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den Kapitalwerth verblieben ist, so dafs sich die Differenz im Jahre 1892 noch ausgleichen läfst. Ostpreufsen hat aber auch schon im ersten Jahr der Geltung des Invaliditäts- u. Altersversicherungs gesetzes einen Ueberschufs des Kapitalrenten- werthes über die Beiträge von 1,2 Millionen ge habt. Für diese Versicherungsanstalt stellt sich also die Sache am schlimmsten. Aber sehen wir uns auch die anderen Anstalten an, so finden wir, dafs für Schleswig-Holstein beispielsweise noch im Jahre 1891 die Beiträge den Kapital- rentenwerth um 0,2 Millionen überstiegen, jedoch im Jahre 1892 um 0,7 Millionen hinter denselben zurückblieben, so dafs sich hier also aus den beiden Jahren ein Fehlbetrag der Beiträge schon um 0,5 Millionen ergeben hat. Ueberhaupt kann man wohl annehmen, dafs diejenigen Anstalten, welche im Jahre 1892 die ungünstigen Ergeb nisse gehabt haben, nunmehr auch auf dieser Bahn bleiben werden. Denn die Beiträge, welche diese Versicherungsanstalten erheben, werden sich kaum vermehren, weil ja, wie bekannt ist, vom Lande die Leute nach den Industriecentren und nicht umgekehrt strömen. Die Renten da gegen werden sich stark vermehren, schon des halb, weil jetzt in den ersten Jahren der Geltung des Gesetzes noch eine grofse Anzahl von Per sonen über ihr Recht zum Bezüge von Renten im unklaren sind und dies Recht späterhin, so bald die Unklarheit beseitigt ist, geltend machen werden. Auf alle Fälle ist es gut, wenn auf diesen Punkt so frühzeitig als möglich die Auf merksamkeit der Betriebsunternehmer gelenkt wird. Nun haben die einzelnen Versicherungsanstalten, abgesehen von der allgemeinen Erhöhung der Beiträge, noch ein anderes Mittel, ihre Einnahmen zu vermehren, und zwar besteht die darin, dafs sie ebenso, wie die Berufsgenossenschaften es bereits gethan haben, Gefahrentarifklassen ein- richten, in welche die einzelnen Berufszweige, je nachdem sie die Auszahlung von mehr oder weniger Renten verursachen, klassificirt werden. Indessen ist kaum anzunehmen, dafs die Ver sicherungsanstalten vorläufig wenigstens von diesem Mittel Gebrauch machen werden. Denn mit der Einschätzung der Berufszweige in die verschie denen Gefahrenklassen ist eine solche Menge von Verwaltungsarbeiten verknüpft, dafs die Kosten, welche daraus entstehen würden, vorläufig noch den Versicherungsanstalten zu hoch sein werden. Abgesehen davon, dafs ein Hinweis auf diese mögliche und wahrscheinliche Erhöhung der Bei träge für die Invaliditäts- und Altersversicherung für die Betriebsunternehmer einen unmittelbaren Werth hat, ist eine solche Betrachtung auch nach einer andern Richtung hin von Nutzen. Wenn man die politischen Blätter der letzten Zeit aufmerksam gelesen hat, wird man gefunden haben, dafs sich wieder, wie vor einiger Zeit, Strömungen bemerkbar machen, welche die in Deutschland bestehenden Arbeiterversicherungen noch erweitern wollen. Wir erinnern nur daran, dafs es ein Mitglied des Reichsversicherungsamtes gewesen ist, das in einer Veröffentlichung, welche für die Weltausstellung in Chicago be- bestimmt war, den Vorschlag der Einführung einer Arbeitlosenversicherung auf das eifrigste verfochten hat. Wir erinnern ferner daran, dafs in Blättern, welche der Regierung sonst nahe stehen, wieder Vorschläge auf Einführung der Versicherung der Wittwen und Waisen von Ar beitern gemacht sind. Alles dieses deutet darauf hin, dafs es noch immer einige mafsgebende Kreise giebt, welche nicht begreifen können, dafs durch die schon bestehenden Arbeiterversiche rungszweige das deutsche Gewerbe so belastet ist, dafs es auf eine lange Zeit hinaus eine weitere Bürde nicht mehr tragen kann. Es ist bekannt und wird in jedem Jahr durch die dem Reichs tag zugestellten Nachweisungen der Rechnungs ergebnisse der Berufsgenossenschaften bestätigt, dafs die Unfallversicherung von Jahr zu Jahr gröfsere Beiträge von den Betriebsunternehmern verlangt. Hier haben wir gesehen, dafs für einzelne Versicherungsanstalten die Zeit gar nicht mehr fern ist, wo dieselben die im Gesetz fest gestellten Beiträge für die Invaliditäts- und Alters versicherung werden erhöhen müssen. Die Arbeit geber sind mit der Hälfte dieser Beiträge belastet, für sie kommt also auch aus der Invaliditäts- und Altersversicherung für eine nahe Zeit eine höhere Belastung in Frage, und bei all diesen schon aus ihrer Natur sich ergebenden Mehr belastungen will man das deutsche Gewerbe noch mit weiteren Versicherungsbeiträgen bepacken! Das wäre doch wohl eine Politik, welche zum Ruin des Gewerbestandes führen müfste, und wir wollen diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne, wie wir das schon manchmal gethan haben, wiederum zu betonen, dafs das deutsche Gewerbe im Concurrerizkampf gegen das Ausland nicht aufkommen kann, wenn immer wieder versucht wird, es in seiner Entfaltung zu behindern. R. Krause.