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Januar 1892. .STAHL UND EISEN.“ bleibt und Hohlräume, welche zu Nachsturz Veran lassung geben könnten, sich nicht bilden können. Die an einzelnen Stellen nicht zu vermeidende Unter führung von Gebäudefundamenten kann daher zu keinerlei Bedenken Veranlassung bieten. Auch wird es unter Benutzung von Luftdruck möglich sein, durch Specialvorrichtungen dem Vortrieb der Böhren sich entgegenstellende aufsergewöhnliche Hindernisse, als Hölzer, Steine u. dergl., zu beseitigen. Es wird beabsichtigt, auf sämmtlichen Strecken der geplanten Untergrundbahn die Züge mit drei Minuten Zugfolge und einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 20km in der Stunde zu befördern. Auf den beiden Betriebs- bezw. Werkstatts- bahnhöfen werden die beiden Kraftstationen errichtet und wird in jeder Kraftstation der für die zugehörige Achsenstrecke und die anschliefsende halbe Bingstrecke erforderliche elektrische Strom erzeugt. Von den Kraftstationen aus wird der elektrische Strom durch Haupt- und Arbeits-Leitungen in die Strecken ge bracht. Die Arbeitsteilungen sind blank (starke Kupferdrähte bezw. Kupferschienen oder kräftige Stahlprofile), die Hauptleitungen dagegen isolirt (eisen- bandarmirte Bleikabel). Durch die Hauptleitungen werden die Arbeitsleitungen in angemessenen Ab ständen gespeist und wird dadurch auf eine gleich- mäfsige Stromvertheilung hingewirkt, so dafs thunlichst an jeder Stelle der Leitung Strom von gleicher Span nung zur Verfügung steht und die Poldifferenz inner halb der angenommenen Grenzen bleibt. In welchem Umfange die Schienen des Geleises zur Rückleitung des Stromes Verwendung finden sollen, soll späterer Erwägung Vorbehalten bleiben, ebenso die Anordnung der Kabel und Arbeitsteilungen in den Tunneln, für welche der Raum zwischen den Schienen vorgesehen worden ist. Von der Arbeitsteilung wird der Strom durch geeignete Contactvorrichtungen an den Locomotiven abgehoben, dem elektrischen Triebwerk der Loco motiven zugeführt, um nach verrichteter Arbeit durch die Schienen oder andere geeignete, in Contact ge brachte Leiter nach dem entgegengesetzten Pol der Dynamomaschine zurückzukehren. Für die elektrischen Locomotiven sind langsam laufende Motoren vor gesehen, so dafs jedenfalls einfache Zahngetriebe zur Uebertragung der Bewegung auf die Laufachsen ge nügen, vielleicht sogar entbehrlich sind. Die Wagen sollen nach Art der Strafsenbahn- wagen mit Langbänken versehen werden. Sie erhalten eine Länge im Kasten von 8,5 m. und zwischen den Buffern eine solche von 10 m. Die Wagenkasten ruhen auf zwei zweiachsigen Wendegestellen, um die starken Curven gut durchfahren zu können. An den einander gegenüberliegenden Stirnwänden zweier Wa gen befindet sich eine gemeinsame Plattform, welche nach beiden Seiten mit maschenartig gebauten Schran ken (Schiebevorrichtung) versehen sind, während der Fahrt geschlossen gehalten und von einem Schaffner bedient werden. Jeder Wagen hat Raum für 40 Per sonen; ein Zug. kann also 120 Personen befördern. Alte Achsen des Zuges werden mit Bremsen aus gerüstet, welche der Regel nach vom Locomotivführer, im Bedarfsfälle aber auch von jeder Stelle des Zuges aus in Thätigkeit gesetzt werden können. Die Gesammtkosten der Achsen- und Ring- strecken sind auf rund 68,0 Millionen Mark veran schlagt. Davon entfalten auf die 13 km lange Achsenstrecke Friedriclislrafso rud 12 Millionen Mark „ 19 „ „ „ leipzigerstrase » 16 „ „ „ 16 „ „ innere Ringstrecke „ 13 „ „ ■ ■ „ änfsere „ „ 21 „ „ 83 kni GS Millionen Mark oder auf 1 km Bahnlänge durchschnittlich 820000 M. Für die Betriebseinnahmen der drei erst genannten Strecken ist auf Grund besonderer Ermittlungen ein Gesammtverkehr von 57 Millionen Personen jährlich berechnet, was bei einem über all gleichen Fahrpreise von 10 Pf. eine Jahres- Brutto-Einnahme von 5 700 000 M. giebt. Nach Abzug der Betriebskosten und der Ausgaben für einen Erneuerungs- und einen Kapital-Tilgungs fonds erübrigt nach der angestellten Vorberechnung eine reine Einnahme von 5 700 000 M. — 2 898 300 M. = 2 801 300 M., welche Summe zur Verzinsung des Anlagekapitals und zur Bildung eines Reservefonds zu dienen hat. Da die grofsen Vortheile einer elektrischen Unter grundbahn für Berlin auf der Hand liegen, so wäre den Bestrebungen der Gesellschaft Erfolg zu wünschen. Für die Eisenindustrie würde der Bau der. Tunnel ein ansehnliches Object bieten. Das Gewicht des Tunnels beträgt nämlich auf 1 m Länge rund 1,5 t, so dafs das Gesammtgewicht des Tunnels sich stellt: für die Friedrichstrafsenstrecke auf 19 500 t, Leipziger strafsenstrecke auf 28 500 t und für alte 4 Strecken auf rund 125 000 t. Eine Kraftleistung des englischen Locomotivbaues. In Deutschland ist man bisher über die Concert- malerei noch nicht hinausgekommen, selbst die Bild hauerei ist aus den »Flieg. Blättern« noch nicht in die Wirklichkeit übergegangen. Die Engländer haben aber, wie es scheint, dieselbe Manier jetzt auch auf den Locomotivbau übertragen; als etwas Anderes kann man wenigstens das Kunststück, eine Güterzugs maschine in nur 10 Arbeitsstunden zu bauen, wohl nicht bezeichnen. — Dem »Engineering« vom 18. December entnehmen wir folgende Einzelheiten über diesen gewifs origi nelleren als ökonomischen Bau. Die herzustellende Maschine war eine der gewöhnlichen Lastzug-Loco- motiven und für die Great Eastern Railway bestimmt. Am 10. December früh um 9 Uhr und 8 Minuten wurde mit dem Montiren begonnen. 11 Minuten später setzte man den ersten Niet. Nach 1 Stunde und 17 Mi nuten waren die Cylinder aufmontirt, nach 4 St. 6 Min. der Kessel, nach 5 St. 27 Min. die Räder und so fort, bis 9 Stunden und 2 Minuten nach Beginn die Maschine fertiggestellt war. Früher schon halte man mit dem Anstrich begonnen, und 9 St. und 47 Min. nach Beginn der Arbeit wurde die Locomolive fix und fertig aus der Werkstätte gebracht. Während des Montirens der Locomotive war auch der Tender fertiggestellt worden, und noch am selben Tage machten beide, nachdem sie vorher zu Ruhm und Preis der Stratforder Locomotivfabrik photographirt worden waren, ihre Probefahrt. Sicherlich ist die Leistung sehr anerkennenswert!), ihren Werth ver mögen wir weniger zu ergründen, da die Leistung im wesentlichen von den mehr oder weniger guten Vorbereitungen abhängt. Weltausstellung in Chicago. Wie verlautet, ist für die Ausstellung in Chicago der Bau eines eisernen Thurmes ä la Eiffel gesichert. Die Kapitalien zu dem Unternehmen liefert Andrew Carnegie, der Plan rührt von dem Ingenieur G. S. Morison her. Der Thurm soll 150 Fufs höher als sein Pariser Vorbild werden. Im ganzen sollen 7000 t Flufseisen (der Eiffelthurm war aus Schweifs eisen) zum Bau verwendet werden. Wie Carnegie versichert, soll das gigantische Unternehmen in einem Zeitraum von 6 Monaten vollendet werden. Wenn diese Absicht verwirklicht werden soll, so gehört die