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432 Nr. 9.- .STAHL ÜND SEN. Mai 1892. uslandhandel der Hauptstaaten Europas. Nach »La Financiere« im Pariser Figaro vom 12. März d. J. betrugen Ein- und Ausfuhr der Hauptstaaten Europas dem Werth nach: 1. Frankreich 1891: Einfuhr .... Ausfuhr 4 921 000 000 Fres. 3 627 000 000 , Mehreinfuhr 1 294 000 000 Fres. 2. Deutschland: 11 Monate. Einfuhr .... 4 762 500 000 Fres. Ausfuhr .... 3 775 000 000 , Mehreinfuhr 987 500 000 Fres. 3. Englapd: 1 € = 25 Fres. 25. Einfuhr .... 11 001 000 000 Fres. Ausfuhr 7 804 000 000 , Mehreinfuhr 3 197 000 000 „ 4. Oesterreich-Ungarn: 1 Fl. = 2 Fres. 50. Einfuhr .... 1 347 000 000 Fres. Ausfuhr .... 1 745 000 000 , Mehrausfuhr 398 000 000 Fres. 5. Holland: 1 Fl. = 2 Fres. 10. Einfuhr .... 2 728 000 000 Fres. Ausfuhr 2 283 000 000 , Mehreinfuhr 445 000 000 Fres. 6. Belgien: 11 Monate. Einfuhr 1 415 625 000 Fres. Ausfuhr 1 150 667 000 , Mehreinfuhr 264 958 000 Fres. * 7. Spanien: Einfuhr .... 862 000 000 Fres. Ausfuhr 855 000 000 , Mehreinfuhr 7 000 000 Fres. 8. Italien: Einfuhr .... 1 176 000 000 Fres. Ausfuhr 940 000 000 , Mehreinfuhr 236 000 000 Fres. 9. Rufsland: Einfuhr .... 380 000 000 Rubel Ausfuhr .... 721 000 000 , Mebrausführ 341 000 000 Rubel 10. Schweiz: Einfuhr .... 943 000 000 Fres.. Ausfuhr . . . . , 871 000 000 , Mehreinfuhr . 72 000 000 Fres. Vorstellende Zahlen müssen den Laien über raschen, denn gewöhnlich gilt der Grundsatz, dafs die wirthschaftliche Lage eines Landes um so besser sei, je höher die Ausfuhr sich gegen die Einfuhr stelle. Thatsächlich übersteigen aber in Europa nur in zwei gröfseren Staaten die Wertbe der Ausfuhr die der Einfuhr, obendrein gehören diese beiden Länder keineswegs zu den wirthschaftlich stärksten. Rufsland und Oester reich-Ungarn verdanken ihre Ueberscliüsse ledig lich der bedeutenden Getreideausfuhr. Die Körner erzeugung Rufslands beträgt durchschnittlich mindestens ein Drittel von ganz Europa. Der russische Staat hat eine Schuldenlast von über 161/2 Milliarden Francs, deren gröfsten Theil wohl das Ausland besitzen dürfte, wohin natür lich auch die Zinsen wandern. Das Czarenreich bezahlt letztere thatsächlich durch seine Ausfuhr von Roggen und Weizen. Nach dem russischen Staatshaushalt für 1892 (Le Figaro, 30. Januar d. J.) erfordert die Verzinsung der Staatsschulden rund 247 Millionen Rubel oder 94 Millionen Rubel weniger, als die Mehrausfuhr beträgt. Schwer leidet der auswärtige Handel Rufslands durch den Gursverlust. Stand doch zeitweise der Credit- rubel 50 Kop. niedriger als der Goldrubel! der höchste Werth ging nicht über 80 Kop., dem nach schwankte der Cursverlust zwischen 20 bis 50 %. Mifsernten, wie im vorigen Jahre, er zeugen, abgesehen von den argen Nothständen in den unteren Volksschichten, schlimme Ver wirrungen im Staatshaushalt, denn die Steuerkraft des Landes wird dadurch erheblich geschwächt. Die wirthschaftliche Gesundung Rufslands ist erste Bedingung seiner Machtstellung, deshalb dauernder N Friede dort noch dringenderes Bedürfnifs wie anderswo. Grofsbritannien kann man als finanziellen Gegenfüfsler Rufslands bezeichnen. Die englische Einfuhr übersteigt die Ausfuhr um rund 31/5 Milliarden Francs. Die Haupteinfuhr besteht in Nahrungsmitteln und in Rohstoffen, welche theilweise zu fertigen Waaren verarbeitet wieder ausgeführt werden. Trotz des grofsen Unter schiedes zwischen Ein- und Ausfuhr verarmt England nicht, sondern dessen Reichthum wächst fortwährend; es müssen demnach andere Geld quellen vorhanden sein zum Ausgleich der Ein- bufsen. 35 % des Tonnengehaltes aller Segelschiffe und 62 % aller Dampfer fallen auf Grofsbritannien. Die englische Handelsflotte soll fast 54 % des ganzen Seeverkehrs besorgen. England ist nicht nur sein eigener Schiffer, sondern auch der anderer Länder. Kapitän Bauer vom Norddeutschen Lloyd, gegenwärtig Inspector der Gesellschaft in Hoboken, versicherte uns auf der Fahrt nach New York im October 1890, dafs eine Reise seines Dampfers »Eider«, bei voller Besetzung an Personen und Gütern, 250 000 bis 270 000 e Frachten einbringe, allerdings in stiller Zeit manchmal kaum die Selbstkosten decke. Hiernach kann man die Höhe des Umschlags und Gewinns der englischen Schiffahrt vielleicht ahnen.