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232 Nr. 5. .STAHL UND EISEN.* März 1892. Gold, was glänzt. Die Schichtlöhne sind die höchsten der Welt, z. B. in Ohio: Bergleute (miners) 2,10 $, gewöhnliche Arbeiter (laborers) unter Tag 1,77 $, Knaben unter 16 Jahren 0,90 8, aber Ausstände, Absatzmangel u. s. w. vermindern die Schichtenzahl erheblich. In Ohio verfuhren 1889 die Miners durchschnittlich nur 177, die Laborers nur 199 Schichten. Im Mager kohlenbergbau — Anthracite— des Staates Pennsyl vania wurde hauptsächlich wegen Absatzmangel im Jahr 1889 nur an 189 Tagen gearbeitet. ■ Wovon die Leute in der Zwischenzeit leben, wissen wir nicht. Die Arbeiterverhältnisse im Connelsville-Bezirk, unweit Pittsburg (Pa.), im Mittelpunkt der amerikanischen Kokserzeugung, machten bei unserm flüchtigen Besuch im October 1890 keinen günstigen Eindruck. Das äufsere An sehen der Gegend litt unter dem Rauch von 16 000 offenen Koksöfen, in deren Nähe der Pflanzenwuchs verschwand. Slavische Einwanderer — fälschlich Hungarians benannt — waren stark vertreten, ihre nationalen Eigenthümlichkeiten unverkennbar, u. A. an den zahlreichen Schaaren schmutziger, barfüfsiger Kinder, welche sich um die von der Reisegesellschaft ausgeworfenen Nickelmünzen balgten. Einige Monate später berichteten die Zeitungen über einen bösen Ausstand in der dortigen Gegend, die Gewaltthätigkeiten der Leute wurden von den Berufs- und freiwilligen Schutzmannschaften mit Revolverschüssen zurück gewiesen. Die Namen der meisten Gefallenen lauteten entschieden polnisch. Man beschuldigte die Grubenbesitzer einer übermäfsigen Begünsti gung der Einwanderung billiger Arbeitskräfte, um den steigenden Ansprüchen der bisherigen Arbeiter zu begegnen. Wochenlange Ausstände im Connelsville-Bezirk hatten thatsächlich das auf den Koksbezug von dort angewiesene Eisen gewerbe schwer geschädigt. Leider waren Angaben bezüglich durchschnitt licher Jahreslohnerträgnisse englischer Kohlenberg baubezirke nicht erhältlich. Die Schichtlöhne sind bekannt, aber die Zahl der verfahrenen Schichten fehlt. Der Reisebericht vom Geh. Bergrath Nasse und Bergrath Krümmer über „die Bergarbeiter verhältnisse in Grofsbritannien" enthält einige dankenswerthe Mittheilungen. In Northumberland- Durham ist jeder zweite Samstag ein Ruhetag. Im Edinburgh-District und in Westschottland hat die Woche nur 5 regelmäfsige Arbeitstage; ge wöhnlich ist der Donnerstag ein Ruhetag. In den meisten schottischen Bezirken finden über dies jährlich im Sommer Ferien von 7 bis 14 Tagen Dauer für fast alle Arbeiter statt. Die Sitte soll im Anschlufs an frühere grofse Märkte entstanden sein. In Südwales ist jeder erste Montag im Monat ein Ruhetag. Ueberall giebt es aber eine Reihe zufälliger Ruhetage, theils wegen Absatzmangel, theils auf willkürliche Ver anlassung der Belegschaften. Nach einem Parla mentbericht vom 10. Juli 1890 beträgt die Zahl der Arbeitstage für das Königreich im Durch schnitt 5,42 wöchentlich. Sicherlich bezieht sich das jedoch nur auf die Zahl der Tage, an welchen gearbeitet werden soll, und nicht auf die Zahl der Tage, an welchen durchschnittlich wirklich gearbeitet wird. Letztere ist jedenfalls wesentlich geringer als erstere, ganz abgesehen von längeren Ausständen. Sir Lowthian Bell Brt. behandelt in seinem 1884 bei E. & F. N. Spon, London, erschienenen Werk: „Principles of the Manufacture of Iron and Steel“ die Lohn- und Lebensverhältnisse von Arbeitern der Hauptländer eingehend, giebt u. a. zahlreiche Aufstellungen von Arbeiterhaushalten, unter denen sich auch die vom Unterzeichneten gelegentlich der Eisen-Enquete 1878 der betreffenden Commission unterbreiteten befinden. Da die Bellschen Angaben älteren Ursprungs und für heute wohl nicht mehr ganz gültig sind, so be schränken wir uns auf Wiedergabe von zwei amerikanischen Beispielen (Tab. XI), welche von Dr. Young herrühren und als „some of the lowest cases of the expenditures of working men’s families“ bezeichnet sind. Jede der beiden Familien bestand aus Mann, Frau und 3 Kindern, würde also unter Annahme von zwei gröfseren Kin- 2 dern und einem kleinen Kind 1 — — — 2 X 1/2 — o 1/3 = 3 Manneseinbeiten darstellen. Familie I wohnte in Connecticut, Familie II in So. Beth lehem, Pa. Tabelle XI. I II Wöchentliche Auslagen m m Mehl und Brot 4,00 3,54 Butter und Käse 2,62 1,84 Fleisch, Schinken und Speck. . . 2,37 2,08 Fisch und Eier . . . 2,88 1,29 Vegetabilien 2,00 2,08 Milch 1,46 1,00 Spezereien einschl. Seife .... 2,91 6,83 Kleidung 8,04 3,92 Tabak und Bier 0,17 — Schule und Kirche 0,42 4,17 Hausmiethe 8,83 10,42 Feuer und Licht 6,08 5,00 Steuern 0,29 0,17 im ganzen 42,07 42,34 Wöchentliche Einnahme 43,74 50,00 Die jährlichen Ausgaben für dieManneseinheiten betrugen rund 729 bezw. 732 eN, mehr als das Doppelte der in Tab. VII berechneten. Ein zelne Posten erscheinen besonders auffallend: die jährlichen Wohnungsmiethen schwanken zwischen 459 und 542 •/6, die Auslagen für Feuer und Licht zwischen 260 und 3 16 46, Familie II verausgabt allein für kirchliche und Schulzwecke jährlich 217 •6, Familie I für Kleidung 437 •16. Vorstehende Zahlen bieten keine sicheren Grundlagen zu einem Vergleich der Haushaltungskosten von amerikanischen und