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Eisenhüttenleute, grofse chemische Anstalten zu gründen, so meine ich, ist dies heutigen Tags nicht gerechtfertigt. Man ist nachgerade daran gewöhnt, auch die grofsen industriellen Anlagen für Massenproduction mit der gröfsten Sorgfalt und unter Berücksichtigung aller Lehren der Physik und Chemie zu errichten und zu betreiben. Mir ist es aber so vorgekommen, als wenn ein anderer Grund zur Besorgnifs vorhanden wäre, und dieser hat mich veranlafst, von dem Herrn Vortragenden in dieser Beziehung noch nähere Auskunft zu erbitten. Es geben anscheinend nicht alle Kohlen bei Gewinnung von Nebenerzeugnissen gleich gute Koks, wie ohne Gewinnung der Nebenproducte. Wahrscheinlich spielt hier für jede Kohlenart eine bestimmte Temperatur eine Rolle; denn bei der geringsten zulässigen Temperatur, wie bei Leuchtgasanstalten, bekommt man unter günstigem Aus bringen von Nebenproducten die schlechtesten Koks, bei der für Verkokung schlecht backender Kohlen zulässigen höchsten Temperatur dagegen die besten Koks und eine schlechte Ausbeute an Nebenproducten. Folglich wird wahrscheinlich für jede Kohlenart irgendwo eine Grenze liegen für diejenige Temperatur, bei welcher man bezüglich der Koksqualität und der Ausbeute an Neben producten die besten Geschäfte macht, so vielleicht werden gewisse Kohlensorten, welche etwa in der Klasse der gasreichen Sinterkohlen liegen, trotz ihres Gasreichthums doch nicht für die Gewin nung von Nebenproducten geeignet sein, weil die Temperatur, die man anwenden müfste, um brauch bare Koks zu erzielen, eine zu hohe ist. Vielleicht ist der Herr Referent in der Lage, darüber Auskunft zu geben. Dann möchte ich noch einen zweiten Punkt erwähnen, der die Gewinnung von Benzol be trifft. Das Verfahren wird zwar auf den Hüttenwerken als ein Geheimnifs betrachtet, das durch einen Bretterzaun sorgfältig geschützt wird, aber man braucht nur in einem guten Lehrbuch der organischen Chemie nachzulesen, um die Fabricationsmethoden genügend kennen zu lernen. Es ist nicht meine Absicht, hier den Schleier zu lüften, aber mir scheint, dafs die Benzolgewinnung einen Fingerzeig giebt zu einer andern rationelleren Methode der Condensation. Früher gewann man durch Condensation nur Wasser, Ammoniak und Theer ; jetzt ist Benzol hinzugetreten und damit ist ein Schritt zur fractionirten Condensation gethan. Den Theer benutzt man allerdings zum Theil, um mit seiner Hülfe basische Ziegel zu machen, zum Theil zur Pechgewinnung, aber zum giöfsten Theil zur fractionirten Destillation für Farbstoffzwecke. Man destillirt den Theer also wieder und gewinnt alsdann erst die Producte, die man vorher alle zusammen condensirt hat. Sollte nun nicht der Weg, den die Benzolgewinnung weist, dahin führen, dafs es besser sei, nicht erst die Bestandtheile des Theers gemeinschaftlich zu condensiren und sie dann wieder einzeln zu gewinnen, sondern andeuten, dafs es richtiger sei, von vornherein die Theerbestandtheile einzeln zu verdichten? Vielleicht könnte dieser Gedanke fruchtbar zu verwerthen sein, und ich möchte den Herrn Referenten bitten, sich auch über diesen Punkt zu äufsern. Hr. Lürmann: Ueber die letzte Frage, welche ohne Versuche nicht entschieden werden kann, will ich mich bei der vorgerückten Zeit nicht äufsern. Was die Erzeugung von Koks aus verschiedenen Kohlensorten anbetrifft, so ist das Vorurtheil, dafs man bei Gewinnung von Nebenerzeugnissen nicht zugleich auch guten Koks wie aus Kohlen direct gewinnen könnte, doch mehr oder minder beseitigt. Wenn man eine neue Kohle in Oefen mit Gewinnung der Nebenerzeugnisse verarbeiten will, so wird man erst Kinderkrankheiten durch machen müssen; man wird nicht gleich die richtige Temperatur herausbekommen u. s. w., aber das dauert nur eine gewisse Zeit, dann wird sich Alles geregelt haben. Man weifs, dafs man die Gase, die man von der Condensation zurückbekommt, nicht alle gebraucht, um die Oefen so zu heizen, dafs sie guten Koks erzeugen; man hat es also in der Hand, die Oefen kälter oder wärmer gehen zu lassen; kurz bei einiger Aufmerksamkeit gelingt es bald, die Kokserzeugung zu regeln. In Oberschlesien sind die Koks mit den hiesigen gar nicht zu vergleichen; aber relativ sind die Koks, die dort in Oefen mit Theer- und Ammoniakgewinnung erzeugt werden, nicht so schlecht oder nicht so viel schlechter, dafs der Vorwurf, der ihnen früher gemacht wurde, jetzt noch stich haltig wäre. Die Erfahrungen gehen dahin, dafs man es wohl erreichen kann, gute Koks in diesen Oefen zu erzeugen. Es wäre interessant, wenn die anwesenden Herren Hochöfner sich darüber äufsern wollten, ob man in Westfalen noch behaupten kann, dafs der Koks minderwerthig ist, den man mit Theer und Ammoniak gleichzeitig gewinnt; hier, glaube ich, ist das Vorurtheil beseitigt. Vordem hat man gesagt, es ist etwas in dein Koks nicht enthalten, was eigentlich hineingehört, deshalb wollte man anfangs diesen Koks nicht. Das ist aber heute nicht mehr der Fall. Hr. Generaldirector Meyer: Ich möchte mir die Frage erlauben, wie sich die von der Gesell schaft Phönix angelegten Oefen im Betrieb verhalten. Hr. Lürmann: Die Oefen sind seit April v. J. in Betrieb; ich habe sie gesehen und gefunden, dafs sie sich sehr gut gehalten haben. Es sind in Belgien auf der Zeche Havr seit längerer Zeit 100 solcher Oefen in Betrieb, die sich alle sehr gut gehalten haben sollen. Allerdings sind das Mittheilungen von betheiligter Seite, ich habe aber keinen Grund, dieselben anzuzweifeln. Diese IV.u 6