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klar werden, in welchem Mafse die Aetzung dem einfachen Poliren überlegen ist. Aber ich hoffe, den Beweis im Folgenden noch schlagender er bringen zu können. Ich machte früher schon* darauf aufmerksam, dafs nicht eher ein wesentlicher Fortschritt in der Mikroskopie des Eisens erzielt werden wird, ehe nicht der betreffende Zweig der Mikrochemie entsprechend ausgebildet ist, so dafs man im stande ist, durch Reaclionen unter dem Mikro skop die Zusammensetzung der einzelnen Gefüge- Elemente zu studiren. Als einen Weg zur Erlangung dieses Zieles bezeichnete ich die Ausbildung der Aetzmethode. Diese ist aber auch schon aus dem Grunde unumgänglich nothwendig, weil man in die Tiefe des Gegenstandes und sein inneres Wesen nur eindringen kann, wenn man durch scharfe Aetzung ein klares Bild des Gefügeauf baues entwickelt. Mein nächstes Bestreben soll aus diesem Grunde auf eine vollkommene Aus bildung der Aetzmethode gerichtet sein. Ich glaube in dieser Richtung immerhin schon ein kleines Stück vorwärts gekommen zu sein und ; möchte als Erläuterung dessen nur auf die Fig. 39 bis 54 verweisen, mir ein tieferes Eingehen auf den Gegenstand für eine spätere Gelegenheit I vorbehaltend. Bei den in Fig. 39 bis 54 dargestellten Schliffen habe ich (mit Ausnahme von Fig. 43) die Aetzung mit stark verdünnter (etwa 1 : 1000) Salzsäure in Alkohol vorgenommen. Diese Art des Aetzens lieferte bisher stets ein aufserordent- lich scharf ausgeprägtes Gefüge und Bilder, die ! ganz besonders für die photographische Aufnahme geeignet sind. Die Aetzung ist mit grofser Sicher heit in wenigen Minuten auszuführen und ihr । Verlauf mit dem Mikroskop leicht zu verfolgen. Die Klarheit des Gefüges kommt dadurch zu stande, dafs nur auf einem Theil der Gefüge- Elemente ein farbiger, fest anhaftender Ueberzug gebildet wird, während der andere ganz farblos bleibt, wie es scheint, aber auch etwas geätzt i wird. Die Dunkelheit der gefärbten Flächen | wächst mit der Zeitdauer - der Einwirkung und man hat es ziemlich in der Hand, den Grad der Gegensätze zu regeln. Ich hoffe, das neue Ver fahren noch weiter vervollkommnen zu können. Das eigentliche Gefüge der untersuchten Goliathschienen ist in Fig. 39 bis 54 dargestellt und hiermit wohl der schlagende Beweis geliefert, dafs Wedding es bei seinen mikroskopischen Arbeiten überhaupt gar nicht gefunden haben kann, weil er es alsdann sicherlich abgebildet oder zutreffend beschrieben haben würde. Seine Beschreibung widerspricht aber, wie ich weiter oben schon nachwies, durchaus den wirklichen Verhältnissen. Denn in den Figuren erkennt * „Ueber die mikroskopische Untersuchung des , Kleingefüges von Eisen“. »Stahl und Eisen« 1889, | Nr. 5. man deutlich, dafs eine langgestreckte Anordnung des Gefügenetzes nur im Steg der Schiene (Fig. 32, 33 und 40) und im Uebergang zum Kopf (Fig. 31 und 43) vorhanden ist, während man im Kopf überall ein mehr oder minder eng maschiges, aber nicht in einer Richtung ausge bildetes Netz findet. Eine Wirkung des Walzen druckes auf die Richtung der Gefüge-Elemente im Kopf ist nicht zu erkennen, während diese Wir kung in dem stärker und bei etwas geringerer Wärme ausgewalzten Steg deutlich hervortritt. In der Nähe der Oberflächen bewirkt der Walzen druck, oder, was noch festzustellen bleibt, die schnellere Abkühlung an der Oberfläche eine Verkleinerung der Maschen; das Netz ist hier auch im Steg (Fig. 39 und 41 [Rand]) und am Uebergang zum Kopf (Fig. 31) ohne besondere Hauptrichtung gebildet und geht erst mehr im Innern in den gestreckten Zustand über. Eine eigenthümliche Erscheinung, die eben-- falls noch des weiteren Studiums bedarf, ist in den Fig. 44 bis 46 zum Ausdruck gebracht; sie wurde in ähnlicher Form bereits beim letzten Aetzen des Schienenstückes bemerkt, dort aber leider nicht rechtzeitig durch Photographie fest gelegt. Beim Beginn des Aetzens trat nämlich ein ganz anderes Bild zu Tage, als es später ver blieb, und zwar hatte die Art des Aetzens, ob mit Salzsäure in Wasser oder Alkohol, scheinbar keinen Einflufs auf die Erscheinung. In der Kopffläche erschien ein verworrenes, ohne deut- liehe Richtung entwickeltes Bild von Krystallskeletten des tannenbaumförmigen Krystalles, wie man es nach dem Aetzen auf den Schliffen von gegosse nem und unbearbeitetem Stahl zu finden pflegt; die Grenzen der Figuren waren nicht scharf ausgeprägt; die Zeichnungen lagen gewisser- mafsen wie ein Hauch auf der Fläche. In der Stegfläche und im Uebergang zum Kopf trat eine etwas deutlichere Streifung parallel zur Symmetrie-Achse des Profils auf, wie sie unten in Fig. 44 abgebildet ist. Die Grenzen zwischen den hellen und dunklen Streifen sind nicht scharf, wie aus Fig. 45 und 46 ersehen werden kann, welche in 200facher Vergröfserung aufgenommen wurden. Im oberen Theil von Fig. 44 hat die Säure stärker gewirkt und der Leser wird auf den dunklen Flächen bei genauem Mustern viel leicht das schwarze Aderwerk erkennen, welches die noch verbliebenen Streifen durchzieht und dem in den Fig. 39 bis 41 und 50 bis 54 hell erscheinenden Netzwerk entspricht. Man gewinnt fast die Ueberzeugung, dafs das zuerst erscheinende Gefüge den Verschiebungen der Massentheilchen unter der mechanischen Wirkung der Walzen, das alsdann auftretende Netzwerk den chemischen Vorgängen beim Abkühlen der Schienen sein Dasein verdankt. Das zweite Gefüge, jene scharf ausgeprägte netzförmige Ausscheidung eines beim Aetzen in Alkohol u. s. w. nicht färbbaren Be-