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180 Nr. 4. »STAHL UND EISEN.' Februar 1892. versehen, hat dann aber mit der Einführung derselben so rasche Fortschritte gemacht, dafs Ende des Betriebsjahres 1890/91 über 2/3 ihrer Geleise in eisernem Oberbau ausgeführt waren. Mit ungefähr der gleichen Schnelligkeit hat sich der Umbau der Holzquerschwellengeleise in solche mit Eisenschwellen bei der aus der früheren Rheinischen Bahn gebildeten Eisenbahndirection Köln (linksrh.) vollzogen. Diese Verwaltung besafs Ende des Jahres 1890/91 bereits 2610 km Geleise mit eisernem Oberbau und hat hiermit, der absoluten Menge nach, alle übrigen deutschen Ver waltungen weit überflügelt; denn Elberfeld besitzt nur 1688 km eiserner Geleise. Es folgen dann der Reihe nach die Verwaltungen der Reichseisenbahnen in Elsafs-Lothringen, der badischen Bahnen, die Eisenbahndirectionen Frankfurt und Köln (rechtsrh.), diese sämmtlich über ein Netz von mehr als 1000 km Eisenbahnoberbau verfügend. Obwohl das letztere auch noch der Fall ist bezüglich der Direction Berlin und der bayrischen Staatsbahnen, so kommen in der Reihenfolge der procentualen Verbreitung des eisernen Oberbaues ihnen doch noch zuvor Württemberg, Erfurt und Hannover. Den Schlufs bilden dann die Directionen Magdeburg, Bromberg, Breslau, Altona und zuletzt Sachsen. Mit grofser Deutlichkeit geht aus der Uebersicht hervor, dafs die östlichen und nordöstlichen deutschen Verwaltungen aufserordentlich viel langsamer die Einführung des eisernen Oberbaues betrieben haben, als die Bahnen des eisen reicheren Westens und Südwestens. M. H.! Um an der Hand der hier mitgetheilten Zahlen die Aussichten für die nächste Zukunft erörtern zu können, welche sich für uns deutsche Eisenhüttenleute als Lieferanten des für die Eisenbahngeleise erforderlichen Eisen- und Stahlmaterials im allgemeinen ergeben, müfste noch mancher Einzelheit Berücksichtigung zu theil werden, welche aufserhalb des Rahmens meines heutigen Vortrages liegt. Es käme da beispielsweise die Materialqualität in Betracht; doch möchte ich mich darüber heute nicht eingehender verbreiten. Indessen es giebt noch andere Seiten der Sache, welche Stoff zur Erörterung bieten: so die Frage des natürlichen und durch den Betrieb hervorgerufenen Verschleifses der Eisen- und Stahltheile in den Geleisen, namentlich der Schienen ; die Hinzuziehung der Weichen, der Zungenvorrichtungen sowie der Herz- und Kreuzungsstücke, welche aus vorstehenden Tabellen ausgeschlossen bleiben mufstep; das gerade jetzt mit Macht hervortretende Streben nach der Einführung schwererer Fahrschienen u. a. m. Das sind Punkte, deren Würdigung eine kritische Behandlung der einzelnen Oberbausysteme bedingen würde, und einer solchen Kritik möchte ich mich enthalten, zumal ich damit der beabsichtigten Fortsetzung meiner dem Eisenbahngeleise gewidmeten Arbeit ohne Noth vorgreifen würde. Immerhin ist eine gewisse rohe Wahrscheinlichkeitsrechnung zulässig, um den Stand des uns hier interessirenden Theiles der Oberbaufrage für das Ende unseres zur Neige gehenden Jahrhunderts mit einiger Glaubhaftigkeit vorauszusagen, in der Weise, dafs man annimmt, die geschilderte Ent wicklung werde sich auch während der noch vor uns liegenden 8 Jahre dieses Jahrhunderts im grofsen und ganzen in ähnlicher Weise, wenn auch langsamer, vollziehen. Führt man eine solche, wie gesagt, rohe Wahrscheinlichkeitsrechnung aus, so ergiebt sich, dafs die Geleise der öffentlichen normalspurigen Bahnen Deutschlands beim Antritt des zwanzigsten Jahrhunderts auf eine Länge von rund 87 000 km angewachsen sein werden, und dafs sich in diesen Geleisen eine Eisenmenge befinden wird, deren Gewicht, stets abgesehen von Weichen und Kreuzungen, sich auf mindestens 8 330 000 t belaufen dürfte. Hiervon werden auf Schienen entfallen 5 770 000, auf Kleineisenzeug 875 000 und auf eiserne Schwellen 1 685 000 t. M. H. 1 Die an die deutsche Eisenbahnstatistik geknüpften Betrachtungen würden ohne Zweifel eine werthvolle Ergänzung finden, wenn es gelänge, auch bezüglich der übrigen wichtigeren euro päischen Länder, sowie rücksichtlich Nordamerikas in gleicher Weise den Stand der Eisen- und Stahlfrage zu erörtern. Leider war es mir bei der Kürze der für die Ausarbeitung meines Vor trages zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich, das für eine derartige Ergänzung nothwendige statistische Material zu beschaffen. Wir sind allenfalls in der Lage, bezüglich Englands und Nord amerikas Schätzungen vorzunehmen, welche nicht allzuweit von der Wirklichkeit abweichen werden. Was England betrifft, so müssen wir uns zunächst vergegenwärtigen, dafs dort das Stuhl schienensystem in fast ausschliefslichem Gebrauche ist. Beispielsweise weist nun der Stuhlschienen oberbau der Midland-Bahn ein Eisengewicht von 147 t pr. km auf. In dem preufsischen sogenannten Normaloberbau mit Eisenquerschwellen und den neuesten, erst versuchsweise verlegten 41 kg pr. m schweren Schienen sind insgesammt 159 t Eisen enthalten. Der z. Zt. gebräuchliche preufsische Normalquerschwellen-Oberbau mit Eisenschwellen und 33,4 kg pr. m schweren Schienen vom Jahre 1886 enthält 144,5 t Eisen, und der preufsische Holzquerschwellen-Oberbau, ebenfalls aus dem Jahre 1886, enthält nur 80,5 t Eisen pr. km. Das Mehrgewicht an Eisen in dem englischen Oberbau erklärt sich aus den erheblich schwereren Schienen, daneben aber auch aus der Anwendung der massigen gufseisernen Stühle. Im übrigen verweise ich auf die nebenstehende Tabelle D. Da nun nach einer im Archiv für Eisenbahnwesen enthaltenen Uebersicht der Entwicklung des Eisen-