Volltext Seite (XML)
618 Nr. 13. „STAHL und Eisen.“ Juli 1892. Haltung der Arbeiter, zugefügten Schaden und auf das weitere Sinken der Kohlenpreise forderten sie jetzt eine Ermäfsigung der Löhne um 131/2%. Die Annahme dieser Forderung wurde von den Arbeitern mit 33 451 gegen 4425 Stimmen abgelehnt. Am Sonnabend den 21. Mai erklärten sich die Arbeiter endlich bereit, eine Herabsetzung der Löhne um 10% anzunehmen; sie wären mit 71/2 % abgekommen, wenn sie vor 9 Wochen die Arbeit nicht niedergelegt hätten. Bei dieser veränderten Haltung der Arbeiter schien dem Bischof von Durham der Augenblick für einen Vermittlungsversuch gekommen, den er, obgleich mehrfach dazu aufgefordert, abgelehnt hatte, solange die kurzsichtig-störrische Haltung der Arbeiter jeden Erfolg von vornherein als aussichtslos erscheinen liefs. Der Bischof richtete an Mr. Lindsay Wood, den Vorsitzenden der Arbeitgebervereinigung, und an Mr. W. H. Patterson, den Secretär der Trade Union, folgendes Schreiben: „Die Zeit scheint gekommen zu sein, in welcher Jeder, der nothwendig veranlafst war, den Verlauf des gegenwärtigen schrecklichen Streikes mit tiefer und leidenschaftsloser Be- sorgnifs zu überwachen, seine Meinung aus spricht über diejenigen Thatsachen, welche zu ihrer Auslegung keine technische Kenntnifs irgendwelcher Art erfordern. Es scheint jetzt, dafs eine Uebereinstimmung zwischen den beiden Parteien insoweit stattgefunden hat, dafs eine thatsächliche Beduction der Löhne vorzunehmen ist, und bezüglich der Art und Weise, welche anzuwenden ist, um fernere Differenzen über die Löhne zu schlichten. Ich befürworte dringend, dafs diese vorläufig allgemeine Ueber einstimmung zu einem effectiven Ende gebracht werden möge. In Uebereinstimmung mit dieser Ansicht läfst die letzte Haltung der Arbeit geber ein gerechtes und ehrenhaftes Ueber einkommen voraussetzen, welches, wie ich glaube, von dauerndem Segen für die grofse Industrie dieser Grafschaft sein wird. Daher möchte ich vorschlagen, dafs die Gruben den Arbeitern sobald als möglich unter folgenden zwei Be dingungen geöffnet werden mögen: 1. dafs eine sofortige Ermäfsigung der Löhne von 10 % stattfindet; 2. dafs die Frage bezüglich irgend einer weiteren Ermäfsigung einem Lohncomite (wagesboard) überwiesen werde, welchem volle Macht zustehen soll, die Frage, sowie alle weiteren Fragen über Erhöhung und Herabsetzung der Löhne, zu entscheiden. Durch eine Commission wird, davon bin ich überzeugt, durch freie Verhandlung das Gefühl des Vertrauens und der Sympathie zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitern hervorgerufen und vertieft, durch welches allein eine Eintracht aufrecht erhalten werden kann, angesichts eines scheinbaren, nicht in Wirklich keit bestehenden Conflictes der materiellen Interessen. Selbst der Aufschub eines Tages ist in der gegenwärtigen Zeit sehr ernst zu nehmen und ich wage es hinzuzufügen, dafs, wenn die . Hauptpunkte einer solchen Uebereinkunft an genommen werden, ich mich glücklich schätzen werde, die Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeiter morgen zur Erörterung der Detailfragen in meiner Wohnung zu empfangen.“ Dieser Vorschlag wurde von beiden Seiten angenommen; die Vertreter beider Parteien er schienen am 1. Juni in Auckland Castle, und in einer bis 5 Uhr Abends unter dem Vorsitz des Bischofs Dr. Westcott abgehaltenen Conferenz wurde die Einigung auf der Grundlage einer Lohnherabsetzung von 10 % erreicht. Kurz nach 7 Uhr an demselben Tage erliefs die Vereinigung der Grubenbesitzer folgende Kundgebung: „Da die Vertreter der Arbeiter eine künftige Verständigung auf der Grundlage eines Systems gegenseitiger Verhandlungen angeboten haben, welches der Bischof von Durham als zufrieden stellend bezeichnet und den Bergwerksbesitzern zur Annahme empfiehlt, und da ferner der Bischof sich stark dafür verwendet hat, — nicht auf Grund irgend einer Beurtheilung seinerseits in Bezug auf die Vernünftigkeit oder sonstige Angemessenheit des Anspruchs der Arbeitgeber auf eine Herabsetzung der Löhne um 131/2 % , sondern einzig auf Grund seiner Wahrnehmungen bezüglich des verarmten Zustands der Arbeiter und des allgemein herrschenden Elends — dafs die Gruben unter der Bedingung einer lOprocentigen Lohnreduction wieder geöffnet werden, stimmen die Besitzer aus den angeführten Gründen dem Vorschlag des Bischofs bei und nehmen ihn an unter der bestimmten Voraus setzung, dafs die Lohnfrage von jetzt ab in freundschaftlicher Weise durch gegenseitige Verhandlung (conciliation) geregelt wird.“ Damit war der zwölfwöchentliche Ausstand beendet, der während seines Verlaufs eine furcht bare Calamität über die nördlichen Industriebezirke Englands gebracht hatte. Wir wollen die Schilde rungen des Elends und der Noth nicht wieder holen, welche, am wenigsten von den Ausständigen selbst empfunden, über weite Kreise anderer Arbeiter gebracht war. Nur als Beweis dieses traurigen Zustands mag hier angeführt werden, dafs der Lord-Mayor von London sich doch noch entschlossen hatte, eine Sammlung für die Noth leidenden zu veranstalten, und dafs die Mayors der localen Plätze fortgesetzt an die öffentliche Wohlthätigkeit appellirten. Die Noth unter den Eisensteinarbeitern hatte eine solche Höhe erreicht, dafs Mr. Toyn, der Präsident der „Cleveland Ironstone Miners Association“ sich mit einer Bitt schrift dircct an die Königin wandte und dieselbe