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410 Nr. 9. „STAHL UND EISEN.“ Mai 1892. auch an dem Schienenstück selbst blofsgelegt. Von dem Schienenstück wurde demgemäfs die hintere, bis dahin nicht untersuchte Fläche etwa 1 mm dick abgeschnitten und nach Fig, 16 in kleine Theile zerlegt, die mit den dargestellten Nummern versehen wurden. Diese Stücke wurden geschliffen, polirt und dann verschieden behandelt. Was beim Poliren passirt, wolle man aus Fig. 17 bis 20 Tafel VI ersehen. Fig. 17 zeigt das ziemlich weit anpolirte Stück Nr. 15, aufgenommen bei ganz enger Blende, daher die beiden Ecken im Schatten liegend. Der Schliff ist, abgesehen von den Schleifrissen, an der rechten Seite am voll kommensten polirt, an der linken Seite sieht man noch den Uebergang zum feinen Korn vom Schleifen. Namentlich an den Schattengrenzen wird man deutlich den grübchenartigen Charakter der schwarzen Punkte „Poren“ erkennen. In Fig. 18 ist eine möglichst voll kommen polirte Sch lifffläche (Nr. 33) abgebil det; man wolle bemerken, dafs die Fläche ganz scharf einge stellt war, denn der feine Schleif rifs unten links ist haarscharf abgebildet. Von den schwarzen Punkten „Poren“ ist hier kaum eine Spur zu bemerken, in 4 Fig. 17 sieht man deutlich, wie sie mit dem Fortschreiten der Politur verschwinden und am deutlichsten auf treten am Rande, wo die Politur zuletzt voll kommen wird. Dafs auch in Schliff 33 (Fig. 18) noch die Poren vorhanden waren, ersieht man ohne weiteres aus Fig. 20 (Mitte des Schliffes), wo sie bei 200 facher linearer Vergröfserung als schwarze Punkte wieder zum Vorschein kommen. Fig. 19 zeigt den gleichen Schliff bei etwas weniger vollkommener Politur. Mit der Güte der Politur verschwinden also die „Poren“. Auch sie sind keine Eigenthümlichkeit des Gefüges, sondern Folge einer mangelhaften Arbeit, wie dies wohl sein kann, wenn man seine Unter suchungen an so grofsen Schliffflächen ausführt, wie sie ein Schienenprofil bietet. Wedding hat mir persönlich eingewendet, dafs die „Poren“ sich beim Poliren „verschmieren“ könnten, indem sie sich mit dem Schleifgut füllten. Diese Theorie scheint mir unhaltbar zu sein, weil sie erstens dem Eisen in seinen kleinsten Theilen wieder eine neue Eigenschaft für diesen beson deren Zweck beilegt, nämlich sozusagen butter weich zu sein, und weil man zweitens auch bei aufmerksamer Beobachtung und bei starker Ver gröfserung keine Erscheinungen bemerkt, die die Vorstellung der Verschmierung rechtfertigen. Wer sich den Schleifvorgang nach genauem Studium vorstellt, kann kaum auf diese Idee kommen. Beim Schleifen kann man in zweierlei Weise verfahren, man schleift entweder auf harter oder weicher Unterlage, z. B. auf Glas, Gufseisen und anderen harten, oder etwa auf Blei, Wachs und anderen weichen Körpern. Im ersteren Falle rollt (beim Schleifen von harten Körpern, Eisen) das Schleifkorn zwischen Unterlage und Körper und stöfst hierbei mit seinen scharfen Ecken Löcher („Poren“) in die beiden Flächen; beide erscheinen um so feinkörniger, je feiner das Schleif- oder das Polirmittel. Im zweiten Falle, zu dem auch das Schleifen mit natürlichen oder künstlichen Schleifsteinen gehört,* setzt sich das Korn in der Unterlage fest, oder wird wenigstens an seiner Bewegung soweit gehindert, dafs es in das zu schleifende Stück mit seinen scharfen Ecken Furchen gräbt, die man durch zweck- mäfsige Bewegung entweder parallel zu einander oder nach allen möglichen Richtungen verlaufen läfst. Das zu schleifende Stück wird um so vollkommener polirt erscheinen, je feiner das Schleifmittel, d. h. je feiner die Risse sind. Die Spuren des rollenden Korns hat man in Fig. 12 und 15, die des festsitzenden Korns in den Schleifrissen Fig. 7, 19 und 20 und ganz be sonders auch in Fig. 15. Nun will ich keineswegs behaupten, dafs die fragliche Goliathschiene frei von Poren ge wesen sei, ich werde sogar nachweisen, in welchem Mafse sie hiermit behaftet war, aber die „Poren“ Weddings vermag ich nun und nimmermehr als dem Gefüge der Schiene eigen- thümlich anzuerkennen. Zum Beweis dafür, dafs er nur diese künstlich erzeugten Poren und keine anderen Erscheinungen gemeint haben kann, mufs ich bei dem Mangel einer Definition seiner „Poren“ die Eigenschaften aufführen, mit denen er sie belegt. Wedding nennt sie (S. 881) „zahlreich“ (im lockeren Kern), „vollständig kugel förmig, deren Querschnitt daher fast kreisförmig“ (allerdings sagt er dies mit Bezug auf eine andere Goliathschiene [S. 883]). Er sagt S. 891: „Die Bl äsen räume sind thatsächlich in dem ganzen Kopfe der Goliathschiene (ob Goliathschiene allgemein, oder eine im besonderen gemeint ist, ist nicht klar ersichtlich) nach der Lauffläche zu rund (kugelförmig)“, „die Goliathschiene in Fig. 22 (Tafel XXII, 1891) zeigt die runden B 1 as e n räume“. In den Fig. 23 und 24 eben daselbst sollen flachgedrückte „B 1 äsen “-Räume vorhanden sein, die ich nicht sehen kann. Fig. 24 * In einem Aufsatz »Ueber Abnutzung durch Schleifen« ging ich auf die Vorgänge beim Schleifen weiter ein. »Mittheilungen« 1886, S. 3.