Volltext Seite (XML)
Zuschriften an die Redaction. Das Hängen der Gichten in Hochöfen. Unter diesem Titel veröffentlicht Hr. van Vloten im Februarheft von »Stahl und Eisen« S. 114 einige Betrachtungen , die ich für wichtig genug halte, um das Interesse der Hochofenleute allgemein zu erregen. Da in dem erwähnten Artikel der Wunsch ausgesprochen ist, es mögen auch andere Hochöfner ihre Erfahrungen hierüber mit- theilen, so fühle ich mich veranlafst, meine dies bezüglichen Ansichten im Nachstehenden zu äufsern. — Nach van Vloten treten die Störungen be sonders häufig auf, seitdem man bei gröfseren Oefen mit hocherhitztem Winde arbeitet; ich möchte aber noch weitergehen und sagen: die selben machen sich fühlbarer, seitdem man über haupt bestrebt ist, die Erzeugung der Hochöfen bis zur äufsersten Grenze zu steigern. Denn auch bei uns in Ungarn, wo das Roheisen in viel kleineren Oefen unter Anwendung von Holzkohle und mit Windtemperaturen von 250 bis 400° C. erblasen wird, kommen sowohl bei der Darstellung von Graueisen, als bei der Erzeugung von Weifs- eisen Gichtsprünge vor. Nach den hier gemachten Erfahrungen hört aber die Störung sogleich auf, wenn man die Windpressung vermindert. Das Charakteristische beim Hängen der Gichten ist auch hier eine farblose, durchsichtige Gicht flamme; in ernsteren Fällen tritt eine Verminderung der Gichtgase ein, so dafs man sie nicht mehr anzünden kann. Dabei steigt auch bei gleich bleibender Tourenzahl der Gebläsemaschine die Windpressung, die Gichten gehen unregelmäfsig, sie bleiben stehen und rutschen zeitweiselangsam nach oder fallen plötzlich herunter, so dafs die Gichtflamme sammt Luft eingesogen wird und erlischt. Man kann dabei schwache Explosionen bemerken, indem das Gas aus dem Gichtverschlufs herauspufft; der Druck wird auf die in der Leitung befindlichen Gase übertragen, so dafs das Wasser aus dem Gaswascher herausgeschleudert wird. Bei längerer Dauer des Hängens mufs man den Wind abstellen, um den Einsturz des gebildeten Gewölbes herbeifuhren zu können. Jedenfalls mufs man annehmen, dafs sich beim Hängen der Gichten eine feste Decke oder ein Gewölbe über dem Gestell bildet, welches den Gasen ein sehr grofser Widerstand entgegen setzt und welches überdies fest genug ist, um die obenstehende Beschickungssäule zu tragen. Hr. van Vloten hat die Bildung dieser - Ge wölbe durch die Kohlenstoffabscheidung aus den Gasen und durch die angeschwollenen Erze er- /Nachdruck verboten.) \Ges. v. 11. Juni 1870./ klären wollen. Nach meiner Ueberzeugung ist diese Ansicht aus zwei Gründen unrichtig. Erstens ist seine Behauptung nicht richtig dafs „dieser Kohlenstoff durch die Einwir kung von Eisenerzen auf Kohlenoxydgas ge bildet wird, indem das Erz reducirt wird und stark anschwillt, während sich ein Theil des Kohlenoxyds in Kohlenstoff und Kohlensäure spaltet“. (?) Ich bin nur neugierig, wie van Vloten diese Behauptung beweisen wollte, denn wodurch soll das Erz reducirt werden, wenn sich das Kohlenoxyd in Kohlenstoff und Kohlensäure spaltet ? Oder wie kann das Erzstück vom aufgenommenen Kohlenstoff aufschwellen, wenn es dadurch gleichzeitig redu cirt sein soll? Also entweder - wird das Erzstück reducirt, und da wird kein freier Kohlenstoff ge bildet, oder es wird durch ausgeschiedenen Kohlen stoff aufschwellen, dadurch kann es aber keine Reduction erleiden. — van Vloten hält jedoch „für wahrscheinlich, dafs auch eine Dissociation von Kohlenoxyd eine Kohlenstoffausscheidung verursachen kann. (!) Dies halte ich ebenfalls für wahrscheinlich, und ich bin überzeugt, dafs alle Hüttenleute nur diesen einzigen Vorgang als Ursache einer Kohlenstoffabscheidung betrachten! Dieser Vorgang ist es auch, der die Schachtwandungen zerstört, wenn sie aus eisen schüssigem Materiale hergestellt werden, weil die eisenoxydhaltigen Theile von Kohlenstoff durch drungen und aufgelockert werden und dann von der heruntergleitenden Beschickung leicht abge rieben und mit der Zeit ganz weggefressen werden. Dieser Procefs tritt aber nur in den oberen Theilen des Ofens auf, wo die Temperatur noch um 400° C. herum schwankt; und der Kohlenstoff, welcher sich auf den Erzstücken bildet, verwandelt sich beim Herabsinken in heifse Zonen in Kohlenoxyd, wobei das Erz reducirt wird. Der zweite Grund, der gegen die vanVloten- sehe Anschauung spricht, ist folgender: Nach der allgemeinen Auffassung des Hoch- ofenprocesses werden die Erze im Schachte redu cirt, in der Rast gekohlt und im Gestell geschmolzen. — Wenn wir auch annehmen, dafs diese Vorgänge ineinander übergehen, so ist es doch nicht denkbar, dafs in der grofsen Hitze, die in der Rast eines Hochofens herrscht, eine Dissociation von Kohlen oxyd stattfinden könnte; vielmehr mufs hier noch freier Kohlenstoff durch das reducirte Eisen auf genommen werden. Nach meiner Ueberzeugung ist die Ursache des Hängenbleibens sozusagen