182 Nr. 4. .STAHL UND EISEN.* Februar 1892. man den Satz aufgestellt: Wir stehen gegenwärtig unter dem Zeichen der Eisenbahnbetriebsunfälle. Angesichts der Thatsache, dafs das verflossene Jahr 1891 durch seine aufsergewöhnlich zahlreichen und schweren Eisenbahnunfälle eine solche Kenn zeichnung der Zeit gewissermafsen herausfordert, liegt es nahe, eine Prüfung auch nach der Seite hin eintreten zu lassen, ob und inwieweit der Eisenbahnoberbau bei diesen bedauerlichen Er eignissen eine Rolle spielt. Für einen Zusammen- stofs auf offener Strecke, für das Ausbrechen von Feuer in einem Zuge den Oberbau mit verantwortlich zu machen, kann selbstredend keinem Menschen einfallen. Aber es giebt auch Fälle, in denen doch der Einflufs des Ober bauzustandes auf das Eintreten irgend einer Katastrophe nicht mit Bestimmtheit verneint werden kann. Die officielle Unfallstatistik führt eine ganze Anzahl von Eisenbahnunfällen auf Mängel des Oberbaues zurück. Nach den Er fahrungen im Eisenbahnbetrieb schliefst ja zwar ein Schienenbruch überaus selten den Anlafs zu einem Unfall in sich, aber viele Radreifenbrüche und deren Folgen stehen wenigstens zum Theil auf dem Conto des Geleises. Das ewige Gerüttel und Geschüttel, welches man bei so ziemlich jeder Eisenbahnfahrt als eine höchst lästige Bei gabe mit in den Kauf nehmen mufs, aber gewohn- heitsmäfsig ohne Murren erträgt, redet eine für den Eingeweihten sehr deutliche Sprache. Es ist sowohl bei eisernem Oberbau als auch bei solchem mit Holzquerschwellen, wie ich immer wieder betonen mufs, der unselige S chienen stofs, der sich als der schwächste und kritischste Punkt im Eisenbahngeleise erweist. Seine endgültige Beseitigung erscheint daher als eine unabweis bare Forderung. Diese Forderung stellt eine vor wiegend constructive Aufgabe, indessen spricht dabei auch die Materialfrage insofern mit, als sich durch Benutzung gröfserer Massen von Eisen und Stahl in den Schienen und den übrigen Geleisetheilen immerhin eine Milderung der schädlichen Wirkungen des Schienenstofses er zielen läfst. Es soll nun keineswegs behauptet werden, dafs der zur Zeit herrschende, nicht stofsfreie Eisenbahnoberbau für die jetzigen Verhältnisse an und für sich betriebsunsicher sei; aber so viel mufs doch unbestritten bleiben, dafs das Ver halten des rollenden Materials zu der Beschaffen heit des Oberbaues in engster Beziehung steht. Mit diesen Ansichten stelle ich übrigens keines wegs neue Behauptungen auf, denn so lange es Eisenbahnen gegeben hat, wurden die Wechsel wirkung zwischen Rad und Schiene und ihr gegen seitiger, stets ungünstiger Einflufs aufeinander er kannt und abzuschwächen gesucht. Schon in den ersten Jahrzehnten der Dampfeisenbahnzeit hatte man die dem Typus unserer noch heute gebräuch lichsten Geleiseconstruction rücksichtlich des