird man aus Folgendem ersehen.* Zunächst sei es uns gestattet, die drei in den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleifses veröffentlichten Preisschriften kurz zu besprechen, was zur Klärung der Sachlage unerläfslich scheint. A. Ledebur, dessen Abhandlung (Verhandl. des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleifses 1893, S. 280 bis 318) mit dem Preise gekrönt wurde, hat eine Anzahl von früher veröffentlichten Kohlenstoffbestimmungs - Methoden durch eine gröfsere Anzahl von Versuchen controlirt und kommt zu folgenden Hauptergebnissen, zu denen wir gleich den nöthigen Commentar machen wollen. | Bei der Behandlung des Eisens mit Kupfer- , sulphatlösung entsteht eine deutliche Gasentwick- | lung, und man kann schon durch den Geruch erkennen, dafs dabei Kohlenwasserstoffe ent- I weichen. Als Ledebur ein Roheisen, dessen | wirklichen Kohlenstoffgehalt er = 3,9 % ansetzen zu müssen glaubt, nach der von Lunge und ! Marchlewski s. Z. gemachten Vorschrift (bei der auf die Kohlenwasserstoffe keine Rücksicht genommen ist) aufschlofs und dann gewichts analytisch den Kohlenstoff bestimmte, fand er in drei Bestimmungen mit Einwage von 1,5 g: a) 3,791 — b) 3,563 — c) 3,564 % C. Das wäre nun freilich, wie wir zugeben müssen, eine bei b) und c) entschieden zu grofse Abweichung. Aber Ledebur selbst bemerkt, dafs durch das Entweichen von nur mit Ghlorcalcium, und des * Zunächst wird wohl eine Bemerkung darüber am Platze sein, warum die von mir mit MarchIewski ausgearbeitete, in „Stahl und Eisen“ 1891, S. 666 ver öffentlichte Methode bei der Preisbewerbung gar I nicht auf dem Plane erschienen ist. Der Grund davon ist der, dafs Marchlewski durch seinen Uebertritt in eine andere Lebensstellung, in weiter Entfernung von Zürich, daran verhindert war, diese Arbeit mit mir fortzusetzen, und dafs es mir meine Berufsgeschäfte nicht gestatteten, dies ohne Mitarbeiter zu thun, während es andererseits nicht angänglich erschien, gerade bei einer Preisbewerbung einen der ursprünglichen Autoren durch einen neuen zu ersetzen. c , halb unvollständig, getrocknetem Gase aus dem Kaliapparate bei seinen ersten Versuchen ein ge wisser Verlust entstanden war. Nach seinen eigenen späteren Versuchen hält man durch Zugabe eines mit conc. Schwefelsäure gefüllten Rohres noch 6 bis 14 mg Feuchtigkeit zurück, und wenn wir dies auf seine nach Lunge und March lewskis Vorschrift behandelten, aber gewichtsana lytisch durchgefülrten, Proben beziehen, so finden wir, dafs der Gehalt bei richtiger Trocknung des Gases um 0,2 % höher herausgekommen wäre, nämlich a) 3,99, b) 3,76, c) 3,75 % G; im Mittel 3,83. Der Betrag von 0,07 % ist aber nun eine so unbedeutende Abweichung von dem von Ledebur selbst als richtig angenommenen Gehalte von 3,90 % , dafs er bei Roheisenanalysen wirklich kaum in Betracht kommt. Für Schmiedeisen und Stahl stellte aber Ledebur keine Vergleichs versuche mit Lunge und Marchlewskis Ver fahren an, und darf man wohl sicher annehmen, dafs der Verlust durch Entstehung von Kohlen wasserstoffen hier erheblich geringer gewesen wäre, und keine für die praktischen Bedürfnisse des Hüttenmanns in Betracht kommenden Irrthümer veranlassen würde. Auch nach allen übrigen Methoden erhielt Ledebur ihn nicht zufriedenstellende Resultate, mit Ausnahme des Verfahrens von Särnström, wobei die bei der Auflösung in Kupfersulphat und später bei der Behandlung mit Chromschwefel säure entstehenden brennbaren Gase durch glühen des Kupferoxyd in Kohlensäure übergeführt werden; als ebenso brauchbar erwies sich die etwas weniger umständliche Verbrennung im Drehschmidtschen Platinrohr. Für gasvolumetrische Bestimmung eignet sich diese Methode in der von G. Reinhardt („Stahl und Eisen“ 1892, S. 648) angeführten Abänderung. (Reinhardts Apparat ist dem früher von Lunge und Marchlewski beschrie benen ungemein ähnlich und unterscheidet sich von diesem wesentlich durch Einschiebung einer Winkler sehen Methanverbrennungsröhre und Weglassen der Lunge sehen „Gasvolumeter"- Vorrichtung, durch die man eine Reduction des Gas volumens auf Normalzustand ohne Thermometer und Barometer erreicht.) Ledebur hält augenscheinlich die volumetri schen Verfahren bisher noch nicht für genügend ausgebildet und begnügt sich mit dem altbekannten gewichtsanalytischem Apparate in der ihm durch Särnström gegebenen Form. Obwohl er mithin gar nichts Neues von sich aus dazugethan hat, so mufs man doch ohne weiteres anerkennen, dafs dies gar nicht nölhig war, wenn er ein