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standtheiles, müfste man sich dann nach Vollendung der Walzarbeit beim Abkühlen entstanden denken, was ja nach den neueren Anschauungen über die Kohlenstoffbindung im Eisen an sich nicht unwahrscheinlich ist. Indessen habe ich es ab sichtlich unterlassen, hieraus für die bestimmte Bezeichnung der durch Aetzen unterscheidbaren Gefüge-Elemente Anlafs zu nehmen, weil die mikro skopischen Methoden noch nicht genügend aus gebildetsind, um für die einzelnen Gefüge-Elemente ganz charakteristische und untrügliche Unter scheidungsmerkmale zu liefern. Ich behalte mir vor, auf diesen Gegenstand bei einer späteren Gelegenheit einzugehen. Hier möchte ich nur noch kurz auf die Fig. 45 und 46 verweisen, welche deutlich die Querschnitte der in den Steg eingesprengten Schlackenadern in ihrer langgestreckten oder linsenförmigen und parallelen Anordnung zeigen. Die rundlichen Spuren der Schleifkörner erkennt man in Fig. 46. „Poren“ würden unter dem Walzendruck erst recht jenen linsenförmigen Querschnitt bekommen haben, wie j ihn die Schlackenadern zeigen. Dafs die Schlacken- [ adern nahezu runden Querschnitt behalten, wenn sie Druck von allen Seiten bekommen, zeigt die Ader in Fig. 47 (nahe der Mitte). In den Fig. 50 bis 54 kann man an den Querschnitten der Schlackenader deutlich die Lage der Bilder zur ' Walzfläche erkennen. Es ist auffallend, dafs die Schlackenadern fast nur in den hell erscheinen den Gefüge-Elementen gefunden werden, indessen ' wird man hieraus noch keine Schlüsse ziehen dürfen, da immerhin auch in den dunklen Theilen Schlackeneinschlüsse gefunden werden und die [ Sache noch nicht genügend studirt werden konnte. Ein Wort ist noch zu reden über die „Locker- keit“ und „Dichtigkeit“ des Gefüges, welche beiden Ausdrücke Wedding braucht, ohne den I von ihm unterstellten Begriff festzulegen; man kann diese Begriffe aber ganz verschieden auf fassen. Wenn man unter „Lockerkeit des Ge füges“ einen losen Zusammenhang der Gefüge- Elemente (durch Hohlräume oder Einlagerung fremder Bestandtheile getrennt) verstehen will, so glaube ich in Voraufgehendem hinreichend erwiesen zu haben, dafs Wedding sich im Irr thum befand, wenn er seiner Goliathschiene eine lockere innere und äufsere Zone mit einem dichteren Theil zwischen beiden zuschrieb. In der That ist eine solche Lockerkeit nicht vor handen; die einzelnen Gefüge-Elemente sind viel mehr durch zwischengelagerte Masse (ich unter lasse es, wie gesagt, absichtlich, beide Theile mit bestimmten Bezeichnungen zu belegen) mit einander verbunden, verkittet. Soll aber der Begriff der „Lockerkeit“ auf das Vorhandensein eines weitmaschigeren, derjenige der „Dichtigkeit" auf das Vorhandensein eines engmaschigeren I Netzes gedeutet werden, so stimmen wiederum i Weddings Auslassungen und Schlüsse nicht ! mit den Thatsachen überein. Denn auch in dieser Beziehung lassen sich in der Schiene nicht jene beiden lockeren Zonen mit der ein gelagerten dichteren erkennen, vielmehr erscheint nur das Gefüge in unmittelbarer Nähe der Walz- Oberflächen des Kopfes ein wenig engmaschiger, „dichter“. Es ergiebl sich nun, dafs der Wider spruch, wie ihn Wedding zwischen dem von ihm angenommenen Gefüge seiner Schiene und den Festigkeitsergebnissen (S. 887 und 890) fand, in der That nicht besteht, sondern dafs das wirkliche Gefüge im Einklang steht mit den Ergebnissen des Zerreifsversuches; beide beweisen eine recht befriedigende Gleichmäfsigkeit des Materiales im Schienenkopf. Ein Unterschied und allmählicher Uebergang besteht aber zwischen dem Gefüge des Schienenkopfes (Fig. 47 bis 49) und demjenigen des Steges (Fig. 50 bis 54). Ich darf schliefslich wohl darauf aufmerksam machen, dafs ebenso wie gegen die Ergebnisse der Weddingschen Untersuchung der Goliath schiene, auch gegen diejenigen der übrigen Schienen die gleichen Bedenken erhoben werden müssen. Ich’glaube nicht zu weit zu gehen, wenn ich auch gegen diese Untersuchungen ernste Zweifel hege. Ich will mich hier nicht weiter auf Einzelheiten einlassen, aber auf das in Fig. 21 Weddings abgebildete Schienenprofil machte ich bereits aufmerksam. Die starke Anfressung am linken Rande des Kopfes beweist nach meiner Erfahrung ziemlich deutlich, dafs eine zu starke Aetzung stattgefunden hat, dafs also auch bei dieser Schiene die gefundenen Erscheinungen Kunstpro- ducte und nicht Eigenthümlichkeiten des Schienen gefüges sein werden. Auch über die Blasenräume an der Oberfläche der „Rofsbahnschienen" bin ich in dieser Bezeichnung nicht im klaren und fürchte, dafs eine Wiederholung der Aetzung an den neu geschliffenen Profilen auch hier andere Dinge zu Tage fördern würde, als sie Wedding fand. Dafs mit der Erschütterung der Grundsteine das ganze Weddingsche Gebäude über das Ge füge der Schienenköpfe baufällig geworden ist, bedarf keiner weiteren Begründung. Ich habe es für meine Pflicht gehalten, die Irrthümer in den mikroskopischen Arbeiten Weddings sachlich zu widerlegen. Wenn ein Widerspruch hiergegen nicht erfolgt, so können bei der Autorität, die der weltbekannte Eisen hüttenmann geniefst, unrichtige Vorstellungen er weckt werden, die der Sache Schaden bringen. Ich darf es aus diesem Grunde nicht unterlassen, zu erklären, dafs ich auch gegen die Darstellung des mikroskopischen Eisengefüges in seinen beiden gröfseren Werken* ähnliche Bedenken zu erheben habe, wie ich sie hier und früher ausgesprochen. * Vergl auch: „Das Kleingefüge des Eisens“, Berlin, Dr. Burskert und Fürstenberg, und „Ausführ liches Handbuch der Eisenhüttenkunde“, Braunschweig Friedrich Vieweg & Sohn.